Der südenglische Netzbetreiber UK Power Networks hat den bisher größten Batteriespeicher Europas in Betrieb genommen. Nach etwa einem Jahr Bauzeit ist der Großspeicher neben einem Umspannwerk in Leighton Buzzard, Bedfordshire, ans Netz gegangen. Er hat eine Kapazität von zehn Megawattstunden und kann diese mit einer Leistung von bis zu sechs Megawatt ins Netz drücken. Insgesamt hat der Speicher 18,7 Millionen Pfund gekostet. Er nimmt jetzt überschüssigen Strom aus den verschiedenen Netzgebieten von UK Power Networks auf und gibt ihn bei Bedarf wieder ins Netz zurück. Auf diese Weise spart der Netzbetreiber einen großen Teil der sonst notwendigen Netzausbaumaßnahmen, um einen steigenden Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien aufnehmen zu können. Allein diese Einsparungen beziffert UK Power Networks auf sechs Millionen Pfund. Dazu kommen noch die Einsparungen an konventioneller Erzeugungskapazität, die sonst notwendig wäre, um das Netz auch stabil zu halten. Die kann jetzt der Speicher übernehmen – schneller und vor allem billiger als ein Gas- oder Kohlekraftwerk.
Unabhängig von der Erzeugungsanlage
Der Speicher in Leighton Buzzard ist zudem der erste seiner Art in Großbritannien, der nicht direkt an eine Erzeugungsanlage angeschlossen ist, sondern vor allem zur Verstärkung und Stabilisierung des Stromnetzes eingesetzt wird. Er ist ausgerüstet mit Lithium-Ionen-Zellen des koreanischen Herstellers Samsung SDI. Die gesamte technologische Umsetzung hat der Berliner Speicherspezialist Younicos übernommen. Das Unternehmen hat die Regeltechnologie für das Batteriemanagement entwickelt und geliefert. „Wir sind stolz darauf, mit unseren intelligenten Regelalgorithmen und unseren Erfahrungen mit der Frequenzregulierung und dem Batteriemanagement zu diesem Projekt beizutragen“, erklärt Clemens Triebel, Gründer und Vorstandssprecher von Younicos. Den eigentlichen Bau des Speichers haben die Fachleute von S amp;C Electric Europe aus dem walisischen Swansea übernommen.
Speicher liefert Regelleistung
Die Spannungshaltung durch die Lieferung von Regelleistung wird die zentrale Aufgabe des Speichers sein. Das Ungleichgewicht zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch auszugleichen, ist wiederum vor allem in den Wintermonaten wichtig, wenn die Haushalte im Netzgebiet von UK Power Networks ihre Stromheizungen anwerfen. #8232;„Energiespeicherung kann wesentlich zur Netzstabilität beitragen, da sie das Problem der kurzfristigen Fluktuation der Erneuerbaren löst, indem sie überschüssige Energie aufnimmt und bei Bedarf wieder in das Stromnetz einspeist“, betont Andrew Jones, Managing Director bei S amp;C Electric Europe. „Das sichert gleichzeitig das kontinuierliche Gleichgewicht zwischen Last und Erzeugung und schützt zudem das Netz vor Stromausfällen und anderen Stressereignissen“, erklärt er. „Würde man Umspannwerke künftig wie in Leighton Buzzard mit Energiespeichersystemen ausstatten, könnte dadurch der Bedarf an traditionellem, mit hohen Kosten verbundenen, Netzverstärkungsmaßnahmen wie Transformatoren oder Kabel reduziert werden.“ Forscher des Imperial College in London haben berechnet, dass Großbritannien bis 2020 immerhin etwa drei Milliarden Pfund an Netzausbaukosten einsparen wird, wenn Speicher mit einer Gesamtleistung von zwei Gigawatt ins Netz integriert würden. Dieser Wert steigt noch weiter je höher der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix ist. „Dieses wegweisende Projekt zeigt deutlich die zahlreichen Umsatz- und Kosteneinsparmöglichkeiten, die Speicher heute bieten“, ergänzt Clemens Triebel. „So wird unter anderem gewährleistet, dass das Batteriesystem automatisch auf Preissignale reagiert. Gemeinsam mit UK Power Networks, S amp;C und anderen Partnern zeigen wir Netzbetreibern, Versorgern und anderen Stakeholdern in Großbritannien und weltweit, wie sich die Netzinfrastruktur wirksam und kosteneffizient stabilisieren und verbessern lässt, und ermöglichen zugleich die Nutzung sauberer Energien aus Wind und Sonne.“
Speicherkapazitäten vermarkten
Der Netzbetreiber wird jetzt den Speicher im normalen Netzbetrieb ordentlich stressen. „Wir werden verschiedenste Systemdienstleistungen testen, die Speicher für das Netz und das allgemeine Elektrizitätssystem zur Verfügung stellen können“, sagt Ben Wilson, Director of Strategy and Regulation und Finanzchef von UK Power Networks. „Das Projekt gibt uns die Möglichkeit, die Wirtschaftlichkeit von Stromspeicherung zu untersuchen und zu verbessern. Außerdem werden wir feststellen, welche potenziellen Vorteile die Energiespeicherung in puncto Nachhaltigkeit und Flexibilität für das Elektrizitätssystem bietet. Mit einer eigens entwickelten Plattform können wir die zahlreichen Systemdienstleistungen, die der Speicher bietet, optimieren und verwalten.“
UK Power Networks wird außerdem zeigen, wie sich die Speicherkapazitäten gut vermarkten lassen. Schließlich ist auch in Großbritannien das System der zentralen Stromversorgung am aussterben. In Zukunft wird sich auch im Vereinigten Königreich ein Energiemarkt entwickeln müssen, in dem nicht nur die Erzeugung von Strom Geld wert ist, sondern auch die Bereitstellung von Systemdienstleistungen. (Sven Ullrich)