Sie waren bereits vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgreich und haben ein neues Klimaschutzgesetz erstritten – jetzt ziehen die neun Jugendliche und junge Erwachsene vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), um die Bundesregierung zur Einhaltung der Pariser Klimaziele zu zwingen.
Denn das im vergangenen Jahr eilig verabschiedete Klimaschutzgesetz ist aus Sicht der Beschwerdeführenden unzureichend. Es genüge nach wie vor nicht, um das für Deutschland zur Verfügung stehende CO2-Restbudget und damit das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten, heißt es in einer Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe, die die jungen Leute unterstützt.
Bundesverfassungsgericht nahm zweite Beschwerde nicht an
Eine weitere Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz wurde im Sommer allerdings vom Bundesverfassungsgericht nicht angenommen, deshalb reicht die Gruppe jetzt eine Beschwerde vor dem EGMR ein. Die neun Jugendlichen und jungen Erwachsenen berufen sich in ihrer juristischen Begründung auf Artikel 2 und 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention: das Recht auf Leben und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
1,5 Grad Erwärmung schon im kommenden Jahr erreicht
Die Beschwerdeführenden sehen beides bedroht: Das der Bundesrepublik zustehende Treibhausgasbudget zur Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad werde mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits 2023 überschritten. Selbst das nationale Restbudget für eine Begrenzung auf 1,7 Grad würde bei Einhaltung aller im aktuellen Klimaschutzgesetz enthaltenen Ziele im Jahr 2030 fast erschöpft sein, heißt es in der Pressemitteilung. Dies hätte zur Folge, dass kurz nach dem Jahr 2030 keine Treibhausgase mehr emittiert werden dürfen – das Gesetz sieht jedoch erst ab dem Jahr 2045 Treibhausgasneutralität vor.
„Regierung kommt ihrer Verpflichtung nicht nach“
„Das Bundesverfassungsgericht hat letztes Jahr unser Grundrecht auf Zukunft und Klimaschutz bestätigt“, sagt Linus Steinmetz, Beschwerdeführer aus Niedersachsen. „Trotz der Urteile, trotz einer klaren Mehrheit in der Bevölkerung, obwohl wir zu hunderttausenden auf die Straße gehen: Die Bundesregierung kommt ihrer Verpflichtung aus Grundgesetz und Paris-Abkommen auch mit dem aktualisierten Klimaschutzgesetz nicht nach.“
Beim EGMR liegen weitere Beschwerden vor
Die Beschwerde vor dem EGMR ist das erste aus Deutschland heraus betriebene Verfahren dieser Art – allerdings nicht die einzige. So klagen bereits die „Klimaseniorinnen“ aus der Schweiz und portugiesische Jugendliche. Beide Verfahren werden wegen der Wichtigkeit des Themas als „Priorität“ behandelt, so die DUH, daher gehe man davon aus, dass dies für den neuen Prozess auch festgestellt wird. (kw)
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