Ampel-Aus, neue Förderpläne und ein nahender Ausbauboom rüttelten die Regenerativbranche jüngst so durcheinander, dass Regenerativpark-Planende regelrecht nervös wurden. Was aber die Wirtschaft verunsichert, das lässt auch die Finanzierer nicht kalt. Grund genug, dass wir uns einmal bei Geldhäusern umhörten, wie sie die Finanzierung von Regenerativprojekten derzeit bewerten.
Lars Quandel von der Dauerkraft Finance GmbH sagt, Wind- und Photovoltaikprojekte könnten derzeit grundsätzlich gut finanziert werden. „Nachdem das Hoch im Zinsniveau sehr wahrscheinlich erreicht ist, sind heute wieder attraktivere Zinssätze für Projekte erzielbar.“ Auch KfW-Mittel seien ab 2025 wieder zu attraktiven Konditionen zu bekommen. „Für Batteriespeicherprojekte kann und muss sich der Finanzierungsmarkt noch weiterentwickeln.“ Die meist vorherrschende variable Erlössituation für diese Projekte stelle viele Finanzierer noch vor Herausforderungen.
Es habe in einem steigenden Zinsumfeld eine kurze Zeit gegeben, in der die Fremdkapitalzinsen auf Höhe der Projektrenditen lagen und der sogenannte Leverage-Effekt nicht zum Tragen gekommen sei, so Quandel. Dieser besagt, dass für den Investor die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital steigt, wenn die Finanzierungskonditionen unterhalb der Projektrendite liegen.
5,5 Cent pro Kilowattstunde sind bei PPA-Abschlüssen für neue Solarparks bei der Umweltbank möglich.
Steigende Renditen
„Seit einiger Zeit sind aber die Renditen, die wir bei Verkaufstransaktionen von Projekten am Markt sehen, gestiegen und liegen wieder über den Finanzierungskonditionen“, erklärt der Dauerkraft-Finance-Geschäftsführer.
Banken agierten gleichwohl zurückhaltend bei Anfragen, die stark der Finanzierung von Projektentwicklungskosten zuzuordnen sind, also der Frühphase eines Projektes. „Diese Entwicklungskosten werden dem Eigenkapitalsegment zugerechnet und nur mit Fremdkapital finanziert, wenn es weitere unterstützende Mechanismen gibt“, verrät Quandel.
Wie geht sein Unternehmen mit dem Thema negative Strompreise um? „Wir sehen in etlichen europäischen Märkten einen starken Anstieg der Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen.“ In vielen Ländern werde der Peak zwischen 2026 und 2028 erwartet, bevor ein zunehmender Netzausbau, weitere Speicherkapazitäten und ansteigende Stromnachfrage diesen Effekt wieder vermindern. „Finanzierer sehen die Entwicklung teilweise noch etwas kritischer und reduzieren das Finanzierungsvolumen aufgrund des geringeren Cashflows in den ersten Jahren dann sogar überproportional. Hier muss man die richtigen Bankpartner kennen“, erklärt Quandel. Für Photovoltaikprojekte sei dies mittlerweile sogar ein finanzierungshemmendes Thema. Hier gelte es, mit den Banken eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden.
Aktuell sehen wir aufgrund des eher niedrigen Strompreisniveaus eine geringere Nachfrage nach PPAs.
PPAs bleiben weiter wichtig
Auch Stromlieferverträge bleiben ein wichtiges Finanzierungsinstrument für die Branche. „PPAs (Power Purchase Agreements) sind weiterhin verfügbar, wenn auch nicht auf dem Preisniveau, das Entwickler und Investoren sich wünschen“, sagt der Dauerkraft-Finance-Geschäftsführer mit Blick auf einen gesunkenen Börsenstrompreis. Gleichzeitig habe sich die Anzahl der möglichen Stromabnehmer erhöht und werde sich laufend weiter verbessern. „Allerdings sind aufgrund der gesunkenen Strompreise und der Aussicht auf weiter niedrige Strompreise die Laufzeiten der PPAs gesunken, was sich wiederum in den Finanzierungsoptionen niederschlägt.“ Auch hielten in den PPA-Strukturen Klauseln zu negativen Strompreisen Einzug. Die Verhandlung und der Abschluss von PPAs würden daher komplex bleiben, einen „Marktstandard“ werde es damit kurzfristig weiterhin nicht geben.
„Als Umweltbank haben wir bei der Finanzierung von PPA-Projekten eine Vorreiterrolle eingenommen“, sagt Jonathan Wagner, Teamleiter Finanzierung Erneuerbare Energien bei der Umweltbank. „Aktuell sehen wir aufgrund des eher niedrigen Strompreisniveaus eine geringere Nachfrage nach PPAs. Dennoch werden auch im aktuellen Umfeld PPAs für große PV-Projekte ohne EEG-Vergütung zu circa 5 bis 5,5 Cent pro Kilowattstunde und mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossen.“ Der von der Umweltbank finanzierte Solarpark Schornhof mit einer Anlagenleistung von 120 Megawatt (MW) und eigenem Umspannwerk ist eine der größten Photovoltaikanlagen in Süddeutschland. Die Fläche entspricht 220 Fußballfeldern, auf der rund 343.000 Module installiert wurden. Das Investitionsvolumen betrug rund 60 Millionen Euro. Baubeginn war 2020, die vollständige Inbetriebnahme erfolgte 2021. 30 MW werden über EEG-Förderberechtigungen vergütet. 90 MW produzieren echten Grünstrom ohne EEG-Förderung, der über langfristige PPAs mit dem norwegischen Energieversorger Statkraft vermarktet wird.
Genehmigungen für Speicher, Wind und Solar im zweistelligen Gigawattbereich liegen inzwischen vor. Das macht sich bei den Finanzierern bemerkbar. „Wir merken das Rekordjahr mittlerweile in der steigenden Anzahl an Finanzierungsanfragen, die uns erreichen. Das freut uns natürlich sehr“, sagt Jonathan Wagner. Gleichzeitig frage man sich bei der Umweltbank, ob die Banken diese steigende Anzahl überhaupt bedienen können. „Erste Kund:innen berichten uns, dass sie Schwierigkeiten haben, ihre Projekte bei Banken zu platzieren. Und auch bei uns ist es im Grunde so: Wir haben allein für das erste Quartal 2025 ungefähr das Fünffache dessen, was wir bearbeiten können, als Anfragen auf dem Tisch.“ Das sei durchaus mehr als sonst. Ein weiteres Indiz für die Schwierigkeiten der Kund:innen, ihre Projekte bei Banken unterzubekommen, sei die zunehmend kürzere Vorlaufzeit des Finanzierungsbedarfs.
Ivica Perić, Senior Acquisition Manager Renewables bei Exporo, sagt, die Finanzierung von Regenerativprojekten erfordere immense Investitionen, insbesondere im Immobiliensektor und bei der Dekarbonisierung von Netzen. „Der EU Green Deal und die EU-Taxonomie geben die Richtung vor. Da der Bundeshaushalt diesen Bedarf allein nicht decken kann, müssen Blended-Finance-Ansätze und andere Instrumente eingesetzt werden, um privates Kapital zu mobilisieren“, erklärt er. Private-Equity-Firmen und Impact-Investoren zeigten wachsendes Interesse, doch der Wegfall des EEGs könnte die Finanzierung in der Photovoltaik- und Windbranche erschweren. „Eine Anpassung des Strommarktes hin zu Kapazitätsmärkten sowie gezielte Steueranreize und innovative Finanzierungsmodelle könnten langfristige Stabilität schaffen und die Transformation vorantreiben“, so Perić. Das Finanzieren sei unter den aktuellen EEG-Bedingungen durchaus noch attraktiv, insbesondere durch gesicherte Cashflows. „Noch interessanter ist jedoch der Abschluss langfristiger PPAs. Besonders Agri-PV-Projekte stechen hervor, da sie nicht nur eine höhere Vergütung von bis zu 9,5 Cent pro Kilowattstunde ohne Ausschreibung bieten, sondern auch durch die doppelte Nutzung landwirtschaftlicher Flächen zahlreiche Vorteile mit sich bringen, wie zusätzliche Einnahmen für Landwirte.“
Im Bereich der Photovoltaik-Projektfinanzierung konzentriert Exporo sich auf Projekte mit Laufzeiten von ein bis zwei Jahren, die sich in fortgeschrittenen Entwicklungsphasen oder der Bauphase befinden. Bei Frühphasenprojekten mit hohen Realisierungsrisiken und schwer kalkulierbaren Zeitplänen sei sein Unternehmen zurückhaltend, während Portfolios mit Projekten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien möglich seien, so Perić. „Windkraftprojekte sind aufgrund hoher Kosten und langer Entwicklungszeiten weniger geeignet, während das Repowering einzelner Anlagen oder Batteriespeicherprojekte unter bestimmten Voraussetzungen von uns geprüft wird. Bei Batteriespeichersystemen, die keine EEG-Förderung erhalten, legen wir besonderen Wert auf den Track-Record, die Bonität und die Sicherheitenstellung der Projektentwickler.“
9,5 Cent pro Kilowattstunde sind bei Agri-PV-Projekten ohne Ausschreibung möglich, sagt Ivica Perić, Senior Acquisition Manager Renewables bei Exporo.
Flexibilität statt negativer Strompreise
Negative Strompreise berücksichtige Exporo derzeit in der Risikobewertung von Finanzierungsanfragen. „Mittelfristig erwarten wir jedoch, dass sie durch den Ausbau von Großbatteriespeichern und die dadurch gesteigerte Netzflexibilität in den nächsten drei bis fünf Jahren weitgehend entfallen. Vor diesem Hintergrund planen wir, künftig verstärkt Batteriespeicherprojekte zu finanzieren“, betont Perić. Allerdings bleibe abzuwarten, wie sich der Rechtsstreit um Baukostenzuschüsse für Batteriespeicher entwickle, da eine Entscheidung zugunsten der Bundesnetzagentur die Projektkosten und damit den Finanzierungsbedarf erheblich erhöhen könne.
Ein neues Förderregime begrüßt der Finanz-
experte: „Wir bewerten den kommenden CfD-Mechanismus insgesamt positiv, da er Investoren mehr Sicherheit bietet und den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen kann.“ Durch garantierte Mindestpreise bilde der Differenzkontrakt (CfD) eine verlässliche Grundlage für die Finanzierung, was zu günstigeren Konditionen führe und so die Gesamtkosten für den Ausbau senke. Besonders für Banken und Finanzierungspartner bedeute dies eine größere Planungssicherheit durch gesicherten Cashflow. „Allerdings ist es entscheidend, die Preiskorridore und Auktionen sorgfältig zu gestalten, um ineffiziente Allokationen oder Marktverzerrungen zu vermeiden. Um die Integration erneuerbarer Energien ins Netz zu fördern, sollten zudem Maßnahmen zur Flexibilität und Innovation berücksichtigt werden“, schließt Ivica Perić.
Michael Horling, Gründer und Geschäftsführer der Grüne-Sachwerte-Gruppe aus Bremen, stellt dazu deutlich zurückhaltender fest: „Fördermodelle, die planbare Ertragsszenarien ermöglichen, befürworten wir.“ Gerade im Segment der Bürgerenergiewende, die durch die Beteiligung Hunderttausender Menschen in Deutschland die Energiewende erst erfolgreich gemacht habe, seien Planbarkeit und verlässliche Modelle wichtiger als die maximale Renditechance. „Wir sind gespannt auf die Entwicklung.“
Mit den sinkenden Zinssätzen kommt der Finanzierung inzwischen zumindest langsam wieder ein Hebeleffekt in Sachen Rendite zugute.
Attraktivität von Finanzierung steigt
Finanzierungen für Projekte könnten wieder deutlich attraktiver werden als in den vergangenen zwei bis drei Jahren. In der Betriebsphase schlüsselfertiger Projekte seien langfristig Bankfinanzierungen attraktiv. „Und sowieso gilt: Ohne Finanzierung werden die meisten Projekte nach wie vor nicht gebaut, daher ist teilweise die Attraktivität der Finanzierung für manche Projektierer nachgelagert – eine Finanzierung ist schlichtweg unerlässlich. In manchen Teilsegmenten der Wertschöpfung, zum Beispiel in der Projektentwicklungsphase, kann es aber weiterhin einfacher sein, mit privatem Investorenkapital zu arbeiten“, sagt Horling.
Solar- und Windprojekte ohne EEG-Vergütung oder langfristiges PPA seien für die Grünen Sachwerte schwierig, da gerade für Privatinvestoren diese Risiken kaum tragbar seien. „Ein weiteres Segment, das leider schwierig geworden ist: Durch die massenhafte Produktion insbesondere in Asien sind etwa Solarmodule extrem günstig, und auch die Preise von Speicherkapazitäten sinken stark.“ Erprobte Technologien seien also sehr schnell wirtschaftlich, in Abhängigkeit der Strompreise der nächsten Jahre. Im Umkehrschluss senke diese Entwicklung leider für neue technologische Ansätze die Marktattraktivität, da beispielsweise durch sehr günstige „normale Solaranlagen“ höhere Effizienz oder neue Nischenanwendungen kaum notwendig erschienen.
Antizyklische Stromernte
Die stark zunehmende Anzahl an Stunden mit negativen Strompreisen ist laut Horling ein Risikofaktor für Investoren, den man seit mehreren Jahren im Blick habe. Unterschiedlich seien die Reaktionen der Projektierungspartner darauf: Während die einen eine Nachrüstung mit Speichern planten, bauten weitere ihre neuen Solarparks von Anfang an mit Speicherkapazitäten. „Unsere präferierte Lösung aktuell ist allerdings eine andere: Im Photovoltaiksektor treiben wir die Installation von Ost-West-ausgerichteten Anlagen in vertikaler Bauweise voran, um antizyklisch in den Morgen- und Nachmittagsstunden Solarstrom zu produzieren, ohne die Mehrkosten eines Speichers. Sinnvoll ist dies in Kombination mit Landwirtschaft zwischen den Modulen – moderne Agri-PV mit wirtschaftlichem Einspeiseprofil und ohne die Risiken der negativen Strompreise“, erklärt Horling. Bezüglich langfristiger Stromlieferverträge sagt er: Da gute, langfristige PPAs nach wie vor Mangelware seien, sei für die meisten der von Grüne Sachwerte betreuten Projekte ein EEG-Tarif von immenser Bedeutung. „Wir sind aber optimistisch, dass der Markt für PPAs die individuellen Gegebenheiten einzelner Projekte zunehmend stärker betrachten wird und sich durch diese Diversifizierung wieder bessere Möglichkeiten in der Nutzung von PPAs ergeben werden“, betont Horling.
Banken achten generell auf die Risikotragfähigkeit. Bestimmte Risikokategorien bleiben limitiert.
Bei PPA-basierten Finanzierungen komme es sehr stark auf die individuelle Ausgestaltung des Stromabnahmevertrages an. Die Bereitstellung langfristiger PPAs, die deckungsgleich zur Finanzierungslaufzeit vereinbart werden können, sei gleichwohl selten, sagt Gerrit Schmidt von der Nord LB. „Positiv ist, dass das Interesse der Abnehmer grünen Stroms stetig zunimmt und sich die Gestaltung der PPAs zunehmend standardisiert, was die Prüfung der Finanzierbarkeit entsprechend erleichtert.“ Heiko Ludwig, Global Head Structured Finance, fügt an: „Die Energiewende ist unserer Ansicht nach eins der wesentlichen wirtschaftspolitisch und gesellschaftlich relevanten Themen dieses und der kommenden Jahrzehnte, daher sehen wir uns diesem Themenfeld verpflichtet und stehen der Entwicklung mit unseren Finanzierungslösungen aufgeschlossen gegenüber.“
Zurückhaltend sei die Nord LB bei eher risikobehafteten Vorhaben, etwa bei nicht ausreichend erprobten Technologien oder wirtschaftlichen Prämissen, die zu sehr auf Annahmen beruhen, sagt sein Kollege Henning Vogler von der Nord LB Hannover. „Banken achten generell auf die Risikotragfähigkeit – das bedeutet auch, dass bestimmte Risikokategorien limitiert bleiben“, erläutert er. Dies beinhalte auch Marktpreisrisiken, zum Beispiel für Strom oder Gas.
Unterm Strich lässt sich festhalten, dass Finanzdienstleister wesentlich positiver auf die erneuerbaren Energien schauen, als die aktuellen Unsicherheiten hätten vermuten lassen. Das sollte Mut machen. Eine frühzeitige Ansprache der Kreditinstitute, wie die Umweltbank sie empfiehlt, erscheint angesichts sprunghaft steigender Nachfrage gleichwohl sinnvoll.