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Niccolo Klaus von Climatetech Talents: „Auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten sind wichtig“

Welche Strategien kann ein Unternehmen fahren, um Fachkräfte zu gewinnen?

Niccolo Klaus: Das kommt ganz darauf an, welche Fachkräfte das Unternehmen sucht. Wir unterscheiden hier zwischen Blue Collar, also Facharbeiter oder Handwerker, und White Collar Segment. Das sind Ingenieure, Projektplaner, Vertriebsmitarbeiter oder auch Führungskräfte. Wenn das Unternehmen beispielsweise Handwerker wie Elektriker oder auch Elektroplaner sucht, sind die Strategien anders als wenn es Ingenieure oder einen Vertriebsleiter sucht. Zwischen diesen beiden Gruppen unterscheiden sich die Strategien sehr stark. Dies sollte ein Unternehmen auf jeden Fall beachten, wenn es Fachkräfte gewinnen will. Hier muss man außerdem noch unterscheiden zwischen erfahrenen Fachkräften, Quereinsteigern und Azubis.

Was ist denn wichtig, wenn etwa Handwerker gesucht werden, die Solaranlagen errichten, verkabeln und in Betrieb nehmen?

Aufgrund des demographischen Wandels ist es derzeit schwierig, vor allem solche Fachkräfte zu finden, die beispielsweise auch einen Meisterbrief oder ähnliche Fachqualifikationen haben. Hier kommt man beispielsweise mit Social-Media-Strategien auf LinkedIn oder Xing nur bedingt weiter, da man diese Fachkräfte darüber kaum erreicht. Je nach Zielgruppe können in diesem Segment aber andere Social-Media-Kanäle eine Rolle spielen. Alternativ wäre aber eine passende Strategie, eine sogenannte Out-of-Home-Werbung. Das heißt, wir schauen uns an, wo in der Region die Elektrobetriebe ihren Sitz haben. Danach kann man sich die Unternehmenskultur dieser Betriebe anschauen und mit den Bedingungen und dem Alltag im eigenen Unternehmen abgleichen. Dazu gehören beispielsweise die Arbeitszeiten, das Gehalt oder andere Arbeitsbedingungen. Hier muss man die sogenannten Pain-Points suchen, also das, was die Fachkräfte nur bedingt gut finden oder zu verbessern wünschen. Danach kann man beispielsweise ein großes Plakat in der Nähe dieser Firmen aufhängen, wo diese Pain-Points angesprochen werden und das suchende Unternehmen Verbesserungen anbietet. Dies könnte eine Kampagne sein, um Fachkräfte zu bewegen, sich bei dem suchenden Unternehmen zu bewerben. Dem muss aber vor allem eine eingehende Analyse des eigenen Unternehmens vorausgehen. Denn nur so wird klar, welche Vorteile man gegenüber anderen Unternehmen anbieten kann. Das geht über die Bezahlung hinaus und reicht bis zu Besonderheiten wie Dienstwagen oder eine eigene Kinderbetreuung für die Mitarbeiter:innen. Es läuft also auf einen Marktvergleich hinaus: Was kann mein Unternehmen besser.

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Das heißt, das suchende Unternehmen müsste immer Verbesserungen anbieten. Doch dies ist endlich. Spielen auch andere Dinge noch eine Rolle?

Ja. Vor allem in Zukunftsbranchen wie der Photovoltaik oder dem Bau von Speichersysteme ist der Zukunftsaspekt ebenfalls ein Ansatz, um Fachkräfte anzusprechen. Das gilt vor allem für Quereinsteiger:innen. Dazu müsste die Werbekampagne – sei es das Plakat in der Nähe der Elektrofirma oder eine Anzeige in der örtlichen Zeitung oder über die klassischen Stellenportale – eine griffige Überschrift haben. Diese muss die Fachkräfte so ansprechen, dass sie mit einem Wechsel in das neue Unternehmen zusätzlich noch an der Mitgestaltung der Zukunft der Energieversorgung arbeiten. Dem voraus muss aber eine Zielgruppenanalyse gehen und die Relevanz des Mediums für diese Zielgruppe klar. Wenn das so passiv nicht funktioniert, muss ich aktiv etwas tun.

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Welche Rolle spielen in diesem Bereich Social-Media-Kanäle?

Natürlich kann das Unternehmen auch ganz klassisch Facebook-, Instagram- oder Google-Kampagnen schalten und gezielt und vor allem aktiv die Gruppe von Fachkräften ansprechen, statt passiv über Stellenanzeigen Bewerbungen anzuregen. Doch dazu gehört einiges an Erfahrung, und das Unternehmen braucht jemanden, der das spezialisiert machen kann. Oder man greift auf eine Performance-Recruiting-Agentur zurück, die damit Erfahrung hat. Das ist erst einmal mehr Aufwand. Doch wenn das Unternehmen den für sich passenden Weg gefunden hat, ist das vielversprechend und mit viel weniger Aufwand verbunden als die analogen Mittel. Wenn sich das einmal etabliert hat, ist es auch von den Kosten gesehen eine sehr gute Lösung, als wenn das Unternehmen eine Stellenanzeige schaltet.

Sollte sich das Unternehmen den Social-Media-Kanal suchen, der zum Stellengesuch passt, also einen Handwerksmeister suche ich dann über Facebook und einen Auszubildenden über Instagram oder vielleicht sogar Tiktok oder Youtube?

Genau das ist die Herausforderung bei der Fachkräftesuche über Social Media. Man muss ein bisschen schauen, auf welchen Plattformen die Zielgruppe in der Regel unterwegs ist. Dann ist für zu füllende Ausbildungsplätze tatsächlich Instagram wichtig. Tiktok ist aber inzwischen auch ein relevanter Kanal, weil das Unternehmen sehr einfach Werbeanzeigen ausspielen kann. Denn diese können sehr zielgenau platziert, targetiert werden. Das muss aber zielgruppengerecht ausgespielt werden. Deshalb muss dem eine genaue Analyse vorausgehen, wen das Unternehmen auf welchem Kanal erreichen kann.

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Gibt es hier auch noch einen analogen Weg?

Ja. Für eine jüngere Zielgruppe bietet sich unter anderem an, in die Schulen vor Ort zu gehen und sich dort an Berufsbildungstagen oder ähnlichen Veranstaltungen zu beteiligen. Auch ein Gespräch mit dem Schuldirektorat kann sich anbieten, um den Schüler:innen zu zeigen, was im Unternehmen alles angeboten wird und welche Möglichkeiten sie haben. Dann kann das Unternehmen auch die Zukunftsfähigkeit der Branche als Stärke mit ausspielen. Dann muss das Unternehmen natürlich vorher klären, wie es sich als Arbeitgeber definiert. Man spricht hier vom Employer Branding, also der Markenbildung als Arbeitgeber. Dabei geht es darum, was die Unternehmenskultur ausmacht, wie das Unternehmen mit den Mitarbeiter:innen umgeht und wie der Arbeitsalltag aussieht. Erst wenn das geklärt ist, sollte das Unternehmen mit seiner Suche nach außen gehen.

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Das ist bei berufserfahrenen Fachkräften sicherlich schwieriger.

Das ist tendenziell die schwierigste Zielgruppe. Denn diese ist nicht so sehr auf den Social-Media-Plattformen unterwegs und es gibt weniger von ihnen. Es ist schon wirklich schwierig, einen Elektromeister zu bekommen. Deshalb ist es umso wichtiger, ihm oder ihr ein wirklich gutes Angebot zu machen, das nicht nur die Unternehmenskultur, sondern natürlich auch die Bezahlung umfasst. Dazu sollte das Unternehmen aber die Mitbewerber und deren Kultur kennen. Ein häufig angesprochenes Thema ist hier die Kernarbeitszeit. Wenn das Unternehmen diese nicht hat, ist das schon ein Vorteil. Mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit und Homeoffice-Angebote helfen auch weiter. So könnte das Aufmaß über Drohnen gemacht werden und der Handwerker muss dafür nicht mehr aufs Dach steigen. Solche technischen Setups kann das Unternehmen bei der Mitarbeitersuche sehr gut kommunizieren und ausspielen.

Ist das bei White Collar Segment auch so kompliziert?

Dieses Fachkräftesegment ist tendenziell einfacher, weil es besser zu erreichen ist, vor allem über berufliche Plattformen. Hier ist aber vor allem eine aktive Ansprache in der Regel erfolgreicher. Über Stellenanzeigen zu hoffen, dass sich die Fachkräfte bewerben, klappt meist nicht mehr so gut. Es ist deshalb wichtig, diese beruflichen Plattformen wie Linkedin zu nutzen und die Kontakte zu pflegen. Manche Fachkräfte legen auch spezielle Profile an, weil sie auf der Suche sind. Aber hier liegen die Hürden für einen Wechsel in manchen Bereichen sehr hoch. Deshalb ist die aktive Suche und das Ansprechen von Fachkräften dort natürlich sehr wichtig. Aber auch die Suche über soziale Medien kann in diesem Bereich sehr wichtig sein. Für beides ist aber einige Erfahrung notwendig, um eine Stellenanzeige dort wirklich gut zu platzieren. Da kann ein externer Partner gut weiterhelfen. Wir haben gute Erfahrungen gemacht, wenn wir Schnittstellen zwischen der Personalabteilung und der Marketingabteilung geschaffen haben. Denn häufig ist in den Marketingabteilungen das Wissen zum Performance-Marketing vorhanden. Dort weiß man, wie Personen online zu erreichen sind.

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Wie wechselbereit sind die Fachkräfte im White Collar Bereich?

Das ist sehr unterschiedlich und kommt unter anderem stark auf die Branche an. Die Fachkräfte im Software- und IT-Bereich sind tendenziell wechselwilliger. Denn die Arbeit ähnelt sich im Groben in den verschiedenen Unternehmen. Denn da ist die Einarbeitung einfacher. Das kommt dann auf das Angebot an. Das ist bei Ingenieuren oder Führungskräften in der Regel nicht der Fall. Da liegt die Hürde zum Wechsel etwas höher. Denn da sind die Fachkräfte, was die Wechselmotivation angeht, mehr inhaltlich getrieben. Das gilt auch für Vertriebsmitarbeiter. Diese haben in der Regel kein Interesse, ständig nur Kaltakquise zu machen. Wenn das Unternehmen schon einen großen und stabilen Kundenstamm hat, ist das ein Argument, das für dieses spricht. Da muss man auch den Markt etwas beobachten.

Da reicht ein gutes Gehalt nicht aus?

Man kommt nicht darum herum, ein gutes Gehalt zu zahlen. Im Optimalfall sollte das Unternehmen mindestens jedes Jahr ein Benchmarking machen, was das Gehalt angeht, und wirklich schauen, ob die Bezahlung noch marktgerecht ist. Doch auch persönliche Entwicklungsmöglichkeiten sind wichtig – nicht nur, um neue Fachkräfte zu bekommen, sondern auch, um die bestehenden Mitarbeiter:innen zu halten. Zudem sollte man die allgemeinen Strukturen im Unternehmen immer wieder hinterfragen: Wie funktioniert die Führung in meinem Unternehmen, was brauchen meine Mitarbeiter:innen, was biete ich schon und was muss ich tun, um neue Mitarbeiter zu gewinnen.

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Ist es für solche Fachkräfte wichtig, in welcher Branche sie arbeiten?

Auch die Branche, in der ein Ingenieur, ein Vertriebsmitarbeiter oder ein Softwareentwickler arbeitet, ist von Bedeutung, vor allem wenn es um Quereinsteiger geht. Das ist aus unserer Erfahrung vielen Kandidaten sehr wichtig beim Wechsel. Deshalb sollte ein Unternehmen auch den Mut haben, Quereinsteiger konkret anzusprechen. Andernfalls kannibalisieren sich die Firmen gegenseitig, was die Fachkräfte angeht, ohne dass Nachwuchs in die Branche kommt.

Wie geht ein Unternehmen da vor? Es müssen ja schließlich spezielle Aufgaben erledigt werden.

Da kommen wir zur Eignungsdiagnostik. Dazu muss das Unternehmen für die zu besetzende Position ein Anforderungsprofil erstellen. Welche Kenntnisse und Kompetenzen braucht der Bewerber tatsächlich und in welcher Ausprägung müssen diese vorhanden sein? In der Regel gibt es ganz viele verwandte Branchen, die nicht unbedingt Photovoltaik oder Erneuerbar sein müssen, in denen die Fachkräfte ähnliche Kompetenzen mitbringen. Dann ist ein ganz starkes Wechselargument die Branche, in der die Unternehmen der erneuerbaren Energien unterwegs sind. Wichtig ist dann aber, Strategien und Methoden zu entwickeln, wie Quereinsteiger eingearbeitet werden können.

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Welche Möglichkeiten haben die Unternehmen mit den Dienstleistungen von Climatetech Talents?

Wir haben im Wesentlichen drei große Dienstleistungssparten. Die erste ist das klassisch Executive Search. Diese Dienstleistung konzentriert sich auf die Suche nach Führungskräften. In diesem Bereich decken wir das komplette Spektrum der Möglichkeiten ab. Dazu analysieren wir zunächst das Unternehmen inklusive des Branchenumfelds und den Markt. Wir schauen uns auch die Ziele des Unternehmens an. Danach erstellen wir ein Anforderungsprofil. Welche Eigenschaften und Kompetenzen müssen die Bewerber mitbringen. Im Anschluss daran erstellen wir einen Bewerbungsprozess und Kriterien sowie Mechanismen, wie die Anforderungen messbar werden.

Wie sieht es dann mit dem Bewerbungsprozess selbst aus?

Wir begleiten den Bewerbungsprozess, schauen und die Lebensläufe der Bewerber:innen an. Wir designen auch Assessment Center und begleiten dieses in den Vertragsverhandlungen. Danach begleiten wir den Prozess noch in den ersten sechs Monate im Unternehmen, also das Onboarding der neuen Mitarbeiter:innen. Denn auch wenn die Vertragsverhandlungen erfolgreich waren, kann es durchaus trotzdem sein, dass die Person doch nicht passt.

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Und wenn es um Fachkräfte geht, können Sie auch Unternehmen unterstützen?

Derzeit machen wir das nur auf der Ebene des White Collar Segments. In diesem Bereich bieten wir Recruiting-as-a-Service-Leistung an. Auch da schauen wir uns das Unternehmen an. Dann übernehmen wir die gezielte Ansprache von potenziellen Kandidaten. Wir können dabei auf ein großes Branchennetzwerk zurückgreifen und aktiv die passenden Personen für unsere Klienten suchen. Wenn wir geeignete Bewerber gefunden haben, qualifizieren wir diese mit Gesprächen vor und schauen, ob sie zum Unternehmen und das Unternehmen zu ihnen passt. Danach übergeben wir den weiteren Prozess an die Personalabteilung des Unternehmens. Wir machen auch strategische Beratungsprojekte für Startups, um deren Recruiting Strategien und Recruiting Prozesse und Employer Branding Prozesse herauszuarbeiten.

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