Die Krise als Chance: Steigende Energiepreise, die Corona-Pandemie, das 9-Euro-Ticket und die Klimakrise haben das Mobilitätsverhalten der Deutschen deutlich verändert. Laut einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom geben 96 Prozent der 1.005 Befragten ab 16 Jahren an, in den letzten Jahren ihr Mobilitätsverhalten grundlegend verändert zu haben – aus sehr unterschiedlichen Gründen und deshalb auch mit durchwachsenen Folgen.
Klimakrise Grund Nummer 1
Rund die Hälfte (55 Prozent) nennt die Klimakrise als Grund, 41 Prozent das 9-Euro-Ticket sowie den gestiegenen Benzinpreis und 30 Prozent die Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. 17 Prozent haben ihr Mobilitätsverhalten aufgrund des Chaos an den Flughäfen verändert, 16 Prozent wegen der häufigeren Arbeit im Home Office, 13 Prozent aufgrund der Unzuverlässigkeit im Bahnverkehr und 7 Prozent wegen des Wegfalls von Dienstreisen.
39 Prozent fahren mehr Fahrrad
Der große Gewinner der Mobilitätswende ist das Fahrrad. 39 Prozent der Befragten nutzen das Fahrrad häufiger, 16 Prozent seltener. Ein Viertel (25 Prozent) setzt häufiger auf sogenannte On-Demand-Angebote wie Ride Pooling oder Ride Hailing, 14 Prozent aber auch weniger oft. Beim Ride Pooling werden per Algorithmus automatisch Fahrgemeinschaften von Fahrgästen gebildet, die ein ähnliches Ziel haben. Beim Ride Hailing buchen Fahrgäste über eine App ein Auto mit professionellem Fahrer und haben die Fahrt exklusiv für sich.
Der eigene Pkw wird von 22 Prozent häufiger genutzt, 36 Prozent lassen ihn aber öfter stehen. Carsharing wird von 20 Prozent häufiger genutzt, von 14 Prozent seltener.
Verlierer sind ÖPNV, Flugzeug und die Bahn
Die großen Verlierer sind der Schienenfernverkehr, der ÖPNV, das Taxi und das Flugzeug. 22 Prozent fahren häufiger Bus und Bahn im Nahverkehr - 37 Prozent aber seltener. Hier könnte die Angst vor Ansteckung mit dem Corona-Virus ein Grund sein. Gleichzeitig steigt auch die Unzufriedenheit mit dem ÖPNV, vor allem in ländlichen Gebieten und in kleinen Städten.
10 Prozent fahren häufiger im Fernverkehr mit der Bahn, 35 Prozent tun dies seltener. Lediglich 2 Prozent steigen häufiger ins Taxi, 46 Prozent aber seltener. Im Flugverkehr ist das Bild noch klarer: 2 Prozent nutzen häufiger das Flugzeug 75 Prozent tun dies seltener.
Viele würden aufs Auto verzichten – bei passender Alternative
Neue Mobilitätsangebote würden vielen Menschen den Abschied vom eigenen Pkw erleichtern, ergab die Befragung. Unter denjenigen befragten, die ein Auto im Haushalt haben, würden 40 Prozent darauf verzichten, wenn andere Mobilitätsangebote zur Verfügung stünden, 32 Prozent, wenn die bestehenden Mobilitätsangebote günstiger wären. Rund ein Viertel (24 Prozent) könnte das eigene Auto aufgeben, falls attraktive Sharing-Angebote in der direkten Umgebung vorhanden wären, bei 14 Prozent gilt dies bei der Verfügbarkeit von On-Demand-Angeboten. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) würde allerdings unter keinen Umständen auf den Privat-Pkw verzichten wollen.
Was können Sharing-Angebote?
Angebote wie Ride Pooling und Ride Hailing genießen in der Bevölkerung einen guten Ruf. So stehen dem Ride Pooling 83 positiv gegenüber, beim Ride Hailing sind 71 Prozent positiv eingestellt. Sie werden auch als besonders ressourcenschonend eingeschätzt: 86 Prozent sehen in ihnen eine umweltfreundliche Alternative zu bestehenden Angeboten. Die Nutzer:innen finden die Angebote gut: 81 Prozent sind mit ihnen ganz allgemein zufrieden, nur 17 Prozent unzufrieden.
„In der Mobilität erleben wir eine Zeitenwende, die diesen Begriff verdient“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die Menschen steigen aufs Rad oder ersetzen den eigenen Wagen durch Carsharing. Mit Hilfe digitaler Technologien in der Verkehrsinfrastruktur und bei neuen Mobilitätsangeboten haben wir die Chance, jetzt die Weichen für eine nachhaltigere Mobilität zu stellen, die für die Breite der Bevölkerung verfügbar und bezahlbar ist.“ (kw)
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