Die Stadtwerke Kerpen und Energiekonzern RWE haben in einer gemeinsamen Erklärung ihre Absicht zum Bau zweier Windparks mit 50 Megawatt (MW) Stromerzeugungskapazität festgehalten. Eine Windturbinengruppe soll demnach entlang der Autobahn A4 entstehen und die andere in einem Marienfeld genannten, vor knapp 20 Jahren renaturierten Tagebaugebiet – jeweils in unmittelbarer Nachbarschaft der Stadt Kerpen.
Die Kommune im Westen von Köln bereitet die Verfügbarkeit der Flächen für das Projekt derzeit durch die Änderung des städtischen Flächennutzungsplans vor, da die Areale auf städtischem Gebiet liegen. „Beide Beteiligten gehen damit einen wichtigen Schritt, um die Energiewende im Rhein-Erft-Kreis voranzutreiben“, teilte RWE mit.
Der Energiekonzern war über sein Tochterunternehmen Innogy von Beginn an zu 25 Prozent an den fünf Teilgesellschaften beteiligt, aus denen die Stadtwerke Kerpen erst kürzlich entstanden waren. Die lange Zeit vom Braunkohletagebau durch RWE lebende Stadt hatte das Versorgungsunternehmen 2018 gemeinsam mit dem Konzern gegründet. Dabei hatten Stadt und Energiekonzern die bereits zuvor gegründeten gemeinsam geführten Unternehmensgesellschaften für Betrieb und Instandhaltung von Strom- und Gasnetz und dann auch des Wassernetzes in das als Holding strukturierte Stadtwerke-Unternehmen eingebraucht. Als weiterer Betrieb gehören den Stadtwerken Kerpen auch die Vertriebsgesellschaft für Strom, Wasser, Gas an sowie eine Gesellschaft zum Bau und Vertrieb zunächst von Photovoltaikanlagen. An allen Gesellschaften blieb RWE mit 25,1 Prozent beteiligt, und übernahm auch die Betriebsführung. Im Zuge einer Bereinigung der Energiegeschäftsbereiche mit dem Wettbewerbs-Konzern Eon ist allerdings Innogy mitsamt den Kerpen betreffenden Geschäftsfeldern an Eon übergegangen. Somit gehört der RWE-Anteil an den Stadtwerken Kerpen nun Eon.
Der frühere Braunkohlekonzern RWE will in den 2020-er Jahren bis zu 15 Milliarden Euro brutto alleine in Deutschland in Wind- und Solarenergieanlagen sowie in Speicher, Elektrolyse-Anlagen zur Erzeugung von Wasserstoff mit Strom als flexibel nutzbarem fast emissionsfreiem Energieträger und in „flexible Backup-Anlagen“ investieren – kurz: in Stromversorgungsinfrastruktur für die Energiewende. Noch betreibt RWE mit den Tagebauen Inden, Garzweiler und Hambach drei aktive Gruben zur Ausbeutung des Rohstoffes, wobei Kerpen unmittelbar neben Hambach liegt. Spätestens seit die Bundesregierung vor drei Jahren den Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 beschlossen hatte, baut RWE die Konzernstrukturen um. Durch die Übernahme des Erneuerbare-Energien-Geschäfts von Wettbewerber Eon im vergangenen Jahr gewann das Braunkohleunternehmen eine inzwischen gleichwertige Erneuerbare-Energien-Säule dazu. Sie soll bis 2030 nach den Unternehmensplänen ein Portfolio an Grünstromerzeugungsanlagen mit 50 Gigawatt aufgebaut haben.
Im niederrheinischen Braunkohle-Tagebaugebiet projektierte RWE bereits erste Windparks, die eine Umwandlung der konzerneigenen Energiewirtschaft sichtbar werden lassen. So projektierte RWE gemeinsam mit der Stadt Bedford den 2015 in Betrieb genommenen Windpark Bedford aus 21 Windturbinen mit 67,2 MW auf einer rekultivierten Fläche eines wieder zugeschütteten Abschnittes des Tagebaus Garzweiler. Im Dezember 2020 erhielt RWE den Vergütungszuschlag der Bundesnetzagentur für das Fortsetzungsprojekt der gemeinsamen Windkraftplanung mit der Stadt Bedburg. Das Windparkvorhaben A44n mit 28,5 MW entsteht entlang der Autobahn A44. Bedford liegt zwischen den Tagebauen Hambach und Garzweiler.
Das neue Windkraftvorhaben im rheinischen Revier, das Gemeinschaftsprojekt von RWE und Stadt Kerpen, ist indes auch im Zusammenhang einer größeren Energiemodellregion zu verstehen, die Kerpen in den kommenden Jahren aufbauen will. Unter dem Konzeptnamen Speicherstadt Kerpen will die Kommune bis 2032 eine Energielandschaft auch auf den Flächen stillgelegter Tagebaubereiche entstehen lassen – aus Windparks, Photovoltaik-Parks, gemischten Windkraft-Photovoltaik-Anlagenfeldern, schwimmenden Solaranlagen, Stromspeicheranlagen, Wasserstoffelektrolyse, Elektromobilitätsangeboten oder zum Beispiel klug mit klimaneutraler Quartiersversorgung ausgestatteten Gewerbegebieten. Deren Zweck ist eine emissionsneutrale Versorgung Kerpens und der umgebenden Region mit Strom, Wärme und Kälte.
Kerpen hat dafür eine Kooperationsvereinbarung mit den Stadtwerken, dem Technologiekonzern Siemens Energy sowie der früheren, inzwischen an Energiekonzern Eon übergegangenen RWE-Tochter Innogy unterzeichnet. Kerpen soll damit zu einem Vorbild der Energiewende für Kommunen in ganz Europa werden. Zudem soll das Konzept Kerpen zu einer der nachhaltigsten Städte in Deutschland machen. Eingebettet ist die „Speicherstadt Kerpen“ in die Kampagne „Energielandschaft Rheinisches Revier“ des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen.
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