In Zukunft werden viele Speicher gebraucht. Doch nur clever gesteuert werden sie zur Stütze für das Energiesystem und wirtschaftlich für die Betreiber.
Speicher werden relevanter. Dies ermöglicht mehr Geschäftsmodelle, erhöht aber auch die Anforderungen an die Systeme.
Sven Ullrich
Auch wenn im vergangenen Jahr die Umsätze der Speicherhersteller in Deutschland etwas zurückgegangen sind, bleiben die Systeme eine wichtige Säule der Energiewende. Inzwischen geht es dabei um mehr als nur die Erhöhung des Eigenverbrauchs von selbst produziertem Solarstrom in Einfamilienhäusern.
Längst sind die Stromspeicher in Gewerbe- und Industriebetrieben angekommen. Auch zur Stabilisierung der Netze werden sie häufiger eingesetzt. Entsprechend müssen die Speicher immer mehr Aufgaben lösen können. „Speicher, wie man sie früher kannte, die nur auf den Zeitpunkt optimierten, sind praktisch unverkäuflich“, erklärt Franz-Josef Feilmeier, Geschäftsführer von Fenecon. „Die Politik will ja gerade nicht, dass man zwar keine Vergütung mehr bekommt, aber vielleicht einfachheitshalber dennoch einspeist. Also braucht es eine völlig neue Herangehensweise.“
Speicher, wie man sie früher kannte, die nur auf den Zeitpunkt optimierten, sind praktisch unverkäuflich.
Energiemanagement verbessert
Fenecon wird deshalb auf der EES Europe Anfang Mai in München (Stand B1.140) sein weiterentwickeltes Energiemanagement FEMS vorstellen. Es sorgt grundsätzlich dafür, dass der Speicher der Produktion von Solarstrom und dem Verbrauch im Gebäude folgt. Dazu hat Fenecon jetzt in das FEMS noch eine KI-basierte Erzeugungs- und Verbrauchsprognose integriert. Außerdem reagiert das System auch auf dynamische Stromtarife. Damit kann der Speicher in einem wirtschaftlichen Optimum gefahren werden. Zusätzlich kann das FEMS auch steuerbare Verbraucher regeln.
Da Fenecon den Quellcode des FEMS offengelegt hat, kommuniziert es mit vielen Systemen – unter anderem auch im Bereich der Sektorenkopplung. Dadurch kann der Speicher mit allen Direktvermarktern zusammenarbeiten und auch vollständig herstellerunabhängig die aktuellen Möglichkeiten der Nutzung bedienen.
Autobatterien eingekauft
Auch im eigentlichen Speicherbereich geht Fenecon neue Wege. So wird das Unternehmen unter anderem seinen neuen Speicher Industrial XL vorstellen. Mit dessen Speichervolumen von vier Megawattstunden bei einer Leistung von 1,5 Megawatt stößt Fenecon in ein Segment vor, das sonst vor allem von großen chinesischen Anbietern bespielt wird. Das Besondere: Fenecon setzt hier übrig gebliebene Batteriepacks von Catl ein.
Insgesamt 10.000 dieser Batteriepacks mit einem Gesamtvolumen von mehr als einer Gigawattstunde hat das Unternehmen aus der Insolvenz des amerikanischen E-Auto-Herstellers Fisker herausgekauft. „Technisch bringt die Nutzung von Elektrofahrzeugbatterien ohnehin einige Vorteile mit“, weiß Feilmeier. Er verweist hier auf den besseren Gesamtwirkungsgrad und hochwertigere Batterien mit Flüssigkeitskühlsystem. Normalerweise wären solche Batterien viel teurer als klassische Lithium-Eisenphosphat-Speicher (LFP). Doch da die Speicherpacks aus der Insolvenzmasse von Fisker stammen, kann das Unternehmen mit seinem Speichercontainer mit jedem hochwertigen Hersteller aus China mithalten, obwohl die Systeme komplett in Deutschland gefertigt werden.
Die Experten für Gewerbe- und Industriespeicher von Tesvolt (B2.110) werden auf der EES Europe mit dem Forton ebenfalls ein neues System vorstellen. In ihm setzt das Wittenberger Unternehmen erstmals Hochtemperaturzellen mit LFP-Technologie ein. „Diese Zellen müssen weniger gekühlt werden als marktübliche LFP-Zellen. Gleichzeitig erreichen sie eine noch höhere Lebensdauer“, erklärt Simon Schandert, technischer Geschäftsführer von Tesvolt. „Besonders ist auch, dass wir ohne Flüssigkeitskühlung auskommen. Dadurch spart der Kunde die halbjährliche Wartung, und jegliche Servicearbeiten können auch von Installateuren durchgeführt werden, die nicht für den Umgang mit umweltgefährdenden Stoffen zertifiziert sind – die sind in den meisten Kühlflüssigkeiten nämlich enthalten.“
Stromvermarktung mit übernehmen
Das System ebnet den Gewerbe- und Industriebetrieben den Weg für einen profitablen Energiehandel. Denn Gewerbebetriebe benötigen lediglich einen Netzanschlusspunkt mit mindestens 50 Kilowatt Leistung, um das Batteriesystem für den Energiehandel nutzen zu können.
Diese Option bietet Tesvolt Energy an. Das neue Tochterunternehmen übernimmt die Vermarktung der Speicher an der Börse. „Mit unserem neuen Batteriesystem amortisiert sich die Investition meist schon nach wenigen Jahren, wenn es am Energiehandel teilnimmt“, erklärt Simon Schandert. „Technisch geht das nur mit einem Batteriespeicher, der sehr belastbar ist, also über viele Jahre mehrmals am Tag be- und entladen werden kann.“
11.000 Vollzyklen garantiert
Deshalb gibt Tesvolt eine Performancegarantie von 15 Jahren bei zwei Vollzyklen täglich, wenn die Kunden die Tradingoption wählen. Das sind fast 11.000 Vollzyklen. „Marktüblich sind nur 3.000 bis 4.000 garantierte Vollzyklen“, erklärt Daniel Hannemann, Geschäftsführer von Tesvolt. „Das können wir so anbieten, weil die intelligente Software von Tesvolt Energy dafür sorgt, dass der Speicher so erlösbringend wie möglich, aber so schonend wie nötig betrieben wird.“
Für die neuen möglichen Vermarktungsoptionen hat Intilion (B2.330) den neuen Scalepac entwickelt. Das Herzstück sind Speichermodule mit einer Kapazität von einer Megawattstunde. Jeweils bis zu vier solcher Einheiten können miteinander kombiniert werden, sodass mit den Speichersystemen bis zu vier Megawattstunden möglich sind.
Sogar bis zu 15.000 Vollzyklen seien mit der neuen Generation des Elementa 2 Pro von Trina Storage (A1.170) möglich. Die neueste Generation der integrierten Speicherplattform bietet eine verbesserte Effizienz mit leistungsstarken 314-Amperestunden-Zellen. Das System zeichnet sich durch ein robustes, dreistufiges Sicherheitskonzept aus. Dieses umfasst Systeme zur frühzeitigen Erkennung von Brandgefahren, zur Brandunterdrückung und zum Explosionsschutz.
Mit unserem neuen Batteriesystem amortisiert sich die Investition meist schon nach wenigen Jahren, wenn es am Energiehandel teilnimmt.
Speicher besser vermarkten
Der Speicher wurde speziell für die Integration in Solaranlagen – sowohl auf dem Freiland als auch auf Gewerbe- und Industriedächern – entwickelt. Er bringt die gesamte Leistungselektronik inklusive Wechselrichter mit. „Mit dem Scalepac reagieren wir auf die dynamischen Entwicklungen am Markt. Als Spezialist für Großspeichersysteme erweitern wir unseren Kapazitätsbereich im unteren Megawattsegment, um den wachsenden Anforderungen an Systemgrößen und der steigenden Anwendungsvielfalt zu begegnen“, erklärt Produktmanager Arne Finger.
Das Gehirn des Speichers ist die Intilion Application Unit (IAU). Die Steuerungseinheit ermöglicht die Teilnahme am Spot- und Regelleistungsmarkt. So lasse sich der Scalepac mit der Multi-Market-Optimierung für ein lukratives Geschäftsmodell einsetzen.
Neues Kühlkonzept entwickelt
Auch Huawei (C1.110) wird mit dem neuen Luna 2000-215 eine Lösung für Gewerbebetriebe vorstellen. Neben einem umfangreichen und mehrstufigen Sicherheitskonzept hat Huawei für dieses System eine neue Hybridkühlung entwickelt. Ein thermischer Router passt das Kühlkonzept den jeweiligen Temperaturverhältnissen im Speicher und der Umgebung an.
Bei sehr hohen Temperaturen springt eine aktive Flüssigkeitskühlung an. Huawei nutzt ein Niedrigtemperatur-Kühlmittel, um die Zellen schnell zu kühlen. Parallel arbeitet ein luftgekühltes Modul mit einem Mitteltemperatur-Kühlmittel. Dieses kühlt das Lademodul (PCS). Herrscht im Speicher eher Raumtemperatur, schaltet der thermische Router die Flüssigkeitskühlung ab. Dann arbeitet nur noch die Luftkühlung, was den Energieverbrauch minimiert.
Abwärme nutzen
Da der Speicher für die Außenaufstellung konzipiert ist, gibt es auch einen Modus für Umgebungstemperaturen unter dem Gefrierpunkt. Dann schaltet der thermische Router auf die Nutzung der Abwärme des PCS um. Dadurch werden die kalten Zellen erwärmt, um sie zu schonen.
Der Speicher hat eine Kapazität von 215 Kilowattstunden und eine Leistung von 108 Kilowatt. Für mehr Leistung oder Volumen können auch mehrere der Speicher parallel geschaltet werden.
Zusätzlich wird Huawei auch noch einen Großspeicher und eine neue Lösung für den Heimspeicherbereich vorstellen. Die Details erfahren die Besucher der Messe am Stand von Huawei. Im Heimspeichersegment legt das Unternehmen unter anderem den Schwerpunkt auf das Energiemanagement (Emma) in Verbindung mit einer Not- und Ersatzstromversorgung. Dazu hat Huawei die Back-up-Box Smart Guard entwickelt. Sie schaltet bei einem Stromausfall innerhalb von 20 Millisekunden auf Ersatzstromlieferung um.
Im Mittelpunkt steht bei allen Produkten das Thema Sicherheit. Hier hat Huawei mit allen Speichern die höchste Zertifizierungsstufe durch den TÜV Rheinland erreicht. Das heißt, die Speicher entsprechen nicht nur den grundlegenden Gesetzen und Regelungen. Sie verhindern auch in Extremsituationen das thermische Durchgehen auf Ebene des Akkupacks und Brände durch äußere Einflüsse.
Für den Heimspeicherbereich wird BYD (B1.130) die neue Battery-Box HVE vorstellen. Sie kombiniert den Speicher mit einem einphasigen oder dreiphasigen Hybridwechselrichter.
Neuer Heimspeicher von BYD
Damit hat BYD ein komplett integriertes System im Portfolio. Die Wechselrichter bieten volle Back-up-Funktionalität mit 150 Prozent Spitzenleistung und einer Umschaltzeit bei einem Netzausfall von weniger als zehn Millisekunden.
BYD bietet das System mit 4,29 oder 6,45 Kilowattstunden an. Diese beiden Modultypen können auch in einem Turm miteinander kombiniert werden, wobei die kleinste mögliche Systemkonfiguration bei 6,45 Kilowattstunden liegt. Mit bis zu vier Modulen in einem Turm kann eine maximale Kapazität von 23,6 Kilowattstunden in der Einzelturmkonfiguration erreicht werden. Bis zu drei dieser Türme können parallel geschaltet werden. Damit können auch mittlere Gewerbespeicher mit einer Gesamtkapazität von bis zu 70,92 Kilowattstunden installiert werden.
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