Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) hat eine Metastudie über die Stromgestehungskosten der verschiedenen Erzeugungstechnologien veröffentlicht. Dazu hat die Berliner Agentur 20 wissenschaftliche Einzelstudien durchforstet und die jeweiligen, dort herausgearbeiteten Gestehungskosten für Strom aus erneuerbaren Energien und fossilen Energieträgern nebeneinander gestellt. Dabei beziehen die Studien immer die deutschen Klimaschutzziele und den absehbaren technischen Fortschritt mit ein. Das Ergebnis ist, dass alle Studien davon ausgehen, dass Ökostrom aus allen betrachteten Erzeugungstechnologien in Zukunft erheblich billiger wird. Strom aus konventionellen Kraftwerken wird hingegen in Zukunft teurer. „Deshalb ist es auch wirtschaftlich sinnvoller auf erneuerbare Energien zu bauen, statt veraltete durch neue Kohlekraftwerke zu ersetzen“, resümiert Philipp Vohrer, Geschäftsführer der AEE.
Neue Kraftwerke kosten ohnehin Geld
Im Mittelpunkt der Metastudie stand die Frage, ob angesichts der notwendigen Erneuerung des deutschen Kraftwerksparks die Modernisierung der Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien zu höheren Kosten für die Verbraucher führt als der Bau neuer fossiler Kraftwerke. Um dies vergleichbar zu machen, sind die Stromgestehungskosten die entscheidende Größe. Das sind die durchschnittlichen Kosten, die für die Errichtung und den Betrieb von Kraftwerken bezogen auf die erzeugte Strommenge über die gesamte Lebensdauer des Kraftwerks anfallen. „Erneuerbare Energien sind zum Teil heute schon wettbewerbsfähig“, fasst Philipp Vohrer die Ergebnisse zusammen. „An guten Standorten können die Stromgestehungskosten neuer Windenergie- und Photovoltaikanlagen sogar niedriger ausfallen als die neuer fossiler Kraftwerke.“
Technologischer Fortschritt unterschätzt
So liegen die Gestehungskosten für Strom aus Photovoltaikanlagen mit 7,9 bis 16,6 Cent pro Kilowattstunde schon längst auf dem Niveau mit den Kosten für Strom aus Erdgaskraftwerken. Dieser kostet 7,6 bis zehn Cent pro Kilowattstunde. Im kommenden Jahr werden die Kosten für Solarstrom aus neuen Anlagen auf 7,8 bis 14,7 Cent pro Kilowattstunde fallen. Damit erreichen sie die Kosten für Strom aus Steinkohlekraftwerken. Für die darauf folgenden Jahre gehen alle Studien davon aus, dass die Gestehungskosten für Solarstrom weiter fallen. Auffällig ist, dass ältere Studien aus den Jahren 2009 bis 2012 von höheren Gestehungskosten ausgehen als jüngere Studien. Die Autoren der Metastudie führen das darauf zurück, dass in den älteren Studien die in den vergangenen drei Jahren erzielten technischen Fortschritte und Kostensenkungen erheblich unterschätzt wurden. So prognostizierten alle dieser älteren Studien für das Jahr 2015 noch Gestehungskosten für Solarstrom von über 20 Cent pro Kilowattstunde. Tatsächlich ist der Solarstrom schon jetzt für die Hälfte dieses Preises zu haben. Ein weiteres Ergebnis ist, dass die Prognosen in den einzelnen Studien nicht allzu weit auseinanderliegen. Einzeiger Ausreißer ist eine Studie des Verbandes der europäischen Elektrizitätswirtschaft (Eurelectric) aus dem Jahr 2010, die noch für das Jahr 2050 von Gestehungskosten für Solarstrom von über 30 Cent pro Kilowattstunde ausgeht. Ein Wert, der jetzt schon erheblich unterschritten wird.
Wind wird billiger als Braunkohle
Auch die Gestehungskosten für Strom aus Windanlagen an Land lagen laut aktuellen Studien im Jahr 2013 zwischen 4,5 und 10,9 Cent pro Kilowattstunde. Damit produzieren neue Windenergieanlagen an sehr windreichen Standorten schon zum gleichen Preis wie neue Braunkohlekraftwerke, deren Gestehungskosten derzeit zwischen 3,9 und 5,4 Cent pro Kilowattstunde liegen. Im Jahr 2020 könnten Windenergieanlagen an besonders geeigneten Standorten Strom erzeugen, der nur noch 4,2 Cent pro Kilowattstunde kostet. Damit wären sie teilweise günstiger als neu errichtete Braunkohlekraftwerke. Diese könnten Strom 2020 vermutlich zu Preisen zwischen 6 und 8,5 Cent pro Kilowattstunde erzeugen.
An den Erneuerbaren führt kein Weg vorbei
Für die Autoren der Metastudie ist das ein klares Signal. Bei der Modernisierung des deutschen Kraftwerksparks führt kein Weg an den erneuerbaren Energien vorbei, wenn diese für den Verbraucher möglichst preiswert gestaltet werden soll. „Der Kostenvergleich belegt die erfolgreiche Entwicklung, die Technologien zur Erzeugung regenerativen Stroms in den vergangenen Jahren durchlaufen haben“, betont Vohrer. „Der dynamische Ausbau bewirkte technologische Weiterentwicklungen, die zu signifikanten Kostensenkungen geführt haben. Die Förderung durch das EEG hat sich als sehr erfolgreich und zielführend erwiesen. Perspektivisch sind weitere Kostensenkungen möglich, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien jetzt nicht abgewürgt wird.“ Doch die Signale aus der Politik sehen derzeit anders aus. (Sven Ullrich)