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Konflikte vermeiden

Nicole Weinhold

Wie demnächst eine weitere Beschleunigung des Ausbau der Windenergie erreicht werden soll, erklärt Frank Sailer, Stiftung Umweltenergierecht.

Erwarten Sie durch die RED III eine Beschleunigung für Windparkplaner?

Frank Sailer: Die RED III enthält eine ganze Reihe an Instrumenten, die sich erheblich auf die Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus auswirken können. Viele sprechen hier von einem Paradigmenwechsel. Es ist sicherlich die größte Änderung im europäischen Umweltrecht der letzten Jahrzehnte, was da auf uns zukommt.

Im Bereich Windenergie?

Frank Sailer: Im Bereich des Genehmigungsrechts, speziell für erneuerbare Energien, insbesondere auch für den Windenergieausbau.

Wann wird es in Deutschland Wirkung entfalten? Es ist ja schon verabschiedet, oder?

Frank Sailer: Genau, das ist eine europäische Richtlinie. Sie ist schon verabschiedet und richtet sich an die Mitgliedstaaten. Die Mitgliedstaaten müssen sie jetzt in nationales Recht umsetzen, erst dann ist es geltendes Recht.

Wann passiert das in Deutschland?

Frank Sailer: Die Richtlinie wird in Deutschland umgesetzt für Wind Offshore, Wind Onshore, Photovoltaik und Netze. Da laufen die Gesetzgebungsverfahren und sie werden vermutlich in diesem Jahr abgeschlossen und Anfang 2025 treten die Gesetze dann in Kraft.

Was genau sind Beschleunigungsgebiete?

Frank Sailer: Ich will noch mal einen Schritt zurückgehen. Mit dem Regime der Beschleunigungsgebiete wird rechtlich anerkannt, dass die erneuerbaren Energien Klimaschutz sind und dass der Klimaschutz über die erneuerbaren Energien zugleich Umweltschutz ist. Und das ist der Hintergrund, dass sie einem genehmigungsrechtlichen Sonderregime unterstellt werden.

Die RED III enthält noch viele weitere Beschleunigungsinstrumente, aber im Kern eben diese Beschleunigungsgebiete. Und dieses genehmigungsrechtliche Sonderregime beinhaltet im Kern, dass das EU-Umweltrecht – genauer gesagt das europäische Arten-, Habitat- und Gewässerschutzrecht, es geht nur um diese drei Bereiche und noch die Umweltverträglichkeitsprüfung - dass diese Bereiche nicht mehr zur Versagung der Genehmigung führen können. Das kennen wir jetzt schon über den § 6 WindBG und wird jetzt über diese Beschleunigungsgebiete quasi fortgesetzt und ausgeweitet. Das europäische Arten, Habitat- und Gewässerschutzrecht führen nicht mehr zu einer Genehmigungsversagung. Stattdessen liegt der Fokus ganz stark auf Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen. Ich muss zunächst also Maßnahmen ergreifen, diese Konflikte, die ich sehe, zu vermeiden oder zumindest zu mindern.

Und wenn ich das nicht kann, muss ich Ausgleichsmaßnahmen ergreifen. Und wenn ich mit denen auch nicht weiterkomme, dann gibt es die Ausgleichszahlung. Aber es gibt im Prinzip nicht mehr die Versagung der Genehmigung, sondern es läuft alles auf diese Minderungs-, Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen hinaus.

Wird es einen fließenden Übergang geben zwischen der jetzigen Sonderregelung und besagten Beschleunigungsgebieten?

Frank Sailer: Wir haben ja schon aktuell den § 6 WindBG, der in diese Richtung geht. Der läuft noch bis Sommer nächsten Jahres. Und je nachdem, wann das neue Gesetz in Kraft tritt, vielleicht im Januar, hätten wir daneben auch dieses neue Regime der Beschleunigungsgebiete. In der Übergangszeit würden beide Regime nebeneinander gelten und die Vorhabenträge hätten nach aktuellem Entwurf ein Wahlrecht, ob sie im bisherigen § 6 bleiben oder in das neue Regime der Beschleunigungsgebiete wechseln wollen. Und ab Sommer nächsten Jahres gibt es nur noch das neue Regime der Beschleunigungsgebiete.

Wie sieht das Mapping dafür aus?

Frank Sailer: Das Mapping ist eine Art Vorstufe für die Beschleunigungsgebiete. Die Richtlinie sagt dazu eigentlich nur, dass es eine koordinierte Erfassung des Potenzials für den Ausbau der erneuerbaren Energien ist. Im Prinzip ist es eine deutschlandweite Potenzialerfassung, wenn es um Windenergie geht: Wo sind gute Windbedingungen? Wo habe ich verfügbare Flächen? Es geht allein um eine gute Energieerzeugung auf dieser Stufe. Und auf dieser groben Gebietskulisse werden in einer zweiten Stufe die Beschleunigungsgebiete festgelegt, und das wiederum anhand von Umweltfaktoren.

Wie wird das Mapping festgelegt?

Frank Sailer: Das wird nicht gesetzlich umgesetzt, die einzige Anforderung nach der Richtlinie ist, dass man eine solche Potenzialerfassung macht. Der deutsche Gesetzgeber plant dazu keine gesetzliche Regelung. Soweit ich weiß, laufen da aber schon entsprechende Untersuchungen.

Und steht das in einem Zusammenhang mit Umwelt- und Gebietsausschlüssen?

Frank Sailer: Ja, die sind wiederum auf der Ebene der Beschleunigungsgebiete zu berücksichtigen. Die besagten Genehmigungserleichterungen gibt es nämlich nicht „umsonst“. Dafür muss man was machen: Man schaut schon bei der Gebietsausweisung, also auf Planungsebene, genauer hin und berücksichtigt Umweltauswirkungen stärker als bisher. Man muss wie bisher die Umweltverträglichkeitsprüfung machen für die Planausweisung und wenn das in der Nähe eines Natura-2000-Gebietes ist eine FFH-Verträglichkeitsprüfung.

Jetzt verlangt aber die Ausweisung als Beschleunigungsgebiet noch sehr viel mehr: Es darf keine erheblichen Umweltauswirkungen geben und es müssen bestimmte Gebietsausschlüsse gewahrt werden. Neben Natura-2000-Gebieten und Naturschutzgebiete gibt es auch noch die Kategorie der sog. sensiblen Gebiete, die müssen alle gemieden werden. Also in denen darf ich kein Beschleunigungsgebiet ausweisen.

Und die weitere wichtigste Anforderung ist: Die Planer müssen in Zukunft schon in den Plänen selber bei der Planausweisung Regeln für Minderungsmaßnahmen festlegen. Sie müssen also schon bei der Planausweisung schauen, welche umweltrechtlichen Konflikte gibt es hier mit Arten, Habitat- und Gewässerschutz. Und wenn Sie da Probleme sehen, dann müssen Sie schon auf Planungsebene sagen, wie man die aus Ihrer Sicht am besten löst und in den Griff bekommt und müssen das schon in die Pläne reinschreiben. Die Vorhabenträger, die später ins Plangebiet reinwollen, müssen sich an diese Planvorgaben halten und die vorgeschriebenen Maßnahmen in ihren Projekten konkret umsetzen.

Das ist im Prinzip ein bisschen der Clou der Geschichte, sodass die Planer schon bei Gebietsausweisungen die Umweltaspekte stärker berücksichtigen. Es darf zu keinen erheblichen Umweltauswirkungen kommen. Und das ist dann der Grund, warum man sagt: Okay, wir haben auf der Gebietsebene in Sachen Umweltschutz schon ein bisschen mehr gemacht. Deshalb erlauben wir uns dann, auf der Genehmigungsebene etwas weniger zu machen und die Verfahren dadurch zu vereinfachen und zu beschleunigen und nur noch mit diesen Minderungs- und Ausgleichsmaßnahmen zu arbeiten.

Frank Sailer,
Rechtsexperte, Stiftung Umweltenergierecht

Foto: Manuel Reger

BWE-Konferenzen mit der Stiftung Umweltenergierecht

Hören Sie Frank Sailer und seine Kollegin Maria Deutinger bei folgenden BWE-Konferenzen zum Thema RED III:

Energie.Recht.Erneuerbare

Wind | PV | Speicher:
Beschleunigung auf allen Ebenen?
26. und 27. November 2024
in Frankfurt /Main,
www.bwe-seminare.de/recht

Windenergie & Artenschutz

RED III – Gamechanger beim
Windenergieausbau?

3. und 4. Dezember 2024
in Hannover
www.bwe-seminare.de/artenschutz

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