Die Finanzierung von Solarparks und gewerblichen Dachanlagen wird komplexer, bleibt aber weiterhin möglich.
Durch Änderungen der Vergütungssysteme wird sich die Finanzierung von Solaranlagen wandeln. Lösungen gibt es aber schon.
Sven Ullrich
Mit der Verabschiedung der jüngsten Energierechtsnovelle haben sich die Rahmenbedingungen für die Photovoltaik teilweise verändert. Das sogenannte Solarspitzengesetz bedeutet jedoch nicht das Ende der Einspeisevergütung, wie vielfach irrtümlich angenommen wird. Auch eine Deckelung der EEG-Vergütung ist nicht vorgesehen.
Tilgung anders kalkulieren
Allerdings können sich die Zeiträume der EEG-Vergütung verschieben. Denn in den Phasen, in denen die Preise am Spotmarkt der Strombörse ins Negative rutschen, erhalten alle Solaranlagen ab einer Leistung von zwei Kilowatt keine Einspeisevergütung. Während diese Regelung bislang nur für große Anlagen ab 400 Kilowatt galt, betrifft sie nun auch kleinere Anlagen.
Für Großanlagen gibt es ebenfalls Änderungen. Ursprünglich sollte ab 2025 die Vergütung ausgesetzt werden, wenn der Strombörsenpreis für mindestens drei aufeinanderfolgende Stunden negativ ist. Jetzt greift der Vergütungsstopp bereits ab der ersten Viertelstunde mit negativem Strompreis an der Börse. Diese Viertelstunden summieren sich über den gesamten 20-jährigen Vergütungszeitraum und werden auf volle Tage aufgerundet. Um diese berechneten Tage verlängert sich die Vergütungsdauer. Das gilt sowohl für die Einspeisevergütung als auch für die Marktprämie.
Mehr Rückzahlung in den ersten Jahren
Dies hat aber nur wenig Auswirkungen auf die Bankenfinanzierung von großen Photovoltaikanlagen, wie Christian Marcks, Senior-Experte und fachlicher Leiter des Kompetenzcenters Erneuerbare Energien bei der GLS Bank, betont. „Ob wir die Finanzierung über 20 Jahre oder mit einer Verlängerung kalkulieren, macht für unsere Anforderungen an den Cashflow keinen Unterschied“, erklärt er. Allerdings sei dann in den ersten zehn Betriebsjahren ein höherer Kapitaldienstdeckungsgrad (DSCR) erforderlich. Denn die meisten negativen Strompreise und damit auch die Erlösausfälle erwartet er in den ersten fünf bis acht Jahren.
Geldflüsse bedienen Kredite
Der Kapitaldienstdeckungsgrad beschreibt das Verhältnis zwischen dem Cashflow vor Zinsen und Tilgung sowie dem Schuldendienst – inklusive Zinsen und Tilgung – innerhalb eines festgelegten Zeitraums. Bei Solaranlagen liegt dieser Zeitraum üblicherweise bei 20 Jahren. Denn die Marktprämien und auch die Einspeisevergütung sind auf diesen Zeitraum ausgerichtet. Sie gehören zu den Erlösen, aus denen die Finanzierung der Solaranlage abgedeckt wird, abzüglich der laufenden Betriebskosten.
Die GLS Bank setzt diese Projektfinanzierung hauptsächlich für große Solarparks und gewerbliche Aufdachanlagen ein. Die Überschüsse aus der Solaranlage dienen als Sicherheit für die Bank. Sie bestimmen einerseits die Höhe des Kreditvolumens, das die Bank bereitstellt, und damit andererseits auch den notwendigen Eigenkapitalanteil der Investoren.
Finanzierung strecken
Für mittlere gewerbliche Solaranlagen hat die GLS Bank geringere Anforderungen. „Hier prüfen wir die Wirtschaftlichkeit des Projekts und lassen uns als Sicherheit die Einspeisevergütung abtreten“, erklärt Christian Marcks. „Bei größeren Projekten ist ein umfassendes Sicherheitspaket mit Dienstbarkeiten erforderlich.“
Die neuen Regelungen könnten aber diese Finanzierungsstrukturen beeinflussen. „Da gewerbliche Dachanlagen für uns besonders relevant sind, können wir die Finanzierung auf 25 Jahre strecken, um die nötige Fremdkapitalquote beizubehalten“, sagt Marcks.
Da gewerbliche Dachanlagen für uns besonders relevant sind, können wir die Finanzierung auf 25 Jahre strecken, um die nötige Fremdkapitalquote beizubehalten.
Investitionskosten fördern
Mittelfristig wird jedoch ein neues Förderkonzept notwendig. Schließlich läuft die gleitende Marktprämie, die aktuell für Stabilität sorgt, Ende 2026 aus. Danach wird voraussichtlich ein sogenanntes Clawback-System eingeführt, wie es von der EU gefordert wird. Das heißt, wenn die Erlöse die Förderung übersteigen, müssen diese zur Refinanzierung der Anlage verwendet werden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat dafür schon einen Vorschlag entwickelt, der auf eine Umstellung auf eine Investitionskostenförderung mit Kapazitätsmechanismus hinauslaufen könnte.
Die Anlagenbetreiber würden dann eine feste Vergütung pro installiertem Kilowatt an Anlagenleistung bekommen. Der Refinanzierungsbeitrag, den die Betreiber abführen müssen, wäre nicht mehr an die tatsächlich produzierten Strommengen gekoppelt. Vielmehr basiert er auf prognostizierten Markterlösen, die aus Wettermodellen und Vergleichsanlagen berechnet werden. Die Gesamterlöse für den Anlagenbetreiber ergeben sich damit aus der Kapazitätszahlung abzüglich der potenziellen Markterlöse zuzüglich der tatsächlichen Markterlöse. Klingt kompliziert, ist es auch.
Steigendes Ausfallrisiko
Diese neue Struktur birgt zudem Risiken: „Wenn die Anlage das prognostizierte Erzeugungsprofil nicht erreicht, müssen Betreiber potenziell Rückzahlungen leisten, ohne den genauen Rückzahlungsbetrag zum Zeitpunkt des Baus zu kennen“, warnt Christian Marcks. Dies könnte auch das Kreditrisiko für Banken erhöhen.
Eine Alternative könnten mit Abnehmern geschlossene Stromlieferverträge (Power Purchase Agreements – PPAs) darstellen. Dies würde sich auch mit den Vorgaben aus Brüssel vereinbaren lassen. Denn die EU-Elektrizitätsbinnenmarkt-Verordnung sieht eine Stärkung solcher Vermarktungsoptionen vor. Eine der Hürden: In Deutschland fehlt bislang eine staatliche Absicherung für PPAs.
Weniger Fremdkapital möglich
Schließlich bleibt das Ausfallrisiko bestehen, auch wenn der Strom an ein kreditwürdiges Unternehmen geliefert wird. „Daher kalkulieren wir PPAs nur für maximal zehn Jahre“, sagt Marcks. Danach müsse die Finanzierung an der Strompreiskurve ausgerichtet werden, die jedoch sehr volatil ist. Deshalb muss ein Teil des Fremdkapitals bereits nach zehn Jahren zurückgezahlt sein. Nur ein geringerer Anteil kann über 20 Jahre laufen. Insgesamt sinkt so die Kredithöhe, und Investoren müssen mehr Eigenkapital beisteuern.
Staatliche Absicherung von PPAs
In Ländern wie Spanien, Norwegen und Frankreich gibt es bereits staatliche PPA-Absicherungen. So deckt Madrid beispielsweise bis zu 80 Prozent der Verluste ab, wenn der Stromabnehmer zahlungsunfähig wird. In Norwegen und in Frankreich zahlt der Staat dem Solaranlagenbetreiber 80 Prozent der Differenz zwischen dem jährlichen durchschnittlichen Spotpreis und dem vertraglichen PPA-Preis aus, wie die Analysten der Deutschen Energieagentur in einer aktuellen Studie zur Absicherung von PPAs schreiben. Solche Mechanismen könnten auch in Deutschland helfen, das Finanzierungsrisiko zu reduzieren und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu sichern.
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