Windenergie nimmt in Deutschland nun Tempo auf. Das mache sich im Projektmanagement an den verschiedensten Stellen bemerkbar, sagt Michael Raschemann.
Michael, wie bist du eigentlich zur Windkraft gekommen?
Michael Raschemann: Ich habe als Kind schon ein großes Faible für historische Windmühlen gehabt. Als dann die ersten wenigen Anlagen bei uns – südlich von Berlin – aufgebaut wurden, war es dann vielleicht naheliegend, dass mich interessierte, was die moderne Windenergie so hergibt. Das waren damals Enercon E-33, daran kann ich mich noch gut erinnern. Dann habe ich mein erstes eigenes Projekt entwickelt und 1994 begonnen, vier E-40 zu errichten.
Hatte das auch etwas mit Idealen zu tun?
Michael Raschemann: Ich glaube, damals noch nicht. Wenn ich überlege, wie klein die Generatorleistung der Mühlen damals war, denn 500 Kilowatt waren ja die Königsklasse. Da dachte ich nicht, dass wir in der Lage sein werden, die Versorgungsverantwortung zu übernehmen. Energiequelle haben wir 1997 gegründet und im brandenburgischen Feldheim die ersten Anlagen errichtet. 2010 haben wir den Ort dann sogar energieautark gemacht. Versorgungsverantwortung zu tragen, ist doch noch mal eine andere Hausnummer. Und wenn ich heute schaue, wo wir stehen, würde ich sagen: Ja, wir als Energiequelle wollen da auch unseren Beitrag leisten und Verantwortung übernehmen.
Jetzt haben wir eine Regierung, die hier vorangehen will, und trotzdem gibt es jede Menge Herausforderungen, oder?
Michael Raschemann: Die aktuelle Ampel hat so viel Gutes für uns auf den Weg gebracht, dass wir nach dem Auf-der-Stelle-Treten der Merkel-Dynastie endlich nach vorne gekommen sind. Als Bundeswirtschaftsminister Habeck seine erste Presserklärung gegeben hat, dachte ich: Das kann er nicht ernst meinen. Heute weiß ich, dass er es ernst gemeint hat. Jetzt, 2024, sehe ich auch, dass die Zubau- und Genehmigungsraten bei der Windenergie langsam in die Richtung kommen, die er sich gewünscht hat. Aber natürlich haben wir mit dieser neuen Dynamik auf der ganzen Breite unsere Baustellen. Das fängt bei den Gutachtern an, die zu dünn gesät sind für das, was wir heute von ihnen erwarten, ob das Arten- und Umweltschutz- oder Windgutachter sind. Das zieht sich bei den Herstellern durch, die noch mit ihrer Selbstfindung beschäftigt sind. Die Mühlen sind unglaublich teuer geworden. Und zu guter Letzt merken wir seit diesem Sommer die Kannibalisierung von Photovoltaik und Windenergie: Dieses Verdrängen, wer ist jetzt günstiger? Der Teurere wird runtergeregelt.
Ein komplett digital bearbeitetes Genehmigungsverfahren würde ich mir noch wünschen, wo der Einfluss der Menschen darauf beschränkt ist, nachher noch mal zu prüfen und zu unterschreiben, wenn die Genehmigung vorliegt.
Bei den Kommunen zum Beispiel?
Michael Raschemann: Bei den Genehmigungsbehörden. Da müsste es einen hohen Digitalisierungsgrad im Genehmigungsverfahren geben, sodass weniger Personal benötigt wird.
500 Kilowatt: Windenergieanlagen mit dieser Leistung gehörten 1997, als Energiequelle gegründet wurde, zur Königsklasse.
Ihr seid nicht nur in Deutschland aktiv. Wie sind denn deine Erfahrungen im Ausland?
Michael Raschemann: Also, wir sind jetzt insgesamt in sechs Ländern vertreten. Deutschland als Kernmarkt, Frankreich war unser zweites ausländisches Gebiet, dann kam Finnland dazu, Polen, Griechenland, Südafrika. Beeindruckt bin ich vor allem von Finnland, wie die Verwaltung arbeitet, wie sachlich und progressiv man sich allen Herausforderungen widmet. Das wünschte ich mir ein Stückchen mehr in Deutschland. In Frankreich, da sind ganz stark Emotionen im Spiel – Windenergie und Franzosen haben immer noch nicht so perfekt zueinandergefunden. Polens Energiestrategie ist heute Kernenergie und Erneuerbare. Immerhin stehen schon mal Erneuerbare mit in den Zielen. Polen ist Nachbarland für uns Brandenburger – und sehr schnell erreichbar. Da wäre es fatal, wenn wir uns da nicht bemühen würden. Und jetzt sind wir noch in Südafrika aktiv. Da geht es eher um Großvorhaben und die Frage: Wer ist denn mein Energieabnehmer?
Sind das dann Power Purchase Agreements, PPAs?
Michael Raschemann: Ja, wir reden jetzt nur über PPAs. Es gibt ja, außer in Deutschland, Frankreich und Polen, zwar auch ein paar Gesetze mit Vergütungsregelungen, aber oft gibt es nur PPAs. Jeder Markt hat seine eigene Reife, seine eigene Geschwindigkeit und auch seine eigene Kundennähe.
Ihr wachst, ihr braucht neue Mitarbeiter. Ist es schwierig, die zu finden?
Michael Raschemann: Ich freue mich, dass wir trotz allem einen guten Zulauf haben. Ich freue mich, dass wir ein sehr leistungsstarkes HR-Team haben, das transportieren kann, was Energiequelle ausmacht, auch in Bewerbungsgesprächen. Und wir haben ein telefonisches Gespräch, eine Videokonferenz und ein persönliches Treffen. Diese Dreistufigkeit gibt uns die Möglichkeit, die Chemie, die bei Energiequelle herrscht, so gut zu vermitteln, dass es einerseits der Wahrheit entspricht, andererseits bei den Bewerbenden aber auch dazu führt, dass sie sagen: Glaube ich gar nicht, dass es so gut sein kann. Und je länger sie dann an Bord sind, merken sie, dass es keine Bewerberkulisse war, sondern wirklich so ist.
Viele arbeiten heute nicht nur, um Geld zu verdienen, sondern sie wollen auch das Gefühl haben, dass sie etwas Gutes tun.
Michael Raschemann: Es ist eine ganz große Sinnsuche, finde ich, insbesondere bei den Jüngeren zu sehen. Und sie wollen eine gute Balance zwischen Arbeit und Familie gewahrt wissen. Im Arbeitsprozess wollen sie etwas schaffen, worauf sie stolz sind, auch für ihre Kinder. Was Mama und Papa täglich machen, ist in den Familien ganz wichtig. Daher ist dieses Sinnstiftende eine ganz wichtige Voraussetzung, um heute gute Leute an Bord zu holen und lange zu halten.
In welchem Bereich sucht ihr Mitarbeiter?
Michael Raschemann: Wir suchen alles. Das fängt bei den klassischen Projekttätigkeiten an, vom Akquisiteur über den Projektentwickler bis hin zum Projektleiter. Aber wir suchen auch im Bereich Betriebsführung, im technischen wie im kaufmännischen Zusammenhang, bis hin zu Rechnungswesen, Finanzierung, Vertrieb, aber auch Marketing, IT und HR – also die ganze Bandbreite.