Der TÜV Rheinland hat ein spezielles Programm entwickelt, um Wasserstoff zu zertifizieren. Dabei geht es weniger um die Prüfung der Sicherheit von Produktionsanlagen selbst, sondern um die Zertifizierung des Produkts. Denn je nach Herkunft und eingesetzter Energie wird der Wasserstoff als grün, türkis oder blau klassifiziert. Entscheidend ist dabei, welche Stromerzeuger eingesetzt werden, um die Elektrolyseure für die Produktion des Wasserstoffs zu betreiben.
Gesamte Lieferkette im Blick
Damit Wasserstoff als klimaneutral bezeichnet werden darf, muss er in der Lieferkette frei von CO2-Lasten sein. „Ist das Herstellungsverfahren dabei eine Elektrolyse von Wasser und wird für diese Elektrolyse ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien verwendet, darf das Produkt als grüner Wasserstoff ausgezeichnet werden”, erklärt Norbert Heidelmann. Er ist beim TÜV Rheinland mit seinem Team verantwortlich für die Zertifizierung von Wasserstoff.
Doch der Ansatz zeigt schon, dass es ist nicht nur der Einsatz von Ökostrom ist, der Wasserstoff zu grünem Wasserstoff machen. Vielmehr nehmen die Kölner Prüfer die gesamte Lieferkette in den Blick. Denn entlang dieser gesamten Wasserstofflieferkette gebe es Möglichkeiten, den CO2-Gehalt gering zu halten oder zu kompensieren, beschreiben sie ihren Ansatz, bei der Zertifizierung den Gestehungsprozess vom Anfang bis zur Anwendung zu betrachten.
Transport und Verwendung entscheiden mit
Zu diesem Gestehungsprozess zählen neben den verschiedenen Herstellungsarten wie Elektrolyse, Dampfreformierung oder Chlor-Alkali-Verfahren, auch die der Transport. Hier geht es darum, um das Gas über Leitungen oder mittels Fahrzeugen wie Schiffen und Lkw in Wasserstofftanks transportiert wird. Denn auch dieser Transport muss möglichst ohne CO2-Ausstoß funktionieren, sei es durch den Einsatz von Ökostrom zum Betrieb von Pumpen, um den Wasserstoff durch die Gasleitungen zu drücken. Auch der Einsatz von Diesel für Schiffs- oder Lkw-Motoren fließt in die Bewertung ein. Die Prüfer betrachten bei der Zertifizierung aber auch den Einsatz des Wasserstoffs. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, oder er für die Mobilität genutzt wird oder energieintensive Produktionsprozesse dekarbonisiert oder als Speicher für überschüssigen Photovoltaik- und Windstrom genutzt wird und im letzten Falle wieder zur Stromproduktion in wind- und sonnenschwachen Zeiten eingesetzt werden kann.
Produktion regelmäßig überwachen
Zur Dokumentation der Zertifizierungen vergibt TÜV Rheinland verschiedene Prüfzeichen. Diese weisen den Umfang der erfolgreichen Überprüfungen aus und werden jährlich durch Folgeprüfungen überwacht, um ihre Gültigkeit zu behalten. Die Basisvariante ist dabei „Klimaneutraler Wasserstoff” und „Regelmäßige Überwachung”. Hier bewerten die Kölner Experten die Klimaneutralität des Herstellungsverfahren des Wasserstoffs durch die Elektrolyse von Wasser. Zentrales Kriterium ist dabei der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien. Nur wenn ausschließlich Ökostrom verwendet wird, kann das Produkt grüner Wasserstoff werden, was mit einem Prüfzeichen gekennzeichnet wird.
Kriterien für blauen Wasserstoff
Das Prüfzeichen „Blauer Wasserstoff” vergeben die Fachleute vom TÜV Rheinland, wenn in der Produktion fossil erzeugter Strom verwendet wird. Voraussetzung ist hier aber, dass das dabei entstehende CO2 langfristig sicher eingelagert wird, etwa durch das Carbon Capture and Storage – CCS. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, den klimaneutralen Wasserstoff mit den Anforderungen von erneuerbaren Energieträgern in der zukunftsweisenden Renewable Energy Directive EU 2018/2001 („RED II“) zu bewerten.
Klare Zuordnung ermöglichen
Die Kölner Prüfer sehen in ihrem Zertifizierungsprogamm eine Möglichkeit, zum einen den Wasserstoff zu dekarbonisieren und dem Nutzer die Möglichkeit zu geben, sich möglichst für klimaneutralen Wasserstoff zu entscheiden. „Mit der freiwilligen unabhängigen Überprüfung und Zertifizierung durch unsere Fachleute dokumentieren Unternehmen innerhalb der Wasserstoffwirtschaft glaubwürdig die Möglichkeiten einer Energieversorgung mit umweltschonenden Produkten”, erklärt Norbert Heidelmann. „Das wird nach unserer Erfahrung künftig zunehmend Wettbewerbsvorteile bringen und das Vertrauen bei Geschäftspartnern erhöhen”, ist er sich sicher. (su)
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