Mit dem EEG 2042 waren sie schon vor vier Jahren der heutigen Zeit weit voraus. Dieser Vorschlag zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2012 mit dem weit in die Zukunft weisenden Namen war ein wohlüberlegter Vorstoß der Gründer und Geschäftsführer von GP JOULE, Ove Petersen und Heinrich Gärtner. Durch die Bundesregierung fand er damals keine Berücksichtigung. Dabei steckt dahinter ein so transparentes, wirkungsvolles und einfaches Konzept, wie es vielleicht nur von dem nordfriesischen Unternehmen aus Reußenköge kommen kann.
Die Idee: Das EEG garantiert vom ersten Tag der Reform an bis zum Jahr 2042 eine EEG-Vergütung für alle in diesem Zeitraum neu ans Netz gehenden EEG-Anlagen. 2042 wäre also das letzte Jahr jeglicher EEG-Vergütung gewesen, unabhängig vom Zeitpunkt der Installation der Neuanlage. Diese Jahreszahl gab dem Modell seinen Namen – auch weil es im Wortsinne vom Ende her gedacht war. Alle EEG-Technologien – ob Biomasseverstromung, Photovoltaik, Windenergie auf See oder an Land – hätten mit zwölf Cent pro Kilowattstunde (kWh) eine einheitliche Vergütung erhalten.
Die Degression der Vergütung hätte sich aus dem Installationsjahr und der daraus folgenden Förderdauer ergeben: Den 2017 ans Netz gehenden Projekten etwa hätte das EEG 2042 noch 25 Jahre Vergütung beschert. 2022 hätte das EEG 2042 noch 20 Förderjahre gewährt. Mit weiterer Reduzierung der Förderzeit bis 2042 auf ein Jahr oder weniger hätte das Modell von GP JOULE eine durchschnittliche kWh-Vergütung von sechs Cent für 30 Jahre oder zwölf Cent für 15 Jahre bewirkt – im Vergleich zu den damals noch geltenden Vergütungssätzen eine deutliche Reduktion. Es hätte den Wettbewerb zwischen Erneuerbaren-Technologien und Innovationen zur Senkung der Erzeugungskosten befördert, das Ausbautempo der Erneuerbaren hoch gehalten und Vorzieheffekte vermieden.
Heute arbeiten 170 Mitarbeiter am Hauptsitz Reußenköge oder an weiteren Standorten in Deutschland und Nordamerika. Die Innovationskraft des Unternehmens ist prägend: Es stützt seine Identität auch auf konkrete, modulare und skalierbare Entwicklungen zur Umsetzung der Energiewende.
Stromlückenfüller in Wärmesenken
Dazu gehört nicht zuletzt der Stromlückenfüller: Binnen knapp drei Jahren haben die Entwickler von GP JOULE und von H-Tec Systems, einer GP-Joule-Tochterfirma und Herstellerin von PEM-Elektrolyse-Stacks, dieses System mit einem 200-Kilowatt-PEM-Elektrolyseur entwickelt, errichtet und im Mai 2015 in Betrieb genommen. Es wandelt überschüssigen Wind- und Solarstrom in Wasserstoff um, der in Tanks gespeichert werden kann. Wenn umgekehrt Wind und Sonne zu wenig Strom liefern, lässt sich der Wasserstoff über das Blockheizkraftwerk einer angekoppelten Biogasanlage dem Biogas beimischen und so zurückverstromen. Die Prozesswärme aus der Elektrolyse speist der Stromlückenfüller in das Wärmenetz der Biogasanlage ein. Derzeit entwickelt GP JOULE mit H-Tec Systems einen Elektrolyse-Stack der Megawatt-Klasse. Er soll auf kompaktestem Raum große Mengen Wasserstoff erzeugen lassen – kostengünstig.
Dies eröffnet neue Vermarktungs- und Erlöspotenziale etwa für Windkraftanlagen, deren EEG-Vergütungszeitraum zeitnah ausläuft. Zudem ermöglicht der Wasserstoff einen Einstieg in die Nutzung der gesamten Wertschöpfungskette der Erneuerbaren. GP JOULE plant bereits das nächste Leuchtturmprojekt. Fünf Power-to-Gas-Anlagen sollen entlang der Westküste in Nordfriesland an Wärmesenken errichtet werden. Sie sollen überschüssigen Windstrom in H2, also molekularen Wasserstoff, umwandeln und die Abwärme ins jeweilige Wärmenetz einspeisen. Der Wasserstoff soll anschließend an zwei Tankstellen an brennstoffzellenbetriebene öffentliche Busse abgegeben werden.
Stetige Entwicklung innovativer Konzepte
Dass die Macher bei GP JOULE in der Mobilität enormes Potenzial für zusätzliche Wertschöpfung aus der Energie von Wind und Sonne sehen, beweist auch GP JOULE Connect: Durch bedarfsgerechten Aufbau und intelligente Vernetzung von Lade-Infrastruktur in Verbindung mit einem Stromtarif, der die Verfügbarkeit von 100 Prozent Erneuerbaren garantiert, will GP JOULE Unternehmen, Behörden und Kommunen den Umstieg auf eine klimafreundliche Mobilität leicht machen.
Keine Überraschung ist dann, dass auch der Verein Watt 2.0 mit auf GP JOULE zurückgeht. Ove Petersen war 2011 an dessen Gründung beteiligt und ist heute Vorstandsvorsitzender. Watt 2.0 versteht sich als sektorenübergreifender Verband von Unternehmen und anderen Organisationen, die den Schritt von der reinen Strom- zur echten Energiewende voranbringen wollen. Dies soll über die stetige Entwicklung innovativer Konzepte und Geschäftsmodelle, Vernetzung und Werben für integratives Denken im Dialog mit der Politik geschehen.
Der Verband initiiert deshalb Diskussionsplattformen wie im Frühjahr 2016 während der Messe New Energy in Husum. Dort wurde ein brandneues Konzept der Landesregierung in Kiel diskutiert: das Konzept der „Zuschaltbaren Lasten“.
Demnach sollte die Bundesregierung ein Ausschreibungssystem für überschüssigen, nicht ins Stromnetz integrierbaren Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen ermöglichen. Bei Netzengpässen lässt sich dieser Strom ersteigern. Berechtigt sind Betreiber von wärmeerzeugenden Bestandsanlagen der Kraft-Wärme-Kopplung sowie von Power-to- X-Anlagen zur Umwandlung von Windstrom in Gas oder andere Energieformen. Die Betreiber oder Bieter verpflichten sich zu deren Abnahme zu Preisen zwischen 0 Cent und höchstens dem Börsenstrompreis. Die Erlöse der Auktionen kommen dem Umlagekonto der Netzentgelte zugute, um diese zu senken. Im Gegenzug müssen für die über zuschaltbare Lasten bezogenen Strommengen keine Letztverbraucherabgaben entrichtet werden. Watt 2.0 und GP JOULE haben sich im Schulterschluss mit der Landesregierung massiv dafür eingesetzt, dass diese Regelung trotz der großen Bedenken des Bundeswirtschaftsministeriums zumindest in größeren Teilen Eingang in das EEG 2016 fand.
Zumindest vornedran waren Petersen und Gärtner, als sie sich 2003 zusammen für einen Einstieg in die Photovoltaik (PV) entschieden. Sie hatten sich während ihres Studiums der Agrarwissenschaft in Weihenstephan kennengelernt. 2003 bis 2005 planten und errichteten beide je eine Dünnschicht-PV-Freiflächenanlage in der Nähe ihrer Höfe. So entstanden zuerst an Gärtners Hof im bayerischen Buttenwiesen und dann in Reußenköge die damals größten Anlagen ihrer Art mit je einem Megawattpeak Leistung.
Energie als Firmen-DNA
2009 gründeten Gärtner und Petersen GP JOULE: Hierbei stehen die Initialen ihrer Familiennamen dem Namen jenes britischen Forschers voran, der für die physikalische Einheit von Energie, Arbeit und Wärmemenge steht. Die Namensgebung verkörpert so etwas wie die DNA des Unternehmens: Es soll innovativer Partner für alle Bereiche und Wertschöpfungsstufen der Erneuerbaren sein. (Tilman Weber)
GP JOULE
Mutterhaus in Reußenköge in Nordfriesland
Vier Standorte in Deutschland
Mitarbeiter: 170
Referenzen: 533 Megawatt (MW) Erneuerbare errichtet.
Betriebsführung: 93 MW Windkraft, 450 MW PV, Vernetzung von 100 Haushalten über Fernwärme und Biomasse-Projekte, Power-to-Gas
Spezialgebiete: Vermarktung von Solaranlagen, Bau von PV-Gewächshäuser oder
Elektrolyseuren,
Fortbildungen