Bayern hat große Ziele. Bis 2030 soll der Ausbau der Ökostromkapazitäten weiter vorangetrieben werden. Diese sollen am Ende des Jahrzehnts immerhin 78 Terawattstunden Strom erzeugen – eine Verdopplung im Vergleich zum Jahresbeginn 2023. Dabei sollen vor allem die volatilen Stromerzeuger Photovoltaik und Windkraft eine große Rolle spielen. Schließlich sollen die dann installierten Solaranlagen mit 40 Terawattstunden mehr als die Hälfte des Ökostroms im Freistaat liefern. Zum Vergleich: Der Bruttostromverbrauch in Bayern lag 2023 bei gut 81,5 Terawattstunden.
Damit würden die Erneuerbaren fast die gesamte Stromerzeugung decken, vor allem mit volatil produzierenden Technologien. Ohne Speicher wird das nicht gehen. Vor allem um die Dienstleistungen für die Netzstabilisierung abdecken zu können, sind große Batteriespeicher notwendig.
Übertragungsnetz mit Boostern
Die Netzsparte von Bayernwerk hat darauf reagiert und ein Geschäftsmodell entwickelt, wie solche Dienstleistungen in Zukunft mittels Batteriespeichern bereitgestellt werden können. Es geht dabei nicht um die großen Übertragungsnetze, sondern um die darunter liegenden Netzebenen.
Denn dort sind die Speicher noch relevanter, vor allem weil in diesen Netzebenen die volatil einspeisenden Anlagen angeschlossen sind. „Die Übertragungsnetzbetreiber setzen sogenannte Netzbooster ein, welche erst im Fehlerfall reaktiv in Anspruch genommen werden“, erklärt Michael Bartels, Unternehmenssprecher bei Bayernwerk. „Kommt es zu einer Störung und einer Überschreitung definierter Grenzwerte, können die Netzbooster durch das zeitgleiche Laden und Entladen der Speicher an verschiedenen Standorten kurzfristig für Entlastung sorgen.“
Speichervolumen ausgeschrieben
Die netzdienlichen Speicher im Verteilnetz hingegen unterscheiden sich in der Betriebsweise von den Systemen im Übertragungsnetz, betont Michael Bartels. „Der Stand-alone-Speicher kann unter Einhaltung der vorgegebenen Betriebsbereiche frei über seinen Fahrplan entscheiden und entlastet durch das gezielte Ein- und Ausspeichern dauerhaft und präventiv das Netz“, beschreibt er den Ansatz.
Um die notwendigen Speicherkapazitäten zu erhalten, investiert das Bayernwerk nicht selbst in die Systeme. Vielmehr reizen sie den Bau von Batteriespeichern durch eine Ausschreibung an. Dabei handelt es sich um reine Netzspeicher, die ohne eine Solar- oder Windkraftanlage errichtet werden. Dennoch sind sie dafür zuständig, die notwendige Flexibilität zu bieten, um mehr erneuerbaren Strom ins Netz integrieren zu können.
Grundsätzlich müssen der Speicher und der Netzanschluss nach dem heutigen Stand der Technik errichtet und betrieben werden. „Wir setzen die Einhaltung der üblichen Anschlussbedingungen voraus“, betont Michael Bartels. „Als Netzbetreiber geben wir die Betriebsweise des Speichers vor“, erklärt er den Unterschied zu den herkömmlichen Netzspeicherprojekten. Das Ziel ist, regionale und temporäre Netzengpässe durch die Einspeisung von Ökostrom aufzulösen.
Netzausbau minimieren
Refinanziert wird der Speicher unter anderem über das Dienstleistungsentgelt, das im Rahmen der Ausschreibung bestimmt wird. Der andere Bestandteil, mit dem die Projekte ihre Wirtschaftlichkeit erreichen, ist der übliche Arbitragehandel. „Der Speicherbetreiber muss unter Berücksichtigung der vorgegebenen netzdienlichen Betriebsweise die Leistung und Arbeit auf den Strommärkten veräußern oder kaufen“, sagt der Bayernwerk-Sprecher. „Das ist der sogenannte Dual Use. Die Verantwortung für die Beschaffung und den Verkauf der erforderlichen Energiemenge liegt in den Händen des Betreibers der Speicheranlage. Bayernwerk Netz handelt keine Energiemengen, aber definiert mit Blick auf die technische Wirkung die Betriebsweise des Speichers.“
Neben dem Energiemengenhandel und dem durch die Ausschreibung bestimmten Dienstleistungsentgelt können die Betreiber noch weitere Erlösquellen erschließen, die zur Refinanzierung des Speichers beitragen. Voraussetzung ist aber, dass die über die Ausschreibung festgesetzten Dienstleistungen jederzeit erbracht werden können.
Erste Erfahrungen sammeln
Auf diese Weise will Bayernwerk das vorhandene Netz intelligenter betreiben. „Durch die vorgegebene Betriebsweise wird der Speicher eine geplante Netzbaumaßnahme ersetzen und so unter dem Strich die Kosten der regionalen Netzentwicklung spürbar reduzieren“, erklärt Bayernwerk-Geschäftsführer Egon Leo Westphal. Entsprechend werden in Zukunft auch die Standorte für solche Speicher festgelegt. „Dies sind in der Regel Regionen, in denen aufgrund der vorhandenen hohen sowie, resultierend aus dem weiteren Zubau erneuerbarer Energien, steigenden Einspeisung aus Ökostromanlagen Netzausbaumaßnahmen erforderlich sind“, erklärt Michael Bartels.
Dazu sammelt das Unternehmen jetzt erste Erfahrungen. Denn die erste Ausschreibung von Speicherdienstleistungen am Verteilnetz ist im Januar 2025 gestartet. Hierbei geht es um eine Anlage, die in Wutzldorf, einem Ortsteil von Wald in der Oberpfalz, nordöstlich von Regensburg gebaut werden soll.
Für die Anlage im Landkreis Cham hat Bayernwerk konkrete Leistungs- und Speicherkapazitäten vorgegeben. So muss der Speicher fünf Megawatt leisten. Am Standort müssen 20 Megawattstunden Kapazität errichtet werden. Mit diesem Speicher in der Oberpfalz will der Netzbetreiber die Erfahrungen bei der Ausschreibung nutzen und weitere geeignete Standorte für die Errichtung netzdienlicher Speicher identifizieren und ausschreiben, stellt Michael Bartels in Aussicht.
Um die Netzqualität zu verbessern und um Netzausbaukosten zu senken, sind Speicher und Flexibilitäten im Energiesystem der Zukunft erforderlich.
Weitere Speicher vorgesehen
Wie viele Speicher notwendig sind, ist derzeit noch nicht klar. Das soll im Rahmen des ersten Projekts genauso geklärt werden wie die Höhe der Einsparungen beim Netzausbau, die durch die zusätzliche Flexibilität möglich sind. Dies ist natürlich von Standort zu Standort verschieden.
Entsprechend müsse individuell geprüft werden, inwiefern eine Netzausbaumaßnahme durch den Einsatz eines Speichers kompensiert oder verschoben werden könne, wie es Michael Bartels ausdrückt. Grundsätzlich ist der Netzbetreiber aber bestrebt, in Abhängigkeit der Erkenntnisse aus der ersten Ausschreibung weitere netzdienliche Speicher und Flexibilitäten in das Netz bedarfsgerecht zu integrieren. „Die zeitliche Gestaltung orientiert sich an gesetzlichen, marktlichen sowie technischen Gegebenheiten und Weiterentwicklungen“, erklärt Bartels.
Mit der Netzagentur abgestimmt
Das Ausschreibungsdesign wurde auf Basis des Paragrafen 11a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) entwickelt und von der Bundesnetzagentur freigegeben. „Die Bestätigung der Bundesnetzagentur zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind und dass unsere Bemühungen zur Integration von Energiespeichern in das Verteilnetz anerkannt werden“, sagt Philipp Bühner, Projektleiter bei Bayernwerk Netz. „Besonders hervorzuheben sind die enge Kooperation und der konstruktive Austausch mit der Behörde, um die Methodik für die regulatorische Anerkennung von Kosten zu bestimmen.“
Denn das EnWG setzt bei der Preisgestaltung Grenzen. So müssen die Dienstleistungsentgelte angemessen sein. Die Kosten dürfen nicht höher sein, als wenn der Netzbetreiber den Speicher selbst errichten und betreiben würde. Nur dann darf der Netzbetreiber den Speicherbetrieb an Dritte weitergeben und muss die Höchstwerte entsprechend anlegen. Dies hat Bayernwerk erreicht. Im März 2025 ist die Ausschreibung beendet. W
7 Gigawattstunden zusätzliche Speicherkapazität in Deutschland mit Systemen mit einer Leistung von jeweils mehr als einem Megawatt sind bereits angekündigt. Eine Befragung nur der Übertragungsnetzbetreiber hat einen Wert von 160 Gigawatt an Leistung ergeben, die von den Projektierern derzeit geplant werden.