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Neue Regeln für die Energiewende auf dem Wasser

Die Energiewende erreicht die Binnengewässer: Während Offshore schon längst Windparks entstehen und grünen Strom produzieren, werden nun auch Seen für die Energiewende nutzbar gemacht. Dabei geht es um schwimmende Solaranlagen, die auf dem Wasser errichtet werden. Die technischen Vorzüge lassen die Anlagen attraktiv erscheinen: Die Nutzung von Wasserflächen vermindert den Flächenverbrauch auf Land und kann damit – auf einem anderen Weg als etwa die Agri-PV – den Konflikt mit der Flächennutzung für die Landwirtschaft entschärfen. Auch die Kühlung der Module lässt sich auf dem Wasser durch Verdunstungskälte leichter bewerkstelligen, was den Wirkungsgrad steigern kann. Werden die Anlagen etwa auf einem Stausee errichtet, ist zudem häufig die Infrastruktur für die Stromführung vorhanden und muss nicht erst errichtet werden, wodurch Synergien entstehen.

Daher überrascht es nicht, dass die ersten schwimmenden Anlagen bereits in Betrieb sind – zum Beispiel in Haltern am See in Nordrhein-Westfalen oder auf dem Baggersee eines Kieswerks nahe Weeze am Niederrhein. Die Technik ist auch in den Fokus der Ampelkoalition in Berlin gerückt, die sich der Floating-PV im aktuellen Erneuerbaren-Energien-Gesetzespaket in zweierlei Hinsicht annimmt. So soll der Ausbau gefördert werden – dies aber bei möglichst geringen negativen Auswirkungen auf die Gewässerökologie:

Zum einen wird zum 01.01.2023 das EEG geändert. Schwimmende Solaranlagen können ab dann an den Ausschreibungen des ersten Segments teilnehmen. Sie werden damit aus den Innovationsausschreibungen herausgenommen und in die „klassische“ PV-Ausschreibung integriert. Der Gesetzgeber will den Anlagen damit eine „dauerhafte Perspektive“ verschaffen, wie es in der Gesetzesbegründung heißt. Weil jedoch die gewässerökologischen Auswirkungen der Technik noch weitgehend unbekannt sind, beschränkt das EEG die Förderung auf Anlagen in künstlichen oder erheblich veränderten Gewässern. Anlagen in natürlichen, ökologisch höherwertigen Gewässern sind weiterhin nicht förderfähig.

Diese Beschränkung verankert der Gesetzgeber vom 01.01.2023 an darüber hinaus noch in einer weiteren Vorschrift – nämlich im Wasserhaushaltsgesetz (WHG). Dort regelt er künftig allgemeinverbindlich, dass Floating-PV nur auf künstlichen oder „durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderten“ Gewässern errichtet werden darf. Diese Formulierung stammt ursprünglich aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Das Ziel ist, Floating-PV nur auf solchen Gewässern zuzulassen, die aufgrund menschlicher Eingriffe eine verminderte ökologische Wertigkeit besitzen. Für diese Anlagen kommen somit zum Beispiel Baggerseen, ehemalige Sandgruben oder Stauseen in Frage. Der Abstand der Anlage zum Ufer muss zudem mindestens 40 Meter betragen und sie darf maximal 15 Prozent der Gewässeroberfläche bedecken.

Werden die Vorgaben nicht eingehalten, darf nicht gebaut werden. Während des Gesetzgebungsverfahrens sind die Regeln dabei noch minimal entschärft worden. Ursprünglich war vorgesehen, dass Floating-PV-Anlagen einen Abstand von 50 Metern vom Ufer einhalten müssen. Allerdings lassen die gesetzlichen Regelungen mit ihren unbestimmten Formulierungen einiges an Interpretationsspielraum:

Wann zum Beispiel in ein Gewässer so stark durch den Menschen eingegriffen wurde, dass von einem „erheblich veränderten Gewässer“ gesprochen werden kann, ist bis dato rechtlich noch weitgehend ungeklärt. Diese Frage wird jedoch künftig über die Förderfähigkeit und Zulässigkeit der Floating-PV entscheiden. Es gilt dann: Jedes Gewässer ist zunächst einmal daraufhin zu überprüfen, ob es die Voraussetzungen für die Errichtung und Förderung von Floating-PV erfüllt. Meinungsverschiedenheiten sind hier leider aufgrund des recht „fluiden“ neuen Gesetzeswortlautes vorprogrammiert. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist aus rechtlicher Sicht, ob das Gewässer seinen ursprünglichen natürlichen Charakter noch weitgehend bewahrt hat oder schon starken menschlichen Einflüssen durch Bewirtschaftung ausgesetzt war.

Autor: Tobias Roß ist Rechtsanwalt in der auf öffentliches Recht spezialisierten Kanzlei DOMBERT Rechtsanwälte. Vom Düsseldorfer Büro berät er vornehmlich Mandanten in rechtlichen Fragen der erneuerbaren Energien mit Schwerpunkten im Planungs- und Umweltrecht.

Tobias Roß ist Rechtsanwalt in der auf öffentliches Recht spezialisierten Kanzlei DOMBERT Rechtsanwälte.

DOMBERT

Tobias Roß ist Rechtsanwalt in der auf öffentliches Recht spezialisierten Kanzlei DOMBERT Rechtsanwälte.