Lange warteten Anbieter für erneuerbare Energien auf den gesetzlichen Vorschlag der Europäischen Kommission, der das aktuelle Strommarktdesign reformieren soll. Am 15. März 2023 war es dann soweit. Änderungen des Marktdesigns für erneuerbare Energiequellen sowie eine gesicherte Erzeugungsleistung sind Teil des Vorschlags – insbesondere wird dabei dem bisher wenig beachteten Aspekt der Energiespeicherung und der damit verbundenen Flexibilität Aufmerksamkeit geschenkt. Damit zeigt die EU-Kommission, dass Großbatteriespeicher das europäische Energiesystem von morgen maßgeblich mitbestimmen muss und setzt ein klares Zeichen. Denn diese leisten einen wichtigen Beitrag, um etwa extreme Preisschwankungen oder Energiepreisspitzen am Markt zu reduzieren.
Speicherausbau Schritt für Schritt
Mit dem Vorschlag ergänzt die Europäische Kommission die bestehenden EU-Strombinnenmarktverordnung 2019/943 und die Strombinnenmarktrichtlinie 2019/944. Die vorgeschlagenen Änderungen für Speicher sollen in der Strombinnenmarktverordnung verankert werden. Das ist ein starkes Signal für die Entwicklung von Großbatteriespeichern in Europa – verbindliche Ziele, die den Speicherausbau vorantreiben sollen sowie mögliche Tools, die die Erreichung der Ziele ermöglicht, ergänzen die Forderungen.
Die Verbindlichkeit zur Zielerreichung ist eine maßgebliche Voraussetzung, Prognosen in Form von Zahlen reichen nicht aus. Die deutsche Bundesnetzagentur sieht für Deutschland etwa vor, dass bis 2037 der Speicherausbau für PV-Batteriespeichern bei 67,4 GW liegen muss und eine Leistung von Großbatteriespeichern in Höhe von 23,7 bis 54,5 GW benötigt wird. Klar ist, dass nun Verantwortlichkeiten und insbesondere Maßnahmen bestimmt werden müssen, um die Ziele zu erreichen.
Hürden und Stolpersteine: Deutschlands Verantwortung
Die aktuellen regulatorischen Bedingungen hemmen den Ausbau von Großbatteriespeichern in Deutschland enorm. Wird hier nicht schnell genug gehandelt, wird Deutschland seine Ziele nicht erreichen. Viele Jahre wurden Speicher unausreichend thematisiert, jetzt erkennt vor allem die Bundesnetzagentur die Relevanz von Speichern für ein flexibles, zuverlässiges und nachhaltiges Energiesystem an. Der aktuelle Vorschlag hat noch einmal deutlich die Augen geöffnet und wichtige Fragen gestellt, so beispielsweise die Frage nach der Strategie zur Zielerreichung oder nach den expliziten Maßnahmen.
Jetzt heißt es, der Verantwortung nachzugehen und entsprechende Schritte einzuleiten. So wäre eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Gesetzgeber und der Bundesnetzagentur förderlich, um vorhandene Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, die den großgedachten Ausbau von Speichern behindern. Beispiel für solche Stolpersteine ist der Baukostenzuschuss, der in Deutschland den Ausbau massiv einschränkt. Zudem läuft die Übergangsregelung zur Netzentgeltbefreiung von Batteriespeichern zum Jahr 2026 aus. Kommt es zu keiner Folgeregelung, wird der Ausbau von Speichern in Deutschland endgültig ins Stocken geraten. Ein Thema, das keine Zeit hat für Aufschub, eine Folgeregelung muss her.
Europarecht für Strommarktdesign
Der Vorschlag der Europäischen Kommission fordert alle Mitgliedstaaten auf, die verbindlichen Ziele für einen erfolgreichen Speicherausbau zu erreichen. Jedoch bietet der Vorschlag auch einen großen Handlungsspielraum, wie sie diese Ziele erreichen. Kommen die Mitgliedsstaaten der Forderung nicht nach, ist klar definiert, dass zusätzliche Förderungen nötig sein werden. Klar ernanntes Ziel ist also das Gelingen des Speicherausbaus.
Es ist erfreulich zu sehen, dass die Europäische Kommission zusätzliche Verbindlichkeit fordert. Das schafft den nötigen Druck auf nationaler Ebene, um die vorhandenen Hürden, die einen Speicherausbau hemmen, zu minimieren. Denn auch mit weniger werdenden Stolpersteinen ist das Ziel nicht leicht zu erreichen – bis 2037 sind nämlich 67,4 GW PV-Heimspeicher und mindestens 23,7 GW Großbatteriespeicher geplant. Klar ist: Der Vorschlag setzt zwar ein richtiges Signal, aber erst wenn dieser auch auf politischer Ebene angenommen wird und ein geltendes Europarecht entsteht, werden Großbatteriespeicher als Teil des künftigen Strommarktes den besten Impact haben können. (nw)
Autor: Benedikt Deuchert ist Head of Business Development & Regulatory Affairs bei Kyon Energy, einem der führenden Projektierer für Batteriegroßspeicher in Deutschland.