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Schwarz-rot-grünes Investitionspaket mit Klimasegment

Schon am frühen Freitagnachmittag meldeten sich die Fraktionsführungen der drei Verhandlungspartner, um den kurz davor festgezurrten Kompromiss vorzustellen. Demnach werden die Koalitionäre in spe zusammen mit der Grünenfraktion am Dienstag noch in der Zusammensetzung des abgewählten Bundestages ein so genanntes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur verabschieden. Dieser Topf wird von der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse ausgenommen sein, wozu die Verhandlungspartner mit der für diese Verfassungsänderung notwendigen parlamentarischen Zweidrittelmehrheit grünes Licht geben wollen. Das Sondervermögen wird sich auf einen Ausgabezeitraum von zwölf statt wie ursprünglich von CDU/CSU und SPD geplant zehn Jahren beziehen.

Insbesondere verhandelten die Grünen aber den Klimaschutz als zweiten Bereich in das Finanzierungspaket hinein, der einen festen 100-Milliarden-Euro zugesichert bekommt. Bisher hatten die Koalitionsunterhändler für Schwarz-Rot, wie das neue Regierungsbündnis gemäß den Parteifarben heißen wird, nur 100 Milliarden Euro aus dem neuen schuldenfinanzierten Investitionsbudget für die Bundesländer vorgesehen. Nun schneiden sie zusammen mit den Grünen bildhaft ein zweites 100-Milliarden-Stück aus der Torte. Damit sollen nun Investitionen für Klimaschutz und für den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft zusätzliche Mittel bekommen. Wichtig ist die Definition, dass die Ausgaben zusätzlich zu den sonst im jährlichen Bundeshaushalt finanzierten Investitionen erfolgen. Dass das neue Sondervermögen nur „zusätzliche und nicht bereits geplante Vorhaben“ stemmen darf, ist ebenfalls ein von den Grünen neu in das Paket hineinverhandelndes Kriterium.

Wie sich diese Zusätzlichkeit künftig messen lassen wird, bleibt abzuwarten. Doch sollen die klimapolitisch zugeordneten 100 Milliarden in den bestehenden Klima- und Transformationsfonds (KTF) der Bundesregierung fließen. Bisher speist sich der KTF aus einer Rücklage sowie aus Einnahmen durch den europäischen Emissionsrechtehandel zur Stromerzeugung zuzüglich der Einnahmen durch den nationalen Emissionsrechtehandel zum Treibhausgasausstoß im Verkehr und beim Heizen, also für das dort in die Umwelt gepustete Kohlendioxid (CO2). Aus dem KTF finanziert die Regierung bestimmte Klimaschutzmaßnahmen im Gebäudebereich mitsamt der Transformation der Wärmenetze, die Transformation der Industrie, Entlastungen und Förderungen für stromintensive Unternehmen und klimafreundliche Mobilität sowie den Hochlauf eines Marktes für grünen, mit Erneuerbare-Energien-Strom erzeugten Wasserstoff als flexibler CO2-freier Energieträger. Für 2025 waren im KTF gemäß Haushaltsentwurf des vergangenen Sommers jeweils noch rund 25 Milliarden Euro an Ausgaben und Einnahmen vorgesehen. Würden die 100 Milliarden gleichmäßig aufgeteilt auf die zwölf Jahre Laufzeit des Sondervermögens vollständig in den KTF einfließen, stünden nun also wohl weitere 8 Milliarden Euro im Jahr zur Verfügung.

Um die tatsächliche Verfügbarkeit der KTF-Mittel für künftig mehr Klimaschutzinvestitionen auch gegen wechselhafte politische Stimmungen und Mehrheiten abzusichern, haben die Verhandlungspartner noch zwei Sicherungen eingebaut: So soll das Grundgesetz das bestehende politische Ziel einer Klimaneutralität Deutschlands im Jahr 2045 als Ziel der Investitionen aus dem neuen Sondervermögen festschreiben. Außerdem wird Schwarz-Rot die Finanzierung der EEG-Umlage im Kernhaushalt belassen. Auch dafür sicherten sich die Grünen eine Zusage der künftigen Koalitionäre. Die EEG-Umlage finanziert Zuschüsse auf die Stromhandelspreise an die Erneuerbare-Energien-Anlagenbetreiber, wenn die auf den Elektrizitätsmärkten verkauften Kilowattstunden weniger Geld einbringen, als es die festgelegte Vergütungshöhe verlangt.

Friedrich Merz als CDU-Vorsitzender sowie wohl bald durch Kanzlerwahl im Bundestag erfolgreicher Spitzenkandidat von CDU und CSU, gab zugleich die Devise aus, dass die für die Bundesländer reservierten 100 Milliarden überwiegend die anstehende kommunale Wärme- und Energieplanung mitfinanzieren sollen.

Dass das neue Investitions- und Schuldenpaket aber die Mehrheitsverhältnisse des abgewählten Bundestags braucht, um mit Hilfe der Grünen eine Zweidrittel-Zustimmung für das Finanzierungsmanöver der neuen Regierung in spe zu bekommen, ist der zusätzlichen Aufhebung der Schuldenbremse für Verteidigungs- und Sicherheitsaufgaben geschuldet. So sollen künftig alle über ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – derzeit 45 Milliarden Euro – hinausgehenden Finanzierungen für Verteidigungs- und Sicherheitsaufgaben ebenfalls von der Schuldenbremse in unbegrenzter Höhe ausgenommen sein. Dazu zählen wie von den Grünen hineinverhandelt auch Unterstützungen für völkerrechtswidrig angegriffene Länder, für die Geheimdienste und die sogenannte Cybersicherheit. Ebenso sind den Ländern nun erstmals Neuverschuldungen für Investitionen in Höhe von 0,35 Prozent des BIP erlaubt. Im neuen Bundestag aber hätten AFD und die Partei Die Linke zusammen eine Sperrminorität von mehr als einem Drittel, mit der sie die unterm Strich drei notwendigen Grundgesetzänderungen blockieren könnten. Beide Fraktionen lehnen das Verschuldungs-, Investitions- und Rüstungs-Gesamtprogramm aber in unterschiedlichen Bereichen ab.  

Am Dienstag muss deshalb der alte Bundestag noch zustimmen, bevor eine Woche später erstmals der neue Bundestag zusammentreten wird. Dafür sollte an diesem Sonntag, im letzten Moment vor der Dienstags-Bundestagssitzung also, der Haushaltsausschuss den Gesetzentwurf abstimmen und empfehlen. Spannend wird es dann noch einmal wenige Tages später am Freitag, wenn auch der Bundesrat als Parlamentskammer der Länder noch zustimmen muss. Hier könnten noch Koalitionsregierungen der Länder die Zustimmung verweigern, denen weitere Oppositionsparteien angehören. Als unsicher gelten beispielsweise die Zustimmungen Thüringens und Brandenburgs mit Regierungsbeteiligungen des BSW oder Bayerns mit einer Regierungsbeteiligung der Freien Wähler.

Aus der Erneuerbare-Energien-Branche erfuhr die Einigung bereits am frühen Freitagnachmittag erste Zustimmung. So sagte die Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, der BEE begrüße die Einigung, auch weil nun der Weg für den Start der eigentlichen Koalitionsverhandlungen zu einer gewünschten handlungsfähigen Bundesregierung frei sei. Peter bezeichnete den Kompromiss als „wichtiger Baustein, auch, um notwendige Energiewende-Investitionen zu stemmen.“

Carolin Friedemann, Geschäftsführerin der Initiative Klimaneutrales Deutschland, begrüßte insbesondere den geplanten Einbezug der Klimaneutralität bis 2045 ins Grundgesetz als Schlüssel dafür, dass die neue Regierung sich sehr schnell dem Klimaschutz wieder annimmt: So werde „Klimaneutralität als Leitstern für Investitionen nun womöglich ins Grundgesetz aufgenommen. Die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger müssen sich jetzt also pünktlich zu den Koalitionsverhandlungen mit Klimaschutz und Klimawandel auseinandersetzen und Leitplanken für die kommende Legislaturperiode setzen.“

Das geplante Sondervermögen werde zudem vielleicht ein „wertvoller Investitionsbooster vor allem für die Bereiche Gebäude und Verkehr sein.“ Die Verhandelnden der künftigen Koalition müssten allerdings noch „in den nächsten Wochen Lösungen finden, um privates Kapitel zu hebeln, um die zur Verfügung stehenden Mittel möglichst effizient einzusetzen.“

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