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Was die Parteien wirklich vorhaben: Analyse der Wahlprogramme in elf Punkten

Die kommende Bundestagswahl steht kurz bevor, und obwohl viele politische Debatten derzeit von anderen Themen dominiert werden, könnte ihre Bedeutung für die Energiewende kaum größer sein. Die Weichen für die künftige Energiepolitik werden durch die neuen Mehrheitsverhältnisse entscheidend beeinflusst. Das Reiner Lemoine Kolleg hat die Wahlprogramme der relevanten Parteien anhand fundierter Kriterien analysiert und bewertet, welche Programme die Energiewende voranbringen – und welche sie ausbremsen könnten. Das Reiner Lemoine Kolleg beruft sich dabei auf die Wahlprogramme, wie sie zum Stichtag am 9.1 verfügbar waren, also zum Teil die Entwürfe. Da diese ebenso aus den parteiinternen Gremien kommen, kann von ihnen eine Übereinstimmung mit den allgemeinen Forderungen der Parteien erwartet werden, auch wenn einzelne Maßnahmen zuletzt nicht in die finalen Programme übernommen worden sein könnten.

Politische Weichenstellung: Warum die Bundestagswahl entscheidend ist

Martha Hoffmann, kommissarische Leiterin des Reiner Lemoine Kollegs, betont die Bedeutung der Wahl: „Die Bundesregierung legt die zentralen Stellschrauben der Energiepolitik fest. Die Wahlentscheidungen bestimmen, ob die Transformation des Energiesystems beschleunigt, verzögert oder gar gestoppt wird. Die Bundestagswahl ist damit auch eine Wahl über die Zukunft der Energiewende.“

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Um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen, wurden elf zentrale Bewertungskriterien definiert. Sie umfassen Aspekte wie den Ausbau erneuerbarer Energien, die Dekarbonisierung der Industrie, soziale Teilhabe sowie den Umbau der Energieinfrastruktur. Auch Anreize zur Verkehrsverlagerung und die gerechte Verteilung der Kosten und Gewinne der Energiewende wurden untersucht.

Die elf zentralen Bewertungskriterien der Energiepolitik

Damit die Energiewende erfolgreich gestaltet werden kann, bedarf es klarer Konzepte und konkreter Maßnahmen. Das Reiner Lemoine Kolleg hat dazu elf Kriterien zur Bewertung der Wahlprogramme identifiziert:

1. Vision eines erneuerbaren Energiesystems

Werden positive Narrative zur Transformation vermittelt oder populistische Gegenpositionen vertreten

2. Ausbau- und Ausstiegsziele

Werden klare und ambitionierte Ziele für erneuerbare Energien formuliert, die das Klimaschutzgesetz von 2024 einhalten?

3. Beteiligung und Teilhabe

Welche Mitwirkungsmöglichkeiten für Bürger:innen gibt es?

4. Gerechte Energiewende

Wie werden Kosten und Gewinne fair verteilt?

5. Umbau der Industrie

Welche Strategien gibt es zur Defossilisierung der Wirtschaft?

6. Flexibles Strommarktdesign

Wird ein modernes Marktdesign mit dynamischen Stromtarifen gefördert?

7. Wärmewende

Welche Maßnahmen gibt es zur Dekarbonisierung der Gebäudewärme?

8. Verkehrsvermeidung und -verlagerung

Werden umweltfreundliche Verkehrsalternativen gefördert?

9. Antriebs- und Treibstoffwende

Wie stark wird Elektromobilität unterstützt?

10. Stromnetz und Stabilität

Sind Maßnahmen zur Netzsicherheit vorgesehen?

11. Grüner Wasserstoff

Welche Konzepte zur Nutzung von grünem Wasserstoff gibt es?

Bewertung der Wahlprogramme der Parteien

SPD: Fortschritt mit Luft nach oben

Die Sozialdemokraten legen ein solides Konzept vor, insbesondere in den Bereichen Beteiligung und Teilhabe, sozial gerechte Energiewende sowie Antriebs- und Treibstoffwende. Defizite bestehen jedoch bei der Strommarktgestaltung und der Wärmewende.

CDU/CSU: Fossile Energien weiterhin im Fokus

Die Union präsentiert eine befriedigende, aber wenig ambitionierte Energiepolitik. Während einige Fortschritte im Industriebereich erkennbar sind, bleibt die Partei in der Wärmewende und der Förderung grünen Wasserstoffs schwach. Die Abkehr von fossilen Energien wird nicht konsequent verfolgt.

Bündnis 90/Die Grünen: Ambitionierte Energiewende

Die Grünen bieten das ambitionierteste Programm zur Energiewende. Besonders stark schneiden sie beim flexiblen Strommarktdesign, beim Stromnetz und bei der sozialen Teilhabe ab. Verbesserungsbedarf gibt es im Bereich grüner Wasserstoff und der Verkehrsverlagerung.

FDP: Marktliberal, aber wenig ambitioniert

Die Freien Demokraten setzen auf marktwirtschaftliche Mechanismen und sind gegen strikte Vorgaben. Während das Strommarktdesign ansprechende Elemente enthält, fallen nahezu alle anderen Kriterien schwach aus. Fossile Energieträger und Atomkraft bleiben in ihrer Strategie erhalten.

Die Linke: Energiewende als soziale Chance

Die Linke hebt sich mit einer konsequenten Vision hervor, die soziale Gerechtigkeit und den Ausbau erneuerbarer Energien vereint. In der Wärmewende und Beteiligungsmodellen schneidet das Programm sehr gut ab. Kritik besteht in der mangelnden Konkretisierung der Wasserstoffstrategie.

AfD: Verhinderung statt Transformation

Die Alternative für Deutschland lehnt die Energiewende grundsätzlich ab und setzt weiterhin auf fossile Energien. Alle untersuchten Kriterien wurden als schwach oder ungenügend bewertet.

Fazit: Die Bundestagswahl als Klimawahl

Die Bundestagswahl 2025 stellt eine entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der Energiewende dar. Während einige Parteien ambitionierte Strategien zur Dekarbonisierung Deutschlands verfolgen, setzen andere auf einen fossilen Status quo oder sogar eine Rückabwicklung der Transformation. Die Wähler:innen haben somit eine echte Wahl darüber, ob die Energiewende forciert oder ausgebremst wird.

Die detaillierte Analyse zeigt: Die Zukunft der deutschen Energiepolitik hängt entscheidend von der Zusammensetzung der neuen Regierung ab. Es liegt an den Wähler:innen, eine fundierte Entscheidung zu treffen, die den nachhaltigen Umbau des Energiesystems sichert.