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Kommentar

SPD mit Linken und Grünen – das wäre möglich…

Auf über 50 Prozent kommen die Linken zusammen mit SPD und Grünen, wenn man Kinder und Jugendliche abstimmen lässt. In der Woche vom 7. bis zum 14. Februar haben bundesweit viele zehntausende junge Menschen unter 18 Jahren gewählt. Insgesamt wurden 166.443 Stimmen in 1.812 selbst-organisierten Wahllokalen abgegeben. Dabei hat die Partei Die Linke mit 20,8 Prozent des Gesamtergebnisses die meisten Stimmen junger Menschen erhalten. Danach folgen die SPD mit 17,9 Prozent, die CDU/CSU mit 15,7 Prozent, die AfD mit 15,5 Prozent und Bündnis 90/Die Grünen mit 12,5 Prozent. Die Tierschutzpartei erhielt 3,8 Prozent, die FDP 3,4 Prozent und das BSW 3,4 Prozent. 7 Prozent entfallen zudem auf weitere Parteien. Die U18-Wahlen werden von einem Unterstützernetzwerk sowie durch Koordinierungsstellen in den Bundesländern, Regionen und zum Teil Kommunen beraten, vernetzt und unterstützt. Träger des Netzwerks sind das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Bundesjugendring, Landesjugendringe sowie viele Jugendverbände. 

Wahlrecht für junge Menschen

Warum wäre es wichtig, den jungen Menschen politisches Mitspracherecht zu geben? Weil sie diejenigen sind, die diesen Planeten langfristig bewohnen wollen. Die langfristige Perspektive findet jedoch kaum Beachtung im aktuellen Wahlkampf. Tatsächlich wird sogar die kurz- bis mittelfristige Situation diesmal ausgeblendet. Was zählt ist Stimmenfang für die Wahl. Wie die nächsten vier Jahre der Legislaturperiode aussehen sollen, ist unklar. „Wer pflegt Sie in 10 Jahren, Herr Merz?“ war auf dem Schild eines Demonstranten zu lesen im Zuge der Demos gegen Rechts in den vergangenen Wochen. Nebst dem Hinweis auf das Alter des Unions-Kanzlerkandidaten gibt das Schild einen Hinweis auf eine völlig absurde Verschiebung der Diskussion in diesem Wahlkampf, der nur ein Thema kennt: Wie können wir Migration stoppen? Auch die Fragen der Moderator:innen bei den TV-Duellen der Kanzlerkandidat:innen brachten andere Themen nur für Sekunden mit ins Spiel, etwa die Mietpreissteigerung, die viele Bürger:innen betrifft.  

Der Wahlkampf fokussiert sich also auf erfolgreiche Konzepte für ein Migrationsstopp. Dabei haben wir ohne Migration als Wirtschaftsmacht keine Chance. 40 Prozent der Wähler in Deutschland sind über 60 Jahre alt. Und selbst wenn wir es schaffen würden, die Geburtenraten soweit zu erhöhen, dass künftig mehr Menschen geboren werden als sterben (das war 1971 zuletzt der Fall), dann haben wir nicht genug Kitaplätze und Erzieher. Weder im Niedriglohnsektor, bei Pflege, Reinigung, in der Gastro, Fleischverarbeitung, Ernte – noch bei den Fachkräften, Mediziner:innen, IT-Spezialisten:innen, Ingenieur:innen hätten wir ausreichend Personal ohne Migration.

2023 wurden 155 Frauen von ihren Partnern oder Expartnern getötet

Und wie sieht es mit der Gefahr durch Migration aus? 2023 wurden in Deutschland 155 Frauen Opfer von Gewalttaten mit tödlichem Ausgang durch ihre Partner oder früheren Partner. Das könnte man auch mal thematisieren. 2.839 Getötete gab es im Jahr 2023 auf unseren Straßen. Aber sichere Radwege und Tempolimit sind keine Wahlkampfthemen. Und noch etwas:  Es sollte sich heute von selbst verstehen, dass traumatisierte Geflüchtete Hilfe bekommen sollten, um ihr Trauma zu überwinden. Soviel nur zur leidigen Migrationsthematik als verfehltes Kurzfristthema der Politik. 

Jetzt umsteuern für künftige Generationen

Damit wir unseren Planeten langfristig, auch für künftige Generationen schützen, müssen wir jetzt umsteuern. Das verkünden alle führenden Klimawissenschaftler (IPCC) schon sehr lange und das hat schließlich 1997 zum Kyotoprotokoll und 2015 zum Weltklimaabkommen von Paris geführt. Greifbarer wird die Klimakatastrophe mit jedem neuen Hitzerekord, mit jeder Überschwemmung, jedem Waldbrand, die Abtauen des Polareises, der Erwärmung der Meere. Allerdings wird immer seltener in den Nachrichten eine Verbindung zwischen diesen Phänomenen und der anthropogenen, der Mensch-gemachten Klimaveränderung hergestellt. Das ist ein bisschen wie Mortadella-Scheiben mit lachendem Gesicht darauf: Schwer vorstellbar, dass das mal ein Tier aus wenig erfreulicher Massentierhaltung war. Und so soll es sein. Vielen Institutionen ist es wichtig, dass wir die Wahrheit verdrängen: Der Wurstverkäufer kann einen besseren Umsatz machen, wenn Kund:innen ohne schlechtes Gewissen Mortadella kaufen. Den Fluggesellschaften ist es ebenfalls lieber, wenn ein Zusammenhang zwischen CO2-Ausstoß beim Fliegen und den zunehmenden Klimakatastrophen vermieden wird.         

Zurück zum Wahlergebnis der U-18-Wahl: Ich hätte angenommen, es würden mehr Kinderstimmen für die Grünen sein als Partei für Klimaschutz. Aber man darf natürlich nicht vergessen, dass Kinder viel von ihren Eltern hören und mitnehmen. Und wie gesagt, bei dieser Wahl kommt hinzu, dass Klimaschutz weder in den Medien noch von den Parteien als wichtiges Zukunftsthema aufgenommen wurde. Zudem haben die Kinder und Jugendlichen in den vergangenen Jahre mit Fridays for Futur durchaus ihre demokratischen Mittel zur Partizipation genutzt – und gezeigt, dass es ihnen nicht egal ist, was mit der Welt geschieht. 

Kommentar zum Wahlduell

Analyse Wahlprogramme Union und AfD

Tipps für sozial gerechten Klimaschutz

Zu den negativen Entwicklungen in jüngerer Zeit kommt derzeit das beklemmenden Wissen darüber hinzu, dass mit zunehmendem Rechtsruck in den USA, in Europa, das Klimathema voraussichtlich weiter an Kraft verliert. Wie soll sich das ändern? Wie kommen wir wieder auf einen engagierten Klimapfad? „Früher oder später wird es wieder eine Katastrophe geben, und dann fangen die Leute wieder an, über das Thema nachzudenken“, sagte neulich ein Unternehmer zu mir. Vielleicht würde das helfen. Elementar erscheint mir zudem, dass wir das Thema stärker in die schulische Bildung integrieren müssen.     

Übrigens gibt es viele Überlegungen dazu, wie man bei den Wahlen für mehr Generationengerechtigkeit sorgen könnte. Der Soziologie-Professor Aladin El-Mafaalani spricht sich für ein Wahlrecht von Kindern ab zehn Jahren aus und eine mehrfache Stimmkraft der jungen Menschen im Sinne des demografischen Wandels und der Tatsache, dass die Kinder die Auswirkungen der jetzigen Politik in den nächsten 50 bis 70 Jahren zu spüren bekommen. Anders als Friedrich Merz oder Alice Weidel zum Beispiel.  

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Nicole Weinhold, Chefredakteurin Magazin Erneuerbare Energien

Silke Reents

Nicole Weinhold, Chefredakteurin Magazin Erneuerbare Energien