Damit Deutschland seine Klimaschutzziele erreicht, braucht es Technologien und Produkte, die die bisher eingesetzten fossilen Energieträger in den Bereichen Industrie, Verkehr, Strom und Wärme ersetzen. Mit Power-to-X-Technologien ist genau das möglich. Deshalb erforscht und entwickelt das Kopernikus-Projekt P2X diese Technologien bis zur Markreife – und analysiert in einem Roadmapping-Prozess zudem Entwicklungen und Potenziale der einzelnen Technologien aus der übergeordneten Perspektive. Jetzt hat das P2X-Projekt seine dritte Roadmap veröffentlicht. Darin untersuchen Forscher aus Wissenschaft und Industrie sowie Vertreter von Umweltverbänden die aktuellen technologischen Fortschritte des Kopernikus-Projekts. Sie bewerten, wie die entwickelten PtX-Technologien und -Produkte dazu beitragen können, dass die Energiewende gelingt und Deutschland klimaneutral wird.
Sechs wichtige Ergebnisse der Roadmap
1. PtX ist für ein von fossilen Quellen unabhängiges Energiesystem unverzichtbar.
2. PtX wird gezielt in Bereichen eingesetzt, in denen keine alternativen, effizienteren Technologien verfügbar sind oder in denen Kohlenstoffträger für die stoffliche Nutzung benötigt werden.
3. PtX wird früher zur Defossilisierung und Erreichung der Klimaziele benötigt, je ambitionierter diese sind.
4. Erst wenn die strombedingten Treibhausgasemissionen auf unter rund 200 g CO2-Äquivalente pro Kilowattstunden sinken, lohnt sich der Markthochlauf für PtX zur CO2-Reduktion.
5. Die Kosten für CO2 werden während der Übergangsphase durch die Nutzung günstigerer industrieller Punktquellen gesenkt, wobei deren Verfügbarkeit im Laufe der Zeit jedoch stark abnimmt, bis nur noch unvermeidbare, prozessbedingte CO2-Quellen und die direkte Nutzung von CO2 aus der Luft zur Verfügung stünden.
6. PtX-Technologien finden auf den unterschiedlichen Akteursebenen und in den verschiedenen Anwendungsbereichen eine prinzipiell hohe allgemeine Zustimmung.
Anhand eines im P2X-Projekt entwickelten Energiemodells werden in der Roadmap unterschiedliche Zukunftsprojektionen veranschaulicht. Basierend auf einem gemeinsamen Szenario bis 2050 wird eine zusammenhängende, zeitabhängige Bewertung der PtX-Technologien und ihrer Potenziale ermöglicht. Dabei werden besonders Dimensionen der ökologischen, ökonomischen und sozialen Nachhaltigkeit einbezogen. Die PtX-Technologien und -Produkte werden entlang einzelner Wertschöpfungsketten bewertet, die aus den Anwendungsfeldern Verkehr, chemische Grundstoffe und Energieträger in der Industrie stammen. Da Wasserstoff für die gesamte Energiewende eine besondere Relevanz einnimmt, widmen sich zwei Wertschöpfungsketten explizit den Transportmöglichkeiten von Wasserstoff für die Anwendung im Verkehrs- und Industriesektor.
Der Verkehrssektor ist eine der größten Herausforderungen für die Energiewende und das Streben nach Treibhausgasneutralität in Deutschland, denn die Emissionen sind seit 1990 auf einem konstant hohen Niveau
geblieben. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Fahrzeugen durch die gleichzeitige Erhöhung der Motorleistung und des Fahrzeuggewichts sowie eine höhere Fahrleistung zerstört wurden. Mit 163 Mio. Tonnen CO2 verursacht der Verkehrssektor derzeit rund 25% aller energiebedingten CO2-Emissionen in Deutschland. Aus systematischer Sicht sind technologische Maßnahmen und Initiativen zur Förderung von Verkehrsverlagerungen und die Reduzierung von Fahrten und Verkehr erforderlich, um die Emissionen zu reduzieren. Die Verkehrswende ist ein spezielles Szenario, das es erlaubt, die Auswirkungen von Verkehrsverlagerungen und reduzierten Fahrten auf die Entwicklung des Energiesystems und den Einsatz von PtX-Technologien zu betrachten. Die Ergebnisse des Energiemodells zeigen, dass bei der Defossilisierung des Verkehrs der allgemeine Trend zunächst zu direkt elektrischen Verkehrsträgern führt. Flüssige, synthetische Energieträger kommen erst ab 2040, wenn die Fischer-Tropsch-Synthese (FT) billiger und effizienter wird, wobei die verschiedenen Szenarien jeweils unterschiedliche Anläufe und Mengen an H2/PtX-Kraftstoffen erfordern.
2050: 130-170 TWh allein für Wasserstoff im Verkehrssektor nötig
Die in den verschiedenen Szenarien modellierten Mengen an H2/PtX für den Verkehrssektor im Jahr 2050 belaufen sich auf 130 bis 170TWh. H2/PtX-Kraftstoffe werden zunächst nur in geringem Umfang für den
Personen- und Individualverkehr eingesetzt. In diesem Bereich wird die Defossilisierung vor allem durch Elektroautos und -busse sowie die Elektrifizierung des Schienenverkehrs umgesetzt. FT-Kraftstoffe werden nur noch benötigt für den Personenflugverkehr benötigt. Sie können auch als Übergangstechnologie in privaten Kraftfahrzeugen dienen, sofern in Deutschland ausreichend erneuerbare Energiekapazitäten geschaffen worden sind.
Der Übergang im Güterverkehr wird um das Jahr 2025 eingeleitet. Wo immer möglich, werden auch in diesem Teilsektor direkte Elektrofahrzeuge bevorzugt werden. Die Annahmen bezüglich des Einsatzes von Trolleyfahrzeugen und die Elektrifizierung von Bahnstrecken wirken sich auf die Nachfrage nach PtX-Lösungen in diesem Verkehrssegment aus, da das Fehlen dieser Optionen oder ihre begrenzte
Verfügbarkeit die Nachfrage nach H2-Fahrzeugen direkt erhöhen wird. In der Luftfahrt und im Seeverkehr spielen synthetische Kraftstoffe jedoch eine zentrale Rolle, da es hier fast keine anderen Alternativen gibt. Daher konzentrieren sich die detaillierten Analysen der ökologischen und ökonomischen Aspekte in P2X II auf die Wertschöpfungskette, insbesondere auf FT-Kerosin für Frachtflugzeuge.
Die Ökobilanz umfasst den gesamten Lebenszyklus der Kraftstoffe von der Herstellung bis zur Verbrennung in den Flugzeugturbinen und der damit verbundenen Freisetzung des in den Kraftstoffen enthaltenen CO2. Die lebenszyklusbasierten Netto-Treibhausgasemissionen (d. h. nach Abzug des CO2, das als Ausgangsstoff diente) für das Jahr 2050 betragen im Basisszenario etwa ein Drittel der Emissionen, die bei der Verwendung fossiler Äquivalente anfallen würden. Die restlichen Emissionen stammen hauptsächlich aus vorgelagerten Ketten im Zusammenhang mit der Strom- und Wärmeerzeugung. Der Bau von Anlagen macht nur etwa ein Zehntel der lebenszyklusbasierten Treibhausgasemissionen aus. Der ökologische Break-even-Punkt in dieser
dieser Wertschöpfungskette liegt bei etwa 150 g CO2-eq./kWh Strom.
Hinsichtlich der Produktionskosten für FT-Kerosin sind die Kosten für Strom und für die Bereitstellung von CO2 aus der direkten Luftabscheidung (DAC) die größten Kostenfaktoren. Andere CO2-Quellen, einschließlich industrielle Punktquellen oder Biomasse sind ebenfalls mögliche Optionen.
Während der Übergangsphase bis zum Erreichen der Treibhausgasneutralität werden industrielle CO2-Punktquellen weiterhin verfügbar sein, wenn auch in abnehmender Menge. Aufgrund der geringeren CO2-Abscheidungskosten könnten sie zu einer Senkung der Kosten von PtX-Produkten beitragen. Gleichzeitig werden Effizienzsteigerungen und technologische Entwicklungen könnten auch die Kosten der
der DAC-Technologie, die noch in den Kinderschuhen steckt. Ausgehend von den Annahmen der Modellierung sind die Produktionskosten für FT-Kerosin höher als die aktuellen Preise der fossilen Referenz. Langfristig kann sich der Preis für fossiles Kerosin jedoch deutlich verändern, zum Beispiel durch eine entsprechend hohe CO2-Abgabe.
Im Hinblick auf die gesellschaftliche Akzeptanz ergab die Panelbefragung eine hohe Bereitschaft der Teilnehmer zur Nutzung von Verkehrsmitteln (Auto, Bahn, Flugzeug und Schiff) mit Wasserstoff- oder Synfuel
Antriebssystemen. FT-Kerosin befindet sich noch in der Forschung und Entwicklung und ist daher Gegenstand von Expertendiskussionen.
Das Kopernikus-Projekt P2X wird seit der ersten Phase laufend durch einen Roadmapping-Prozess begleitet. Die Roadmap 3.0 stellt die Fortsetzung der vorangegangenen Veröffentlichungen der ersten Phase dar und gibt einen Einblick in den gegenwärtigen Stand der Arbeiten in der zweiten Förderphase. Eine Roadmap 4.0. ist in Planung. (nw)
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