Der Zuwachs des deutschen Windenergiemarktes im Bilanzjahr 2020 um rund ein Drittel (32,7 Prozent) kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die 420 neu installierten Windenergieanlagen von 2020 ergaben gemessen an den 1.431 Megawatt (MW) innerhalb von zwölf Monaten ans Netz angeschlossener Erzeugungskapazität das zweitschlechteste Windenergiejahr für den deutschen Windparkzubau an Land seit 20 Jahren. Nach dem im Jahr davor erreichten konjunkturellen Tiefpunkt des Ausbaus im Zeitraum seit 2000 war das Windkraftjahr 2020 vielerorts weiterhin nur noch vom Baulückenschließen geprägt: Knapp mehr als die Hälfte der Anlagen brachten die Errichterteams der Windturbinenbauer als Einzelturbinen oder als Anlagensets in Kleinstwindpark-Dimensionen von zwei bis drei Maschinen an die Standorte.
Der Trend zur Kapazitäten begrenzenden Kleinteiligkeit hält an. Denn immer noch weisen die Bundesländer zu wenig neue Eignungsflächen aus, manche ziehen zum angeblichen Belästigungsschutz der Bevölkerung weitreichende Bannzonen rings um Ortschaften und um sogar in der Landschaft verstreute Wohnhäuser – und durch organisierte Windkraftgegner angestoßene Gerichtsverfahren sowie umständliche Genehmigungsregeln blockieren zusätzlich neue größere Flächen. „Dreh- und Angelpunkt … bleiben die Bereitstellung von Flächen und die Genehmigung von Projekten“, kommentierte im Januar der Präsident des Bundesverband Windenergie, Hermann Albers, die ausbleibende Dynamik des deutschen Onshore-Installationsmarktes.
Andererseits gab es, wie schon im Vorjahr, einzelne große, aufgrund ihrer intelligenten Konzepte erfolgreiche Projekte mit Signalwirkung. Einmal mehr war dafür das südliche Paderborner Umland als Deutschlands heimliches Windenergiezentrum ein solcher Schauplatz. Genauer: Das Sintfeld. In diesem Teil der vom Westwind aus dem tiefer gelegenen flachen Münsterland gut angeströmten Hochfläche wurden bereits seit Anfang der 2000-er Jahre alleine im Windpark Meerhof (Stadtgebiet Marsberg) 35 Windenergieanlagen der Zwei-MW-Klasse betrieben.
Zusammen mit weiteren, angrenzenden Windparks auf dem Gebiet der Stadt Bad Wünnenberg umfasste das gesamte Windgebiet auf dem Sintfeld bereits damals 70 Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 105 MW. Seinerzeitiges Novum war ein privat errichtetes Umspannwerk, über das der Windkraftstrom in die Hochspannungsleitung der Energieversorger geleitet wurde.
Im Rahmen der bereits im Jahr 2015 begonnenen Repowering-Planung wurden zwischenzeitlich acht Nordex-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 36 Megawatt (MW) und 14 Enercon Anlagen mit einer Gesamtleistung von 56 MW errichtet. Weitere Anlagen sind in Planung, so dass bei Abschluss des Repowerings insgesamt 30 Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von circa 130 MW betrieben werden. Der Windpark teilt sich in zwei Betriebsbereiche, den Windpark Heubusch und den Windpark Grüner Weg. Hauptakteure des Projekts sind die ortsansässigen Landwirte Josef Dreps, Christoph Luis und Michael Flocke.
Insbesondere Michael Flocke plant auch an anderen Stellen Windenergieanlagen, so ist er unter anderem in der Geschäftsführung von Westfalenwind, dem in der Paderborner Region dominierenden Projektierungsunternehmen.
Nachdem 84 Grundstückseigentümer bereits seit 20 Jahren von einem bisher schon in der Region als vorbildlich anerkannten Pachtverteilungsmodell profitierten und örtliche Vereine seit über zehn Jahren jährlich Zuwendungen erhalten hatten, haben die örtlichen Akteure auch beim jetzigen Repowering-Projekt eine hohe Akzeptanz erreicht. Über den einzigartigen Stromtarif Meerhof konnten sie die gesamte örtliche Bevölkerung mitnehmen. In Zusammenarbeit mit der Westfalenwind Strom GmbH aus Lichtenau wird ein Stromtarif angeboten, nachdem die Kunden lediglich Steuern und Abgaben von zurzeit etwa 20 Cent pro Kilowattstunde (kWh) zu tragen haben. Der gesamte eigentliche Strompreis, sowie die Vermarktungskosten (in Summe derzeit circa 7,2 Cent pro kWh) werden von den Windparks Heubusch und Grüner Weg übernommen. Von den 320 Haushalten haben bis dato bereits 300 das lukrative Angebot angenommen.
Nicht nur das ist ein Indikator für die große Akzeptanz vor Ort. Trotz der Größe gibt es keine Bürgerinitiativen gegen das Projekt. Allerdings gab es Stress mit dem regionalen Naturschutzverein Nabu und dem regionalen Vogelschutzverein VNV. Sie nutzten „jede Gelegenheit, um mit Klage gegen die Projekte zu drohen, obwohl es sich hier um ein Repowering an einem Windkraftstandort handelt, an dem es bereits in den vergangenen 20 Jahren zu keinen nennenswerten artenschutzrechtlichen Problemstellungen kam und die Neuanlagen aufgrund ihrer großen Bodenfreiheit – mindestens 80 Meter Abstand bis zur untersten Flügelstellung – dem Artenschutz sehr zuträglich sind“, betont Windparkprojektierer Flocke.
Rund 15 Kilometer Luftlinie nördlich, am Ostrand der Hochebene, hat das von Flocke als Mitglied der Geschäftsführergruppe mit betriebene Unternehmen Westfalenwind im Januar 2021 bereits ein Konzept in die Praxis umgesetzt, das große Windparks als förderlich für die Zukunftsfähigkeit einer ganzen Region erleben lässt. Auch hier finden sich große zusammenhängende Windparkfelder. Anfang des Jahres meldete Westfalenwind den Einzug des Fernsehdienstleisters Zattoo mit einem Server in eine Windparkanlage im Anlagenpark Lichtenau-Asseln. Der des TV-Streaming-Anbieter mit Sitz in der Schweiz und Berlin nutzt dort seither die kühlen Temperaturen im Turm für optimalen Serverbetrieb, die vorhandenen Glasfaserkabelverbindungen des Windparks für schnelle und breite Datenübertragung und die Sicherheit der Windturmschließtechnik. Und nun zeichnen sich sogar noch weitere Nutzungen für eine schnellere Internetverbindung der Paderborner Schulen im Digitalunterricht während des Corona-Lockdowns ab oder durch andere Internetdienstleister.
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