Während sich weltweit Nationen und Unternehmen ein Wettrennen im All liefern, kommt von den kleinen Färöer-Inseln ein ebenso unerwarteter wie bemerkenswerter Beitrag. Sie starten das „Faroer Island Space Program“ (FISP), das erste Weltraumprogramm, das die Erde nicht verlassen wird. Dabei geht es um die Nutzung der Mondenergie, die in der Urgewalt der Gezeiten unserer Weltmeere steckt. SKF, ein weltweit führender Wälzlagerhersteller, und Minesto, ein Unternehmen zur Entwicklung von Meereskraftwerken, präsentieren ein neues Verfahren, das die unerschöpfliche Kraft von Ebbe und Flut nutzt, um auf der Erde erneuerbare Energie zu erzeugen.

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„Was für eine Vorstellung: Die Anziehungskraft des Mondes als Energiequelle der Zukunft“, schwärmt Annika Ölme, Technik-Vorstand bei SKF. „Bei diesem einzigartigen Projekt trauen sich die Beteiligten, wirklich groß zu denken. Wir von SKF sind stolz darauf, Teil dieses ‚erdverbundenen‘ Weltraumprojekts zu sein, das auch zu unseren Unternehmenswerten und unseren Bestrebungen passt, eine nachhaltige Zukunft auf der Erde mitzugestalten.“
SKF und Minesto haben in den letzten Jahren im Atlantik vor den Färöer-Inseln an einem Schwimmdrachen gearbeitet, mit dessen Hilfe sie Gezeitenkraft in Strom umwandeln können. Ziel ist es, die Anziehungskraft des Mondes in erneuerbare Energie auf der Erde zu verwandeln. Luna ist der Name des Schwimmdrachens, der unter Wasser durch die Meeresströmung gleitet und dabei in aller Stille Energie erzeugt – und das unabhängig von den Wetterbedingungen. Bislang gibt es nur wenige Länder, die das Potenzial der Gezeitenenergie für sich entdeckt und gleichzeitig die notwendigen Bedingungen für Gezeitenkraftwerke aufweisen.
„Die Zusammenarbeit mit einem weltweit tätigen Industrieunternehmen wie SKF ist für uns als Technologie-Entwicklungsunternehmen lehrreich und inspirierend zugleich“, unterstreicht der CEO von Minesto, Martin Edlund. „Wir glauben, dass es auf der Erde mindestens 3.000 weitere ‚Färöer-Inseln‘ gibt, die an unserem besonderen Weltraumprogramm teilnehmen könnten. Wenn alle mitmachen, hat die Energie des Mondes das Potenzial, alle Kohlekraftwerke auf diesem Globus zu ersetzen.“
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Die jetzt vorgestellte Gezeitenkraftanlage Luna ist der Startschuss für das fest auf der Erde verankerte Weltraumprogramm der Färöer-Inseln. Der Schwimmdrachen hat eine Nennleistung von 1,2 MW, genug, um 200 Einfamilienhäuser ein Jahr lang mit Strom zu versorgen*. Das nächste Ziel ist die Errichtung einer neuen 200-MW-Gezeitenenergieanlage. Damit könnten 40 Prozent des für 2030 erwarteten Strombedarfs gedeckt und die 50.000 Einwohner und 70.000 Schafe des kleinen, abgelegenen Inselstaats mit grünem Strom versorgt werden.
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Die Erschließung der Gezeitenkraft ist ein Gemeinschaftsprojekt mit dem lokalen Energieversorger SEV. „Unsere Vision ist es, bis 2030 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien zu erzeugen. Und wir glauben, dass die Gezeitenkraft auf diesem Weg eine wichtige Rolle spielen kann“, sagt Hákun Djurhuus, CEO des färöischen Stromversorgers SEV.
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SKF wurde an Bord geholt, um die Wälzlager- und Dichtungssysteme für die Ruder und Höhenruder der Schwimmdrachen zu entwickeln. Das SKF-Softwaresystem berechnet z. B. die Lebensdauer der Lager und schätzt die CO2-Emissionen, so dass verschiedene Lösungen nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit verglichen werden können.

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Innerhalb des schwedischen SKF-Konzerns hat sich in Deutschland in Schweinfurt (SKF GmbH) und Hamburg (SKF Marine GmbH) ein innovatives Team zusammengefunden, das seit einigen Jahren Projekte im Bereich der Wellen- und Gezeitenkraft entwickelt und vorantreibt. Ein Pionier dieser motivierten Mannschaft ist Michael Baumann, der SKF auch im Vorstand des Unternehmerverbands Ocean Energy Europe vertritt. „Das so genannte Weltraumprogramm vor den Färöer-Inseln ist ein perfektes Beispiel dafür, wieviel Potenzial in der Nutzung der Gezeitenkraft des Mondes und unserer Ozeane steckt“, so Michael Baumann. „Es lenkt den Blick auf eine kraftvolle Ressource, die bislang weitgehend ungenutzt blieb.“
„Die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg. SKF und Minesto zeigen hier, wie etablierte Technologie und innovative Impulse gemeinsam den Wandel unserer Energieerzeugung vorantreiben können“, so Annika Ölme.
Dass die Entwicklungspartner im Zusammenhang mit den schwimmenden Gezeitenkraftwerken von einem Weltraumprogramm sprechen, hat einen Grund: Sie wollen deutlich machen, dass es sich lohnt, über die auf der Erde vorhandenen Möglichkeiten zur Nutzung Energie aus dem Orbit nachzudenken, anstatt ausschließlich auf ein Wettrennen im All zu setzen, um Ressourcen außerhalb der Erdatmosphäre anzuzapfen.

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Fakten rund um die Gezeiten- und Meeresenergie:
· Nach Angaben der Internationalen Energieagentur stammen derzeit 80 Prozent der weltweiten Elektrizität aus fossilen Brennstoffen.
· Bis 2050 könnte die Meeresenergie einen erheblichen Teil des Energiemixes liefern. Die Meeresenergie ist lokal, erneuerbar und die Gezeiten sind vorhersehbar, was sie zum perfekten Partner für volatile erneuerbare Energien wie Wind und Sonne macht.
· Ocean Energy Europe (OEE) schätzt, dass die Meeresenergie bis 2050 zehn Prozent des europäischen Stroms liefern und 400.000 qualifizierte Arbeitsplätze schaffen kann. (nw)
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Quellen:
Ocean energy - European Commission (OEE)
Website des Faroer Island Space Programs
* Für den Energieverbrauch pro Haushalt wurde durchschnittliches schwedisches Einfamilienhaus zugrunde gelegt. Dessen Verbrauch wird mit 17.000 kWh pro Jahr veranschlagt (Quelle Vattenfall). Für einen deutschen Einfamilienhaushalt wird ein jährlicher Strombedarf zwischen 3.000 und 3.500 kWh veranschlagt (Stromverbrauch der privaten Haushalte nach Haushaltsgrößenklassen - Statistisches Bundesamt), der beim Einsatz einer Wärmepumpe deutlich höher liegen kann. Die Mission des Energieunternehmens SEV auf den Färöer-Inseln, bis 2030 100 % erneuerbare Energien zu erreichen, trifft keine Aussage über die gesamten Lieferkette des angezeigten Produkts LUNA.