Vier Milliarden Euro sind eine stattliche Summe. So viel Geld liegt derzeit als Überschuss auf dem EEG-Konto. Das ist immerhin ein Viertel dessen, was die Stromkunden in diesem Jahr bisher an EEG-Umlage bezahlt haben – vor allem private Verbraucher und mittelständische Unternehmen. Das sind fast 150 Millionen Euro mehr als im vergangenen Jahr. Nun muss man wissen, dass in der Regel der Überschuss auf dem EEG-Konto in den ersten fünf Monaten eines Jahres stetig ansteigt und dann bis zum Ende des Jahres wieder abnimmt.
Das liegt einfach daran, dass im Winter zwar die Windkraft einen erklecklichen Ertrag in die Netze einspeist, aber die Solaranlagen in der dunklen Jahreszeit kaum produzieren. Gleichzeitig ist aber der Strombedarf im Winter höher als im Sommer. Das wiederum führt dazu, dass die eingehenden Zahlungen der EEG-Umlage steigen, während weniger Vergütung vor allem an die Betreiber von Solaranlagen anfallen. Das ändert sich, wenn die Tage länger werden – der Stromverbrauch sinkt, die Produktion von Solarstrom steigt. An windigen Herbsttagen ist wiederum die Windkraft stark, gleichzeitig steigt wieder der Strombedarf, weil die Tage kürzer und kühler werden.
Börsenstrompreise steigen
Um so erstaunlicher ist es, dass in diesem Jahr der Kontostand Ende August höher ist als im vergangenen Jahr. Schließlich war der Sommer extrem sonnig, vor allem im Vergleich zum verregneten Sommer des vergangenen Jahres. Immerhin haben die in Deutschland installierten Solaranlagen in den ersten neun Monaten so viel Strom produziert wie im gesamten Jahr 2017. Der gute Ertrag hat die Zahlungen der EEG-Vergütung in den ersten acht Monaten um 1,2 Milliarden Euro erhöht. In der gleichen Zeit sind die Einnahmen aus der EEG-Umlage um nur fast 180 Millionen Euro gestiegen. Aber auch die Einnahmen aus dem Stromverkauf haben sich um 285 Millionen Euro erhöht.
Das liegt unter anderem daran, dass die Vergütungen, die neuere Photovoltaik- und Windkraftanlagen brauchen, um wirtschaftlich zu sein, immer weiter sinken. Das liegt aber auch am gestiegenen Preis an der Strombörse, vor allem aufgrund der teurer gewordenen Emissionszertifikate. Die täglichen Spotpreise sind seit Mai 2018 im Vergleich zu den Vorjahreswerten um mindestens 10 Euro pro Megawattstunde gestiegen. Ende August 2018 lag der Spotpreis sogar etwa 25 Euro über dem des gleichen Zeitraums im vergangenen Jahr. Das sind zwar für den Verbraucher kaum merkliche 0,01 bis 0,025 Cent pro Kilowattstunde. Doch in der Masse von fast 450 Millionen Megawattstunden kommt da viel Geld zusammen, das nicht aus dem Überschuss auf dem EEG-Konto bestritten werden muss.
Der Fiskus langt kräftig zu
Nun dauert es noch ein paar Tage, bis die Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage für das kommende Jahr bekanntgeben. Jetzt ist aber schon klar, die Stromkunden stöhnen unter den hohen Strompreise – ob zu Recht oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Doch immer weiter steigende Überschuss auf dem EEG-Konto bei nur geringfügig steigenden Zahlungen der EEG-Umlage macht deutlich, dass es nicht die Energiewende ist, die die Stromkosten für die Verbraucher nach oben treibt, sondern dass hier andere Mechanismen eine Rolle spielen.
Der Bundesverband für Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht hier vor allem die Steuerlast als eine Ursachen – nicht zu Unrecht. Denn nach Angaben des Verbandes ist der Stromverbrauch zwischen 2000 und 2018 um nur fünf Prozent gestiegen. In der gleichen Zeit haben sich die Einnahmen aus der Strom- und Umsatzsteuer auf über 13,5 Milliarden Euro mehr als verdoppelt, wie Stefan Kapferer, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des BDEW, vorrechnet. Er kritisiert folgerichtig, dass es auf diese Art nicht wird mit der Sektorkopplung und damit auch nichts mit der Energiewende im Verkehrs- und Wärmebereich.
Braunkohleschäden nicht finanziert
Die Stromkosten müssen sinken. Kapferer bricht hier natürlich die Lanze für die angeblich preiswerte Kohleverstromung. Allerdings ist die gar nicht so preiswert und auf den Steuerzahlen kommen enorme Risiken zu. Wenn man sich die aktuelle Studie des Forums Ökologische Marktwirtschaft anschaut, kann einem schwindlig werden. Denn keines der Bundesländer, in denen die schmutzige Braunkohle aus der Erde gebuddelt wird, hat sich bisher darum gekümmert, wie die Folgekosten finanziert werden sollen. Weder in Potsdam, noch in Magdeburg und auch in Düsseldorf schert man sich darum, dass die Kohleunternehmen ausreichenden Rückstellungen bilden, um die Schäden, die der Bergau angerichtet hat, wieder zu beseitigen. Einzig in Dresden hat man dieses Thema zumindest inzwischen im Blick und will sich in den nächsten Monaten darum kümmern.
Um so wichtiger ist der schnelle Ausstieg aus der Braunkohle, auch wenn sie in den abgeschriebenen Uraltkraftwerken derzeit billig verstromt wird. Denn gerade die Kraftwerke in Ostdeutschland gehören zu den schmutzigsten Europas. Um diese auf den aktuellen Stand der Technik zu bringen, wären riesige Investitionen fällig, die aber in der beispielsweise in der Photovoltaik viel besser aufgehoben sind. Denn sie ist in der Lage, preiswerten Strom zu liefern, ohne zerstörte Landschaften zu hinterlassen. Der Fiskus darf das aber nicht kaputt machen. Hier resümiert Stefan Kapferer vom BDEW richtig, wenn er verlangt, dass mehr Klimaschutz durch eine weitere Reduktion der Kohleverstromung mit einer Senkung der Stromsteuer einher gehen muss. Zusätzlich oder zumindest alternativ verlangt er, dass der Fiskus die entgangene EEG-Umlage finanziert, die aufgrund der Bevorzugung der stromfressenden Industrie zustande kommen. (Sven Ullrich)