Das Institut für Solarenergieforschung (ISFH) hat ein Berechnungstool für Mieterstromprojekte veröffentlicht. Mit dieser kostenfreien Planungshilfe können Vermieter, Investoren und Planer individuell ausrechnen, wie sich eventuelle Mieterstromanlagen auf dem Dach ihres Mehrfamilienhauses wirtschaftlich betreiben lassen. Das Tool warnt auch, wenn sich die Anlagen nicht mehr rechnen, weil die Amortisationszeit über der vorausgesetzten Lebensdauer des Generators liegt.
Basierend auf verschiedenen Referenzorten in Deutschland mit unterschiedlichen Witterungseinflüssen und Einstrahlungswerten kann der Planer oder Immobilienbesitzer eine erste grobe Abschätzung vornehmen, wie viel Gewinn er mit welcher Anlagengröße erwirtschaftet. Es ist aber auch möglich, einen zusätzlichen Standort einzufügen, wenn die notwendigen Daten dafür vorliegen. Für die eigentliche Berechnung kann der Planer oder der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses selbst die Leistung der Solaranlage und anderer Parameter wie die Kosten für den Umbau des Messkonzeptes oder die Höhe der Finanzierungskosten variieren und sich auf diese Weise an die wirtschaftlichste Auslegung herantasten. In der Regel sind die Gewinne am Ende der Lebensdauer höher, wenn die Anlage größer geplant wird. Dies hängt wiederum von der Höhe der Einspeisevergütung ab. Denn kaum eine vernünftig ausgelegt Mieterstromanlage wird ohne Überschusseinspeisung auskommen.
Multivalente Lösungen berechnen
In die Berechnung kann der Planer und Immobilienbesitzer auch Blockheizkraftwerke, Wärmepumpen, thermische und elektrische Speicher und kleine Windkraftanlagen mit einbeziehen. Auch Gaskessel können in der Berechnung mit betrachtet werden. Außerdem sind verschiedene Verbrauchsprofile hinterlegt, so dass auch die Einsparungen für Mieter berechnet werden können. Auf diese Weise kann der Vermieter oder Anlagenplaner sogar die gesamte Energieversorgung des Gebäudes abschätzen. Außerdem können sie dadurch auch multivalente Energieversorgungslösungen planen und sich an die wirtschaftlich beste Möglichkeit herantasten.
Der Strom-, Heiz- und Warmwasserverbrauch des Gebäudes wird dabei aus der Anzahl und Nutzungsart der im Gebäude vorhandenen Wohneinheiten berechnet. Zudem wird die Anzahl der Mieter einbezogen, die an der Mieterstromversorgung mit Solarstrom vom Dach und Reststrom aus dem Netz teilnehmen. Denn das ist essentiell für die Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekten.
Hilfestellung für Planer und Hauseigentümer
Für die Abschätzung, in welcher Auslegung sich eine Mieterstromanlage für alle Beteiligten lohnt, haben die Hamelner Forscher die gängigsten Verfahren für dynamische Wirtschaftlichkeitsrechnungen in ihr Programm eingefügt. Das ist die Berechnung von Kapitalwert und Endwert, die jährlichen Finanzströme und die Amortisationsdauer. Zudem haben sie eine ökologische Bewertung eingefügt, die anhand jährlich vermiedener CO2 Emissionen im teils regenerativ versorgten Gebäude im Vergleich zu einem konventionell versorgten Referenzgebäude erfolgt.
Mit ihrem Berechnungstool wollen die Forscher des ISFH eine erhebliche Hürde für Mieterstromprojekte abbauen. Denn Die Wirtschaftlichkeit hängt von sehr vielen Faktoren ab. Deshalb, so sind sich die Forscher sicher, können Mieterstromanbieter ohne Hilfestellung kaum abschätzen, ob sich eine Investition lohnt. Mit dem neuen Berechnungstool will das ISFH diese Hilfestellung anbieten, nicht zuletzt für Eigentümer kleinerer Mehrfamilienhäuser, die nicht so sehr im Fokus der großen Planer stehen.
Vorteile der Abschaffung der Sonnensteuer sichtbar
Grundlage für die Berechnung ist das Mieterstromgesetz und das EEG mit seinen Regelungen bezüglich des Eigenverbrauchs und der Sonnensteuer auf direkt im Gebäude verbrauchten Strom, der von Dritten geliefert wird. Zusätzlich haben die Forscher in das Berechnungstool noch die Möglichkeit der Reduzierung der EEG-Umlage eingebaut. Auf diese Weise kann man abschätzen, wie sich die Mieterstromförderung im Vergleich zum Wegfall oder Reduktion der EEG-Umlage auf die Wirtschaftlichkeit von Mieterstromprojekten auswirkt.
Hier wird deutlich, dass schon eine auf das Niveau des gewerblichen Eigenverbrauchs verringerte EEG-Umlage mehr einbringt als die finanzielle Förderung durch das Mieterstromgesetz. Dazu kommt noch, dass eine einfache Reduzierung der EEG-Umlage im Vergleich zum administrativen Aufwand, der bei der Mieterstromförderung notwendig ist, die Hürde für die Realisierung von Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern weiter senken würde. Die Hamelner Forscher sehen zudem in den für die Wirtschaftlichkeit maßgeblichen, aber oftmals unbekannten Größen des Direktverbrauchs und an den hohen Kosten für die korrekte Verbrauchsabrechnung der Mieter eine der größten Investitionshindernisse im Bereich Mieterstrom.
Die Forscher haben das Berechnungstool in einer Exceldatei umgesetzt. Es führt eine stündliche energetische Bilanzierung der Erzeugung und des Verbrauchs von Strom und Wärme für Referenzjahresverläufe durch und liefert eine Visualisierung der Energieflüsse sowie die ökologische und ökonomische Bewertung des gewählten Versorgungskonzeptes. (Sven Ullrich)