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Gutes Grünstromjahr: Die preisdämpfende ausgeglichene Strombilanz der Erneuerbaren-Kraftwerke

Während die Windstromerzeugung infolge knapp einer Handvoll überraschend starker Flauten im vergangenen Jahr den Erzeugungsrekord des Vorjahres um 3 Terawattstunden (TWh) oder zwei Prozent unterbot, glich dies die starke Solarstromerzeugung in Deutschland mit einem Plus von fast 6 TWh mehr als aus. Vor allem aber zeigt sich nun aber immer deutlicher, dass sich die beiden wichtigsten Grünstromerzeugungsquellen des Landes trotz oder gerade wegen ihres wetterabhängigen Aufkommens immer besser ergänzen. So machten die im Herbst und Winter auffrischenden Winde die dann nachlassenden Sonneneinstrahlungen weitgehend wett und umgekehrt im Frühjahr und Sommer das zunehmende Licht die abnehmenden Luftströmungen. So schwankten die Einspeisungen aus den beiden Erneuerbare-Energien-Hauptquellen im Monatsvergleich um maximal nur 5,7 TWh bei einer Mindesteinspeisung im November von 14 und einer Höchsteinspeisung beider Stromarten im Januar von 19,7 TWh – so wenig wie zuletzt 2021 oder 2018. Damals war das Einspeiseniveau der wetterabhängigen Erneuerbarenkraftwerke freilich durchweg um rund fünf TWh geringer, die Schwankungen fallen aufgrund der ausgleichend zeitlich unterschiedlichen Erzeugung durch Wind und Sonne heute also im Verhältnis zum Einspeisevolumen viel geringer aus.

Dies alles ergibt sich aus einer internen Auswertung des Fraunhofer ISE, eines Fraunhofer-Forschungsinstituts in Freiburg, das die Datenanalyse-Plattform für Stromeinspeisungen Energy-charts.info betreibt.

Deutlicher wird die zunehmend ausgleichende Wirkung allerdings noch durch einen Blick auf die Last, also den Strombedarf am Netz. Abgesehen vom wegen außergewöhnlicher Windflauten sehr ertragsschwachen November wich die Erzeugung durch Wind- und Sonnenkraft von der Last nur in einer engen Bandbreite von 20 bis 24,5 TWh ab: Nur um 4,5 TWh unterschied sich somit dieser monatliche Bedarf an grundlastfähiger steuerbarer Erzeugung auf Basis regenerativer wie fossiler Quellen oder von Stromimporten, das war so stabil wie nie seit der Erfassung dieser Daten im Detail durch das Fraunhofer ISE. Den November eingerechnet, als der Bedarf an steuerbarer wetterunabhängiger Grundlast-Erzeugung auf 26,8 TWh anstieg, ergibt sich ein um knapp 7 TWh schwankender Bedarf für steuerbare Stromerzeugung, der bisher die geringste Schwankungsbreite in allen Aufzeichnungsjahren seit zehn Jahren war. Damit blieben diese Schwankungen2024 freilich geringer als die des Stromverbrauchs selbst, dessen monatliche Mittelwerte sich um bis zu 8,4 TWh voneinander unterschieden.

Sich ausgleichende Wind- und Sonnenstromerzeugung in den zwölf Monaten 2024 gemäß Energy-charts.info

Fraunhofer ISE

Sich ausgleichende Wind- und Sonnenstromerzeugung in den zwölf Monaten 2024 gemäß Energy-charts.info

Die extremen Windflauten im November und im Dezember hatten allerdings zu enormen Preisausschlägen im sogenannten Day-Ahead-Stromhandel von Strommengen am Tag vor ihrer Lieferung geführt. Die hierbei erfolgten Preisspitzen von 820 Euro pro Megawattstunde (MWh) am späten Nachmittag des 6. November und 936 Euro pro MWh am Spätnachmittag des 12. Dezember hatten auch die für die Industrie wichtigen Stromhandelspreise in skandinavischen Nachbarländern mit nach oben getrieben und dort bei Regierungspolitikern zu undiplomatisch harschen Reaktionen geführt. Die Deutschen sollten zurück zur angeblich verlässlicheren Atomkraft, hieß es aus Schweden. Es sei eine „beschissene“ Situation, war aus Norwegen zu vernehmen.

Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland, Wind- und Sonnenstrom im Verhältnis zur Last

Energy-charts.info

Öffentliche Nettostromerzeugung in Deutschland, Wind- und Sonnenstrom im Verhältnis zur Last

Der für die Statistikanalyse der Energy Charts beim Fraunhofer ISE Zuständige ist Professor Bruno Burger. Als Gruppenleiter für Energiedaten und strategische Entwicklung bewertet er die Entwicklung der sich zunehmend ausgleichenden und der deutschen Stromlast annähernden wetterabhängigen Erzeugung positiv. Mit dem dringend benötigten und in Deutschland seit Jahren aufgeschobenen Ausbau von Stromspeichern aller Art ließe sich der sich gut ergänzende Strommix von Wind und Sonne nun kurzfristig so mit der Last und dem komplexen Stromhandel in Einklang bringen, sagt Burger, dass „wir zwar keine Dunkelflaute überbrücken, die kurzen Preispeaks von nur zwei Stunden Länge … aber mit ihnen gut dämpfen“ können.

Der Berliner Thinktank Agora Energiewende hatte die Preisspitzen durch die schwankende wetterabhängige Erzeugung in Deutschland zuletzt ohnehin als im Endeffekt zu vernachlässigendes Problem des Stromhandels gewertet. Durch den inzwischen erreichten Ausbau von Wind- und Solarkraft fielen preissenkende Phasen durch wetterbegünstigte starke Einspeisungen des Grünstroms inzwischen aufs Jahr gerechnet „doppelt so stark ins Gewicht wie die Preisspitzen der Dunkelflauten“. Allerdings müsse das Potenzial dieser preisgünstigen Stromerzeugungsphasen mit mehr Stromspeichern und intelligenten Stromzählern sowie Anreizen zu flexiblerer Nachfrage durch Großverbraucher nun auch besser zugänglich werden.

Für den Fraunhofer-ISE-Experten Burger ist indes der zuletzt zugenommene Bedarf an vielleicht mitunter teuren Stromimporten infolge zuletzt abgeschalteter größerer Kapazitäten von Atom- und Kohlekraftwerken ein mutmaßlich schnell wieder verschwindendes Phänomen. Die Deckungslücke ausweislich von 2024 erzielten Nettoimporten von 25 TWh Strom werde schon 2025 rechnerisch verschwinden, kalkuliert Burger. Durch den für 2025 zu erwartenden Zubau von erneut 15 Gigawatt (GW) Solarkraft, 5 GW Windkraft an Land und 1,8 GW Windkraft auf See, entstünden zusätzliche Kapazitäten für die jährliche Erzeugung von zusammen 27,5 TWh rechnet er vor.