Stefan Thimm, Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie Offshore (BWO), nennt die von Wind Europe veröffentlichten Zahlen zum Ausbau der Offshore-Windenergie in Europa 2023, „eine bemerkenswerte Erweiterung der Offshore-Windparkkapazität um 4,2 Gigawatt.“ Er verweist darauf, dass dies eine Steigerung von 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeute. Allein die EU trug drei Gigawatt zu diesem Wachstum bei, ein signifikanter Sprung von den 2,1 Gigawatt, die 2022 hinzugefügt wurden.
„Die Neuigkeiten sind großartig: Das letzte Jahr war ein Meilenstein für die Offshore-Windenergie in Europa, mit mehr ans Netz angeschlossenen Windturbinen als je zuvor. Ebenso ermutigend ist der Anstieg der Investitionen. Die Finanzierung für acht neue Windparks erreichte 30 Milliarden Euro, was die Entwicklung einer zusätzlichen Kapazität von neun Gigawatt Offshore ermöglichte“, sagt der BWO-Geschäftsführer. Wenn alle Länder ihre Auktionen 2024 wie geplant durchführten, so Thimme, würden in diesem Jahr mindestens 40 Gigawatt versteigert. „Deutschland zählt mit Dänemark, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden zu den fünf Ländern mit den höchsten Auktionskapazitäten in den nächsten zwei Jahren.“
Diesen Ausbau solle Deutschland industriepolitisch flankieren, um mögliche Engpässe zu beseitigen sowie um einen hohen Anteil an Wertschöpfung und Beschäftigung in Deutschland und Europa zu erreichen, ergänzt Thimm. Dazu hat der BWO Handlungsempfehlungen veröffentlicht, u.a. für mehr Investitionen in die Häfen in Deutschland, die Beschleunigung des Genehmigungsprozesses im Wind-See-Gesetz, die Gewinnung von Fachkräften sowie das Bündeln von Kompetenzen und Zuständigkeiten auf Bund-Länder-Ebene. „Hier müssen alle jetzt ressortübergreifend noch besser zusammenarbeiten“, so Thimm.
Hier die wichtigsten Handlungsempfehlungen im Überblick:
1. Es braucht zeitnahe Genehmigungen für den Ausbau der Hafeninfrastruktur im Hinblick auf die speziellen Anforderungen der Offshore-Windenergie.
2. Die notwendigen Beschleunigungsprozesse in der Verwaltung lassen sich u.a. durch einen stetigen Austausch der Behörden mit den Offshore-Windparkbetreibern gewährleisten.
3. Wir empfehlen dringend eine ergebnisoffene Analyse der Ausschreibungen und eine Konsultation mit der Branche hinsichtlich der Auswirkungen der ungedeckelten Gebotskomponente sowie der Ausgestaltung der qualitativen Kriterien.
4. Für Investitionen in die Erneuerung und den Ausbau der Hafeninfrastruktur werden europaweit mindestens 9 Mrd. € bis 2030 notwendig. In Deutschland bedarf es dafür zumindest einer Anhebung des „Hafenlastenausgleichs“ durch die Bundesregierung.
5. Die Branche empfiehlt verschiedene Finanzierungsinstrumente, um die Zeit der unlinierten Auftragslage aufgrund langer Vorlaufzeiten zu überbrücken und der Wertschöpfungskette ausreichend Sicherheit für schon heute unbedingt erforderliche Großinvestitionen zu bieten (z.B. Öffnung der Kreditprogramme, Sonderabschreibungen, Exportkreditgarantien).
6. Auch in Deutschland sollten Produktionsstandorte für 2-GW-Konverterplattformen geschaffen werden (insbesondere Rostock-Warnemünde und Bremerhaven).
7. Es braucht eine zentrale Informationsplattform für Fachkräfte für die Energiewende durch die Bundesagentur für Arbeit mit besonderem Augenmerk auf die Offshore-Industrie, die Einrichtung einer „Net-Zero Industry Academy - Offshore Wind“, sowie die Vereinfachung und Anpassung der Visa-Regularien an die Bedürfnisse ausländischer Fachkräfte. (nw)