Bis jetzt ist es nur ein Gesetzentwurf. Doch dieser lässt hoffen. In dem von Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) vorgelegten Entwurf zu den Abstandsregelungen für Windkraftwerke ist die umstrittene geplante „Zehn-Häuser-Regel“ gestrichen. Das ist eine gute Nachricht für die Windbranche. Doch wie sieht der Entwurf im Detail aus? Bisher war geplant, dass neue Windkraftanlagen immer einen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohnhäusern haben müssen. Diese Regel soll laut Entwurf nur noch für Kommunen gelten, die das auch wollen. Stattdessen dürfen sie den Abstandes selbst definieren. Der Mindestabstand bei Wohnbebauungen ab zehn Häusern muss ebenfalls nicht mehr eingehalten werden. Dieser hätte in vielen Kommunen den Ausbau der Windenergie verhindert.
Studie: Weniger als ein Prozent der Landesfläche für Windkraft
Zwar begrüßen Verbände wie der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) diesen Schritt, dass die 1.000 Meter eine Pflicht mehr sind und die Zehn-Häuser-Regel vom Tisch ist. Gleichwohl kritisiert der LEE, dass die 1000 Meter immer noch Standard bleiben, außer wenn Kommunen sich dagegen entscheiden und sie kritisieren das strikte Nein zur Windkraftnutzung in Nutzwäldern. So seien die Ausbauziele nicht zu erreichen. Eine Potenzialstudie zum weiteren landesweiten Windkraftausbau des LEE NRW für alle 54 Kreise und Städte in NRW zeige laut LEE, landesweit verbleibe nur noch eine theoretisch maximal nutzbare Fläche von 0,64 % für die Windkraftnutzung. Demnach wäre künftig in knapp der Hälfte aller NRW-Kreise und kreisfreien Städte kein Windkraftausbau mehr möglich. So könne es allenfalls eine theoretisch mögliche Windkraftleistung von 7.239 MW auf den verbleibenden Flächen realisiert werden. Was weit unter den Zielen der Landesregierung liege, die sich eine Leistung von 10.500 MW bis 2030 zum Ziel gesetzt hat (Status quo Ende 2020: etwa 6.200 MW). Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes: „Der in unserer Studie ermittelte Ausbauwert reduziert sich in der Praxis noch weiter beispielsweise durch städtebauliche, luftverkehrsrechtliche und Artenschutzrestriktionen“.
Repowering kaum möglich bei 1.000 Meter Abstand
Wie wenig durchdacht der von der Landesregierung vorgelegte Gesetzentwurf ist, zeige sich laut LEE beim Repowering. Bei den vorgesehenen Restriktionen können nur 228 Windenergieanlagen, das sind gerade einmal 6,15 Prozent des derzeitigen Bestandes, erneuert werden. „Die schwarze-gelbe Landesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2017 für den weiteren Windkraftausbau auf das Repowering gesetzt, was sie mit ihrer geplanten Gesetzgebung selbst zunichte macht“, verweist Priggen auf die Widersprüche des Kabinetts Laschet/Pinkwart. Bei den vorliegenden Zahlen, so der LEE NRW-Vorsitzende, zeichne sich ab, „dass es in NRW einen Rück- statt eines Zubaus für die Windenergie geben wird.“
Um das zu verhindern, fordert der LEE NRW zum einen eine Ausnahmereglung für das Repowering zu schaffen, in dem die Landesregierung auf den geplanten pauschalen 1.000-Meter-Abstand zur Wohnnutzung komplett verzichtet. „Um weitere Flächen zu gewinnen, brauchen wir außerdem die Nutzung der Nutzforste für die Windenergie – eine Öffnung, die jüngst auch das Bundesland Niedersachsen angekündigt hat“, fordert Priggen, „das wäre nicht nur ein Gewinn für den Klimaschutz, sondern auch für die Waldbauern im Land, von denen viele durch die Trockenheit der vergangenen drei Jahre sowie die Borkenkäferplage wirtschaftlich in Schieflage geraten sind.“
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