1.624 neue Anlagen oder genau 4.625 MW stellten die Projektierer im vergangenen Jahr bundesweit an Land auf. Das war gemessen an der Erzeugungskraft wieder um 24 Prozent mehr als im etwas rückläufigen Vorjahr und verblieb knapp unterhalb den 4,75 GW des Rekordjahres 2014. „Es war ein gutes Jahr für die Windenergie“, sagte am Dienstagvormittag in Berlin der Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE), Hermann Albers, bei der Präsentation der neuen Branchen-Statistik von VDMA, BWE und dem Marktanalysedienst Deutsche Windguard.
Dabei hatte auch das Repowering 2016 wieder einen leicht bedeutenderen Anteil. Der Austausch alter abgebauter Anlagen gegen neue größere, moderne und leistungsstärkere Turbinen erfolgte etwa auf dem starken Niveau von 2013 – des bisher zweitstärksten Repowering-Jahres der deutschen Windbranche, 2014 war das beste Repowering-Jahr: Rund 680 MW des Windkraftzubaus waren 2016 dieser Kategorie zuzuordnen. Fast halb so viel, 367 MW, nahmen die Firmen durch den Abbau weniger rentabler Altanlagen wieder aus dem bundesdeutschen Windkraftwerkspark heraus. Dabei war das Repoweringgeschäft noch bis 2014 durch einen Vergütungsbonus begünstigt und muss inzwischen ohne finanzielle Extra-Förderung auskommen. Gäbe es dieses Repoweringgeschäft nicht, hätte 2016 vielleicht sogar neues Rekordjahr werden können: 3,95 GW bauten die Errichter im vergangenen Jahr auf vorher nicht durch Windkraft genutzten Flächen hinzu. Vor zwei Jahren hatte der Zubau ohne Repowering noch 3,6 GW betragen. Die Projektierer hatten damals die letzte Chance zum Einstreichen des Repowering-Bonus genutzt und Austausch-Windparks im Rekordvolumen von einem GW an die Netze gebracht. Dieses erst hatte für 2014 dann den bisherigen Ausbaurekord im Windmarkt Deutschland bedeutet.
Als besonders günstig werten die Windenergieorganisationen VDMA und BWE, dass der Ausbau 2016 sich gleichmäßig über Deutschland erstreckte: Mit 965 Megawatt (MW) zugebauter Windkraftleistung in Süddeutschland trugen Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Saarland schon zu 21 Prozent des bundesweiten Windkraft-Ausbaus bei. In der Mitte Deutschlands von Nordrhein-Westfalen bis Brandenburg und Sachsen leisteten die Installations-Teams 38,6 Prozent des bundesweiten Windparkbaus im Jahr 2016. In Norddeutschland fand 40 Prozent des Ausbaus statt. „Anders als noch 2014 und 2015 verteilt sich der Zubau 2016 zunehmend ausgeglichen über das Bundesgebiet“, sagte Hermann Albers.
Die gleichmäßige regionale Verteilung der Windparkerrichtungen ist dem starken Wachstum des Geschäfts vor allem in drei Bundesländern zu verdanken: Zwar haben die Projektierer besonders fieberhaft das Bauland im Windenergie-Spitzenland Niedersachsen wieder bestückt – und dort sogar 118 Prozent oder annähernd 500 MW mehr errichtet als 2015. Insgesamt waren es 900 MW. Doch dahinter erhöhten die Errichter ihren Ausbautakt im Vergleich zum Vorjahr am meisten in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen (jeweils mehr als 140 MW plus) sowie Hessen (108 MW plus). Besonders aber Baden-Württemberg rückte hierbei verhältnismäßig auf: Dort hat der Zubau in überhaupt nennenswertem Umfang erst vor zwei Jahren begonnen. Nun betrug das prozentuale Wachstum des Windparkzubau-Geschäfts im Ländle 141 Prozent. Mit 346,7 MW Jahreszubau belegte das Südwest-Bundesland schon den fünften Platz im Bundesländer-Ranking der Windkraftverbände. Davor reihten sich mit Brandenburg (Zubau: 493,8 MW), Nordrhein-Westfalen (Zubau: 654,45 MW) und Schleswig-Holstein (Zubau: 651,2 MW) und eben Niedersachsen die schon gewohnten Windenergieführungsländer.
Und ein weiterer Vergleich kann die immer bessere regionale Verteilung gut illustrieren: Fand im vergangenen Jahr noch in fünf Bundesländern ein Zubau von über 300 bis zu 900 MW statt, finden sich im selben statistischen Spitzenbereich nun acht Länder wieder. In elf Bundesländern war der Zubau außerdem immerhin dreistellig verglichen mit zehn Bundesländern mit dreistelligem MW-Zubau des Vorjahres. Auf niedrigem zweistelligem Niveau darbt die Branche nur noch in zwei Flächenländern: Im ohnehin nur kleinen Saarland und in Sachsen.
Allerdings geben sich die offiziellen Spitzenvertreter der Windbranche verunsichert, was die mittelfristige Zukunft angeht. Zunächst werde das Wachstum zwar noch anhalten. In den zwei Folgejahren 2017 und 2018 werde der Windenergieausbau auf hohem Niveau verharren, betonten Albers und der energiepolitische Sprecher des VDMA, Matthias Zelinger. Die Prognosen beider Organisationen gehen sogar von einem möglichen neuen Rekordjahr 2017 mit einem Zubau zwischen 4,5 und 5,0 GW aus. Auch 2018 könne dieser noch einmal 3,0 bis 3,5 GW erreichen. Verantwortlich dafür ist eine nie dagewesene Flut genehmigter Windpark-Bauprojekte mit einem Volumen von mehr als sechs GW. Dieses haben die Projektierer sich laut vorläufigen Zahlen der Bundesnetzagentur bis zum Stichtag 31.12.2016 angelegt, um noch nach dem bisherigen gesetzlich gesicherten Vergütungsrecht einspeisen zu dürfen. Insofern sie vor 2019 ihre Neuerrichtungen ans Netz angeschlossen haben, zahlen die Netzbetreiber für jede eingespeiste Kilowattstunde aus jeder dieser Anlagen deutlich mehr, als es auf dem freien Markt der Strombörse dafür gäbe. Inoffizielle Schätzungen gingen zuletzt sogar von einem genehmigten Volumen von mehr als acht GW aus, das die Projektierer nun noch für diese gesicherte Zukunft in petto haben.
Nur verhindert das neu reformierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 möglicherweise, dass sich das Geschäft auf diese Weise Ende 2017 und erst Recht 2018 noch lohnt. Denn eine im EEG neu eingebaute Degressionsregel bestimmt, dass die Vergütung in kleinen aber häufigen Schritten teils jährlich, teils vierteljährlich umso mehr sinkt, je stärker der Turbinenausbau das im EEG vorgegebene Wunsch-Ausbaulimit von 2,5 GW übersteigt. Fände der Ausbau im von BWE und VDMA erwarteten Tempo statt, werde die Vergütung von 2016 bei 8,41 Cent pro Kilowattstunde (kWh) bis Ende 2018 um mehr als 17 Prozent auf 6,97 Cent fallen.
Daher würden die Projektierer und Investoren spätestens ab 2018 schon Teile ihrer genehmigten Projekt-Volumen in die Ausschreibungen hinüber nehmen, betonte Hermann Albers: Ab Mai beziehungsweise in gut drei Monaten finden hierzulande jährlich mehrmals Ausschreibungen neuer Windparkprojekte statt. Diejenigen Investoren, die ihren Windstrom zu einem Festpreis für 20 Jahre am günstigsten einspeisen wollen, bekommen hierbei den Zuschlag für einen vergüteten Netzanschluss. Die Ausschreibungen von anfangs insgesamt 2,8 GW jährlich und dann 2,9 GW werden ab 2019 die einzige Option sein, um neue Windparks wirtschaftlich projektieren zu können.
Die wirtschaftliche Perspektive für die deutsche Windbranche schätzt insbesondere der VDMA-Windsektor als passabel an: Die Übergangsregelung im EEG für Vergütungen auch ohne Ausschreibungen bis 2018 habe die Entwicklung des deutschen Windmarkts „geglättet“, sagte Zelinger. „Jetzt ist das Geschäft aus unserer Sicht gestaltbar.“ Tatsächlich haben sich die Umsätze der Windindustrie seit 2014 auf einem Niveau zwischen elf und zwölf Milliarden Euro stabilisiert.
(Tilman Weber)