Der Anteil der erneuerbaren Energien am deutschen Strommix hat im vergangenen Jahr 49,6 Prozent erreicht. Das ergibt die Jahresauswertung zur Stromerzeugung, die das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE auf Basis der Datenplattform energy-charts.info jetzt vorgelegt hat. Demnach war das Jahr von extremen Preisen und einem starken Wachstum bei den erneuerbaren Energien geprägt. Allerdings konnte nur die Photovoltaik die von der Bundesregierung vorgegebenen Ausbauziele.
PV steigert Anteil um 19 Prozent
Photovoltaikanlagen erzeugten 2022 laut Fraunhofer ISE etwa 58 TWh, wovon rund 53 TWh ins öffentliche Netz eingespeist und 5 TWh selbst verbraucht wurden. Der Zubau von EEG-Anlagen mit 6,1 Gigawatt erhöhte die installierte Leistung auf circa 66 Gigawatt (Stand November). Dies sei der höchste Photovoltaik-Zubau seit 2013, so das Forschungsinstitut. Dank des Zubaus und des sonnigen Wetters sei die Solarstromerzeugung um 19 Prozent gegenüber 2021 gestiegen. Von April bis August und im Oktober war die monatliche Stromerzeugung von Photovoltaik-Anlagen demnach höher als die von Steinkohlekraftwerken und von März bis September höher als die von Gaskraftwerken.
Wind liefert den größten EE-Anteil – trotz schwachem Zubau
Für Wind onshore war 2022 ein durchschnittliches Jahr, Wind offshore war eher unterdurchschnittlich. Wind on- und offshore produzierten zusammen ca. 123 TWh, nach 112 TWh in 2021.
Am meisten Strom wurde aus Windenergie erzeugt, gefolgt von Braunkohle, Solar, Steinkohle, Erdgas, Biomasse, Kernkraft und Wasserkraft. Der Anteil der Onshore-Windstromproduktion betrug ca. 99 TWh und die Offshore- Produktion ca. 25 TWh, wovon ca. 21 TWh in der Nordsee und 4 TWh in der Ostsee erzeugt wurden. Der Zubau von Wind sowohl onshore als auch offshore war erneut sehr schwach: Ende November 2022 lag die installierte Leistung von Onshore-Wind bei 58 GW (plus 2,1 GW gegenüber 2021) und von Offshore- Wind bei 8,1 GW (plus 0,3 GW). Gemeinsam produzierten Solar- und Windenergieanlagen im Jahr 2022 ca. 181 TWh, gut 21 TWh mehr als 2021.
Wasserkraft leidet unter trockenem Sommer
Die Wasserkraft lag aufgrund des heißen und trockenen Sommers in der Erzeugung mit 16 TWh deutlich unter dem Wert von 2021 (19 TWh). Die Biomasse lag mit 42,2 TWh leicht über dem Wert des Vorjahres. Die installierte Leistung hat sich kaum verändert.
In Summe produzierten die erneuerbaren Energiequellen im Jahr 2022 ca. 244 TWh und damit etwa 7,4 Prozent mehr als im Vorjahr (227 TWh). Ihr Anteil an der öffentlichen Nettostromerzeugung stieg auf 49,6 Prozent (2021: 45,6 Prozent) und ihr Anteil an der Last lag bei 50,3 Prozent.
Stromverbrauch sank um 20 TWh
Die Last im Stromnetz betrug 484 TWh. Das sind rund 20 TWh weniger als 2021. Aufgrund der hohen Strompreise und der höheren Temperaturen wurde wohl deutlich Strom eingespart. Die Last enthält den Stromverbrauch und die Netzverluste, aber nicht den Pumpstromverbrauch und den Eigenverbrauch der konventionellen Kraftwerke.
Comeback der Kohleverstromung
Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 führte zu einem Einbruch der Erdgasimporte aus Russland und in der Folge zu starken Schwankungenan den Energiemärkten. In Europa führte dies in Kombination mit einem Ausfall der Hälfte des französischen Atomkraftwerk-Parks zu hohen Strompreisen.
Kompensiert wurde dieser Mangel teilweise durch einen Anstieg der Kohleverstromung, die nach einem seit 2013 rückläufigen Trend nun das dritte Jahr in Folge stieg. Die Braunkohle stieg auf 107 TWh (2021: 99 TWh), die Steinkohle auf 56 TWh (2021: 47 TWh). Die Nutzung von Erdgas zur Stromerzeugung sank dagegen von 52 TWh auf 47 TWh.
Durch die Abschaltung der drei AKW Grohnde, Gundremmingen C und Brokdorf sank die Erzeugung aus Kernkraft um 50 Prozent von 65 TWh auf 33 TWh.
Exportüberschuss und Börsenstrompreis stark gestiegen
Im Jahr 2022 wurde beim Stromhandel ein Exportüberschuss von ca. 26 TWh erzielt. Das sind 9 TWh mehr als 2021. Der Großteil der Exporte floss nach Österreich (16 TWh) und Frankreich (15,3 TWh), gefolgt von der Schweiz (6,6 TWh) und Luxemburg (3,9 TWh). Deutschland importierte Strom aus Dänemark (10,3 TWh), aus Norwegen (3,7 TWh ) und aus Schweden (3,1 TWh).
Der durchschnittliche volumengewichtete Day-Ahead Börsenstrompreis lag bei 230,58 €/MWh bzw. 23,058 Cent/kWh. Das ist ungefähr das 2,5-fache von 2021 (93,35 €/MWh) und das 6,3-fache von 2019 (36,65 €/MWh). (kw)
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