Im vergangenen Jahr verzeichnete Deutschland einen bahnbrechenden Anstieg in der Installation von Solaranlagen, so der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW). Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden mehr als eine Million neue Solaranlagen zur Strom- oder Wärmeerzeugung in Betrieb genommen – eine Rekordzahl. Besonders beeindruckend ist die Installation von Solarstromsystemen mit einer Spitzenleistung von rund 14 Gigawatt auf Dächern und Freiflächen, was einem Anstieg von 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (2022) entspricht.
Für das Jahr 2024 prognostiziert der BSW eine fortgesetzt hohe Nachfrage. Diese Entwicklung wird durch steigende Strompreise und attraktive Förderkonditionen unterstützt. Eine Yougov-Repräsentativbefragung im Auftrag des BSW zeigt, dass mehr als 1,5 Millionen private Immobilienbesitzer in Deutschland die Errichtung einer Solaranlage auf ihren Dächern planen. Laut den Ergebnissen können sich 69 Prozent der Eigentümer von Wohnimmobilien mit geeigneten Dachflächen vorstellen, eine Solaranlage zu installieren, während 16 Prozent dies bereits in den kommenden zwölf Monaten planen.
BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig äußert sich zuversichtlich über einen anhaltenden Solarboom im Jahr 2024. Er betont jedoch die Bedeutung des Bürokratieabbaus, um die ehrgeizigen Wachstumsziele zu erreichen. Körnig erklärt: „Weitere Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung sind erforderlich, um die Strom- und Wärmenetze schneller zu ertüchtigen, mit noch höheren Solaranteilen zu speisen und diese mithilfe größerer Speicherkapazitäten jederzeit verfügbar zu machen.“
Dirk Haft, Geschäftsführer IBC Solar, sagt, die Photovoltaik sei das Zugpferd der Energiewende: „Die Zahlen sprechen für sich. Der Ausbau der Solarenergie hat sich in Deutschland in einem Jahr nahezu verdoppelt. Im Eigenheimsegment gab es einen Zuwachs von 135 Prozent auf sensationelle sieben Gigawatt und auch der Heimspeicherbereich konnte einen außergewöhnlichen Zuwachs verbuchen.“
85 Prozent mehr Solarleistung als 2022 wurden im Jahr 2023 in Deutschland installiert.
Solarwachstum setzt sich 2024 fort
IBC Solar habe rechtzeitig auf den Boom gesetzt und sich gut darauf vorbereitet. „Deswegen sind wir mehr als zufrieden mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr. Wir haben es genutzt, um mit einer neuen Vertriebsstruktur, neuen Produkten und Lösungen neue Kunden zu gewinnen.“ Neben der Politik beschäftigte die Branche auch der starke Rückgang der Modulpreise. Allgemein habe die Branche erneut gezeigt, wie vielseitig und flexibel sie ist. Für 2024 stehen alle Zeichen auf Wachstum. „Neben dem Eigenheimbereich nimmt die Nachfrage auch im Gewerbesegment immer stärker zu“, so Haft. Entscheidend und wichtig sei, „dass die Politik jetzt endlich aus dem Quark kommt und das Solarpaket verabschiedet“.
Jens Baecker, Head of Development Germany bei Q-Energy, erklärt, das starke Wachstum der Photovoltaikprojekte sei bereits im vergangenen Jahr für viele überraschend gewesen. „Doch aus unserer Sicht spricht vieles dafür, dass diese Entwicklung auch 2024 anhalten wird. Wir gehen davon aus, dass das Solarpaket I zeitnah im Bundestag verabschiedet wird und den Photovoltaikausbau weiter beschleunigt.“ Insbesondere für Freiflächenanlagen seien viele gute Maßnahmen geplant, die den Solarparks einen zusätzlichen Schub geben werden.
Im Jahr 2023 entfielen 31 Prozent der neu installierten Kapazität, etwa 4,3 Gigawatt (GW), auf Freiflächensolarparks – ein Anstieg von rund 40 Prozent im Vergleich zu 2022. Der BSW erwartet eine weiter wachsende Nachfrage in diesem Marktsegment für 2024, insbesondere wenn weitere Marktbarrieren beim Zugang zu geeigneten Standortflächen abgebaut werden und der Zugang zum Stromnetz erleichtert wird, wie es im Gesetzesentwurf zum Solarpaket I vorgesehen ist.
Ein erfreulicher Trend zeigt sich auch auf den Dächern von Gewerbebetrieben. Im Jahr 2023 wurde knapp ein Fünftel (18 Prozent) der neu installierten solaren Kraftwerksleistung, etwa 2,5 Gigawatt, auf Firmendächern realisiert – eine Steigerung um beeindruckende 75 Prozent im Vergleich zu 2022. Die Erwartungen des BSW an beschleunigte Investitionen in Solaranlagen auf Gewerbedächern könnten sich durch die im Solarpaket I vorgesehenen Erleichterungen beim Zugang zum Stromnetz weiter verstärken.
18 Prozent neue Solarleistung wurden 2023 auf Firmendächern installiert – eine Steigerung um 75 Prozent im Vergleich zum Jahr 2022.
Mieter profitieren von Solartechnik
Ein weiterer erfreulicher Aspekt ist der Zugang von Mietern zu Solartechnik. Im Jahr 2023 wurden allein in Deutschland rund 270.000 Steckersolargeräte, auch bekannt als „Balkonkraftwerke“, in Betrieb genommen – eine Vervierfachung im Vergleich zu 2022. Obwohl sie nur knapp zwei Prozent der Gesamtleistung der 2023 neu installierten Photovoltaikanlagen ausmachen, zeigen diese Zahlen, dass immer mehr zur Miete lebende Haushalte von preiswerter Solartechnik profitieren.
Insgesamt produzierten die inzwischen rund 3,7 Millionen Photovoltaiksysteme in Deutschland im vergangenen Jahr beeindruckende 62 Milliarden Kilowattstunden und deckten damit rund zwölf Prozent des deutschen Stromverbrauchs. Der Solarverband BSW sieht die Solarwirtschaft als entscheidenden Akteur im Klimaschutz und ist zuversichtlich, die Regierungsziele bei der Photovoltaik weiterhin zu erfüllen.
„Weltweit steigt die Zahl von Photovoltaikanlagen täglich. Mit Blick auf den Kampf gegen den Klimawandel ist das für sich schon sehr erfreulich. Als renommiertes europäisches Unternehmen wollen wir diesen Trend mit sicheren und nachhaltigen Produkten weiter unterstützen“, sagt auch Martin Hackl, Global Director Marketing und Sales bei Fronius Solar Energy. Der Wechselrichterhersteller aus Österreich hat 2023 insgesamt 230 Millionen Euro in seinen Fertigungsstandort in Österreich und in das Kompetenzzentrum für induktive Komponenten in Tschechien investiert. Zudem wurde die gesamte Supply-Chain strategisch ausgebaut und Beziehungen mit Zulieferern weiter gestärkt. „Damit haben wir wichtige Impulse gesetzt und die Verfügbarkeit unserer Produkte weiter abgesichert. Monatlich können wir nun Fertigungskapazitäten von bis zu 70.000 Wechselrichtern sicherstellen“, betont Martin Hackl.
263 Gigawatt Solarleistung waren Ende 2023 in Europa am Netz, ein Zuwachs um 56 Gigawatt gegenüber 2022.
Erfolgreiches Ausbaujahr in ganz Europa
Nicht nur in Deutschland und Österreich ist die Solarbranche auf Wachstumskurs. Ganz Europa kann auf ein erfolgreiches Solarjahr zurückblicken.
Der neue europäische Marktausblick für Solarenergie 2023 bis 2027 von Solarpower Europe (SPE) zeigt einen Rekordzuwachs von 56 GW an Solaranlagen in Europa im Jahr 2023. Fast 17 Millionen zusätzliche europäische Haushalte werden seit 2023 mit Solarstrom versorgt. Das war damit das dritte Jahr mit jährlichen Wachstumsraten von mindestens 40 Prozent. Der Jahresbericht von SPE prognostiziert allerdings ein langsameres Wachstum im Jahr 2024, in dem der jährliche Markt nur noch um elf Prozent wachsen soll – und damit 62 GW erreichen wird.
Deutschland ist mit der oben erwähnten installierten Leistung von über 14 GW im Jahr 2023 wieder die Nummer eins in der europäischen Solarrangliste. Es folgen Spanien (8,2 GW), Italien (4,8 GW), Polen (4,6 GW) und die Niederlande (4,1 GW).
Das Jahr 2023 eröffnet auch eine neue Ära für die Solarenergie in Mittel- und Osteuropa, da drei neue Länder die Schwelle von mindestens 1 GW Solarleistung im Jahr erreichten: Tschechien, Bulgarien und Rumänien.
Die Solarenergie hat die Energiekrise überstanden, und die Bemühungen des Sektors liegen nur wenige Gigawatt unter der Empfehlung der Internationalen Energieagentur (IEA), bis 2023 rund 60 GW Solarstrom zu installieren, um den Ausstieg aus dem russischen Gas zu kompensieren. Die gesamte Solarflotte der EU beläuft sich nun auf 263 GW, ein Anstieg um 27 Prozent gegenüber 207 GW im Jahr 2022.
Der Marktanteil der Großanlagen ging in Europa unter anderem wegen verzögerter Auktionen zurück.
70 GW Jahreszubau verfehlt Europa noch
Walburga Hemetsberger, CEO von Solarpower Europe, sagt, die Solarenergie habe Europa auch in der Krise mit rekordverdächtigen Installationen geholfen: „Jetzt, da die Solarenergie ihren eigenen Wendepunkt erreicht, muss Europa für die Solarenergie liefern. Wir installieren noch nicht die durchschnittlichen 70 GW pro Jahr, die notwendig sind, um unsere Solarziele für 2030 zu erreichen.“ Es sei klar, dass die politischen Entscheidungsträger es sich nicht leisten könnten, für den Rest des Jahrzehnts selbstzufrieden zu sein.
Aufgrund der anhaltenden Auswirkungen der Energiekrise ist ein großer Teil des Wachstums im Jahr 2023 auf verspätete Installationen aus 2022 zurückzuführen. Die letzten Monate des Jahres 2023 waren wesentlich ruhiger als der Jahresanfang.
Dries Acke, Policy Director bei Solarpower Europe, sagt, glücklicherweise seien es nicht mehr die extremen Energiepreise, die das Solarwachstum antreiben. „Das bedeutet jedoch, dass die politischen Entscheidungsträger wieder in der Pflicht sind, gute Investitionsbedingungen für die Solarenergie zu schaffen.“ Netzanschlusszeiten von mehr als vier Jahren seien inakzeptabel. „Wir können nicht zulassen, dass die Genehmigungsverfahren auf lokaler Ebene nur langsam vorankommen. Wir können nicht riskieren, dass Handelshemmnisse die Entwicklung bremsen. Und wir dürfen auch nicht die Chance verpassen, die Solarproduktion in Europa wieder aufzubauen.“
Der EU-Markt für Aufdach-Solaranlagen wuchs im Jahresvergleich um 54 Prozent, insbesondere bei gewerblichen und industriellen Kunden. Der Marktanteil der Großanlagen ging jedoch aus verschiedenen Gründen bis 2023 um sechs Prozent zurück. Verzögerte Auktionen, höhere Netzentgelte, ein inflationäres Umfeld sowie Genehmigungs- und Netzanschlussprobleme machen Solarentwicklern in vielen Regionen trotz der EU-Gesetzgebung immer noch das Leben schwer. Zusammengenommen bedeutet dies, dass der Zubau von Freiflächen-Solarenergie im Jahr 2023 in Europa 19 GW erreichte, verglichen mit 16 GW 2022. Im Vergleich dazu wuchs die Aufdach-Solarleistung von 24 GW im Jahr 2022 auf 37 GW 2023. W
„Die politischen Entscheidungsträger sind in der Pflicht, gute Investitionsbedingungen für die Solarenergie zu schaffen.“