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Wasserstoff-Forschungsprojekt

Siemens testet neue Elektrolyse-Technologie

Einsatz von Speichern je nach Standort und RegenerativquelleGrafik: Siemens

Gemeinsam mit Linde und den Stadtwerken Mainz baut Siemens den Energiepark Mainz auf, in dem drei Standardsysteme von Siemens mit jeweils 2,1 Megawatt Peak aufgebaut werden. „Wir haben vor Ort einen Anschluss zu einem Zehn-Megawatt-Windpark. Wir haben 1000 Kilo Speicherung oder 33 Megawattstunden. Unser Ziel sind 200 Tonnen Wasserstoff pro Jahr. Wir haben alle Optionen: Wir können einspeisen in eine Gaspipeline, oder den Wasserstoff über LKWs zur Wasserstofftankstelle bringen“, berichtet Gaëlle Hotellier, Leiterin der Abteilung Hydrogen Solutions bei Siemens bei einer Wasserstoffkonferenz des Deutsch-französischen Büros für erneuerbare Energien.

Die Umwandlung von Strom in Wasserstoff soll mit der sogenannten PEM-Elektrolyse stattfinden. PEM steht für Proton-Austausch-Membran. Wie funktioniert die Technik? Die PEM-Elektrolyse befindet sich genau zwischen elektrischem und chemischem System. Die Elektrolysen-Anlage funktioniert auf Basis von Leitungswasser und Strom. Im Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur wird destilliertes Wasser durch elektrischen Strom in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Er besteht aus einer protonendurchlässigen Polymermembran. Diese ist kathodenseitig mit einer porösen Elektrode aus auf Kohlenstoff geträgertem Platin und anodenseitig mit metallischen oder als Oxid vorliegenden Edelmetallen (meist Iridium und Ruthenium) beschichtet. An diese Elektroden wird eine äußere Spannung angelegt. Auf der Anodenseite des Elektrolyseurs wird Wasser zugeführt Es können auch beide Halbzellen mit Wasser geflutet werden, oder auch nur die Kathodenseite, dies ist abhängig vom Verwendungszweck.

Die katalytische Wirkung der Edelmetall-Elektrode führt zur Zersetzung des Wassers an der Anodenseite: Es entstehen Sauerstoff, freie Elektronen und positiv geladene H+-Ionen. Die Wasserstoff-Ionen diffundieren durch die protonenleitende Membran auf die Kathodenseite, wo sie mit den Elektronen zu Wasserstoff kombinieren.

Dabei gibt es eine Kontaktierung vom Strom mit dem Wasser. Das führt an den Elektroden zu einem Split der Wassermoleküle in Wasserstoff- und auf der anderen Seite Sauerstoffmoleküle.

Gegenüber dem bisher verbreiteten Prinzip der Elektrolyse mit Alkalisäure bietet PEM einige Vorteile. Das wichtigste Argument für die Technologie ist die hohe Dynamik, die erreicht wird. Man erzielt zehn Prozent Leistungszuwachs pro Sekunde. Ein Kaltstart ist möglich, es ist nicht nötig, auf Betriebstemperatur zu gehen. Es gibt auch nicht wie bei anderen Elektrolysen Probleme mit Alkalisäure und Korrosion. Für die PEM-Elektrolyse spricht auch die längere Lebensdauer. Außerdem wird Druck erzeugt. Siemens fährt im Output mit 35 bar. Damit werden Kompressionsstufen im Anschluss reduziert. Alternativ kann man aber auch in einen Standardtank ohne Kompression normal einspeisen. Siemens arbeitet an der Technologie unter anderem mit einigen Forschungsprojekten. Derzeit bringt Siemens eine selbst entwickelte PEM-Elektrolyseur-Technologie in den Markt. Dieser Silyzer 200 mit 2,1 Megawatt Peak hat den Vorteil, dass man mit wenig Fläche auskommt. Zudem gibt es auch keine Explosionsschutzzone.

Gaëlle Hotellier, Leiterin der Abteilung Hydrogen Solutions bei Siemens bei einer Wasserstoffkonferenz des Deutsch-französischen Büros für erneuerbare Energien.Foto: Französische Botschaft

Warum ist Wasserstoff-Forschung interessant für Siemens? Mit Wasserstoff und Brennstoffzelle beschäftigt sich der Konzern seit 40 Jahren. „Aber vor allem sind wir getrieben von dem, was auf dem Energiemarkt passiert“, sagt Hotellier. Dazu gehört unter anderem der Wandel der Energieversorgung von einem zentralen in Richtung eines dezentral organisierten Systems. „Man kann es schon Demokratisierung nennen“, so Hotellier. Dieser Wandel könne nicht mit einer einzigen Technologie gelöst werden. Man brauche Smart Grids, Netzausbau, Flexibilisierung der konventionellen Energie, Netzstabilität. „Ein Teil dieser Netzstabilität kann durch Speicherung erzielt werden“, erklärt Hotellier. Aber auch hier gebe es nicht nur eine Antwort. Es kommt zum Beispiel drauf an, wer die Energie abgibt und wer sie aufnimmt. Für die Speicherung gibt es Wärmespeicher, Batterien, Power-to-Gas, netzstabilisierende Pumpspeicherkraftwerke und vieles mehr.

Wasserstoff sei zwar nicht die Lösung aller Probleme, „er birgt aber einen großen Vorteil: ab dem Moment, wo Sie über Speicherung im großen Maßstab über zehn Gigawatt sprechen, haben Sie nicht viele Optionen. Und da sticht Wasserstoff raus.“ Der Bedarf sei nicht schon morgen akut, sondern erst in einigen Jahren. „Siemens ist überzeugt, dass die Elektrolyse ein Kernelement zur Flexibilisierung ist.“

Einsatzmöglichkeiten der PEM-Elektrolyse.Grafik: Siemens

Wasserstoff verfügt über weitere Vorteile. Er ist flexibel, lässt sich in unterirdischen Kavernen speichern oder auch in ganz normalen Tanks. Er kann auf verschiedene Weise genutzt werden: Mobilität ist zum Beispiel attraktiv, auch wegen der Rußpartikel-Reduktionspflicht der Städt. Er spielt aber auch als Treibstoff für Schiffe und Flugzeuge künftig eine immer wichtigere Rolle. Im Energiebereich lässt er sich schon jetzt bis zu einem gewissen Grad in die vorhandene Erdgaspipeline einspeisen. Die Wiederverstromung kann dann auch über eine Brennstoffzelle erfolgen. Nicht zuletzt ist die stoffliche Nutzung von Wasserstoff in der Industrie sehr gefragt: Ethylene kostet 1000 Euro die Tonne, Carbon Monoxide 650 Euro die Tonne – Stoffe für die Wasserstoff gebraucht wird.

Als Vision für die Zukunft sieht Siemens eine Art Energiezellen. Das können ganze Städte sein, aber auch nur ein Werk, ein Haus – sie sollen ihre eigenen Energiebilanzen optimieren, indem sie mit einander verknüpft sind, auf elektrischer und auf Gasseite. Um die dafür erforderlichen komplexe Information zu steuern, braucht es eine zunehmende Digitalisierung. (Nicole Weinhold)