Eine Zusätzliche Belegung einer Lärmschutzwand am Rand von Bundesstraßen und Autobahnen bringen eine Lärmminderung von immerhin zwei Dezibel. Diesen Wert hat ein studentisches Forschungsprojekt der Fakultät Maschinenbau an der Technischen Hochschule Ingolstadt zutage gefördert. „Die lärmvermindernde Wirkung von zusätzlich aufgebrachten Photovoltaikmodulen mag auf den ersten Blick geringfügig erscheinen, entspricht aber in etwa der Lärmvermeidung, die durch den Einsatz von sogenannten Flüsterstraßenbelägen erzielt wird“, setzt Thomas Mack, Bürgermeister der oberbayerischen Gemeinde Weichering. „In Kombination stellen diese Maßnahmen also eine spürbare Entlastung für die betroffenen Anwohner dar, was angesichts eines Lärmaufkommens vergleichbar mit dem eines Presslufthammers überaus positiv wäre.“
Hohe Lärmbelastung mindern
Weichering, ein malerisches Örtchen mit gut 2.300 Einwohnern liegt im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, gut sechs Kilometer südwestlich von Ingolstadt. Die Ruhe im Ort wird allerdings gestört durch den Autoverkehr, der auf der viel befahrenen Bundesstraße 16 rollt, an der die Gemeinde liegt. Zwar sei eine solche Verkehrsanbindung ein Segen für die wirtschaftliche Entwicklung des Ortes. Aber auch ein Fluch für die Anwohner, die mit dem üppigen Straßenlärm leben müssen. Denn hier kommt der gesamte Verkehr durch, der aus den Regionen Regensburg und Ingolstadt auf dem Weg nach Ulm, Heidenheim oder Stuttgart unterwegs ist und die Abkürzung über die Bundesstraße nimmt. Immerhin steht schon eine Lärmschutzwand. Doch die Bundesstraße soll jetzt ausgebaut werden und dadurch würde sich die Belastung der Anwohner wieder erhöhen.
Deshalb hat das Ingolstädter Solarunternehmen Anumar den Weicheringern vorgeschlagen, doch die Lärmschutzwand zusätzlich mit Solarmodulen zu belegen und damit gleich einen doppelten Nutzen zu erzielen. Auf der einen Seite kann der produzierte Strom in der Gemeinde vermarktet werden. Auf der anderen Seite verringern die Weicheringer den störenden Straßenlärm, weil die Schutzwand durch die Module dicker wird und die Solarpaneele außerdem einen Hohlraum zwischen Wand und Oberfläche schaffen, der ebenfalls lärmmindernd wirkt.
Modell der Schutzwand gebaut
Um diese Wirkung auch beziffern zu können, hat Anumar an der TH Ingolstadt das studentische Projekt initiiert, das in Kooperation mit der Gemeinde Weichering durchgeführt wurde. Ziel war es zu messen, welche Möglichkeiten es gibt, die Lärmminderung durch Schutzwälle entlang der Bundesstraße durch die Anbringung von Photovoltaikmodulen noch zu verstärken. Die Studenten der Hochschule haben dazu ein maßstabsgetreues Modell der Lärmschutzwand aufgebaut, die in Weichering steht. „Die Studierenden haben in dem Versuchsmodell die Geometrie des Schallschutzwalles mit Photovoltaikmodulen und die Absorption der Peripherie so exakt wie möglich abgebildet, so dass die kleine aber signifikante Verbesserung im Laborraum messbar war“, beschreibt Jörg Bienert, Professor an der TH Ingolstadt und Betreuer des studentischen Projekts, den Aufbau. Mit ihrem Modell haben die Studenten aufwändige Messreihen durchgeführt und sind dabei auf den Wert von zwei Dezibel gekommen. „Gerade in Regionen mit sehr hohem Verkehrsaufkommen und daraus resultierender hoher Belastung für die Anwohner ist jeder lärmmindernde Faktor von Wichtigkeit“, betont Jörg Bienert mit Blick auf den vergleichsweise geringen Wert. Doch muss man hierbei bedenken, dass der Schallpegel – üblicherweise in Dezibel ausgedrückt – nicht linear steigt oder abfällt, sondern logarithmisch. Das bedeutet, dass gerade bei bei hohen Lärmbelastungen zwei Dezibel Minderung eine größere Auswirkung haben als bei ohnehin niedrigen Belastungen.
Einnahmequelle für kleine Kommunen
Bienert hat das Studentenprojekt betreut und ist nicht nur begeistert vom erfolgreichen Abschluss des Projektes, sondern auch vom grundsätzlichen Ansatz. „Maßnahmen, die multimodalen Nutzen haben, sind besonders positiv“, sagt er mit Blick auf den doppelten Nutzen, den Solarmodule an Lärmschutzwänden bringen. „Das Ergebnis dieser interessanten Studie spricht eindeutig für den vermehrten Einsatz von Photovoltaikmodulen auf Lärmschutzwällen“, ergänzt Andreas Klier, kaufmännischer Geschäftsführer von Anumar. „So schlägt man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: weniger Lärmbelastung, die Möglichkeit, grünen Strom auf Flächen wie Schutzwällen zu erzeugen, die andernfalls brach liegen und darüber hinaus noch eine Einnahmequelle für kleine bis mittlere Kommunen zu schaffen.“ (Sven Ullrich)