Die Energieversorgung wird zunehmend von Photovoltaik- und Windkraftanlagen gestemmt. Durch die volatile Stromerzeugung dieser Generatoren steigen auch die Anforderungen an die Stromnetze. Größeren Schwankungen verursachen mehr Stromrestbedarf – sogenannte Residuallast. Diese werden bisher weitgehend von fossilen Kraftwerken ausgeglichen. Das wird sich aber bald ändern. Schließlich ist der Kohleausstieg bis 2038 beschlossene Sache.
Um eine Antwort zu finden auf die Frage, wie das Stromsystem danach stabil funktionieren kann, haben die Mitarbeiter:innen der Arbeitsgruppe „Flexibilisierung des Energiesystems“ bei der Energietechnische Gesellschaft des VDE (VDE ETG) untersucht, welche Potenziale es für die Flexibilisierung des Energiesystems gibt. Diese sind nicht nur vorhanden, sondern sogar ziemlich groß – so groß, dass eine Versorgung ausschließlich mit Ökostromanlagen durchaus funktioniert.
Verbrauch anpassen
Während die Erzeugerseite vor allem mittels Abregelung der Anlagen flexibilisiert werden kann, wenn zu viel Strom vorhanden ist, besteht bei Verbrauchseinheiten das Flexibilisierungspotenzial in beide Richtungen. So haben die Mitarbeiter:innen der VDE ETG unter anderem Elektroautos, elektrische Wärmeerzeuger und Power-to-Gas-Anlagen wie Wasserstoffelektrolyseure in den Blick genommen. Diese können beim Verbrauch zurückgefahren werden, wenn zu wenig Strom im Netz ist, während sie hochgeregelt werden, wenn zu viel Energie geliefert wird.
Allein durch die Elektromobiltät wird die mögliche Flexibilität von derzeit unter fünf auf etwa 25 Gigawatt Leistung im Jahr 2030 steigen. Die bisher fast nicht vorhandene Flexibilität durch Power-to-Gas wird im gleichen Zeitraum auf gut fünf Gigawatt steigen.
Speicher mit viel Flexibilität
Ein zentraler Baustein der Stabilisierung werden aber Speicher sein. Deren flexible Leistung wird durch den Zubau von Batterien bis 2030 auf etwa 75 Gigawatt steigen. Diese Speicher können dann mehr als 100 Gigawattstunden Strom zwischenlagern. Zum Vergleich: Bisher betragen die Flexibilitätsmöglichkeiten von Speichern weniger als fünf Gigawatt mit einem Volumen von unter fünf Gigawattstunden.
Kosten sinken erheblich
Neben dem Flexibilitätspotenzial haben sich die Autor:innen der Studie auch die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten und vor allem die Kosten angeschaut. Auch hier zeigt sich, dass die Flexibilität ein vielversprechender Ansatz für das Stromsystem ist. Denn während die Kosten beispielsweise für Pumpspeicherkraftwerke gleich bleiben, sinken die Kosten für die Nutzung von Batteriespeichern für die Flexibilisierung erheblich. Sie werden je nach Speichergröße im Jahr 2030 zwischen zehn und gut 20 Cent pro Kilowattstunde liegen. Zum Vergleich: Derzeit betragen die Speicherkosten im Rahmen einer Flexibilisierung zwischen fast 25 und über 45 Cent pro Kilowattstunde.
In der Studie „Flexibilisierung des Energiesystems“ haben die Autor:innen aber auch umsetzbare Lösungen aufgezeigt, Handlungsempfehlungen gegeben und weiterer Forschungs- und Entwicklungsbedarf identifiziert, um Flexibilisierungsoptionen technisch-wirtschaftlich und dateneffizient nutzbar zu machen. Die Studie steht auf der Webseite des VDE zum Download bereit. (su)