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Octopus Energy und Transnet BW entwickeln Geschäftsmodell für flexible Lasten

In den vergangenen Jahren wurden in Deutschland 15,4 Gigawattstunden Speicherkapazität in Wohngebäuden installiert. Dazu kommen noch zahlreiche Wärmepumpen und Elektroautos, die am deutschen Stromnetz hängen. Diese Lasten sind flexibel. Sie können dann Strom aus dem Netz ziehen, wenn viel davon vorhanden ist und in Zeiten geringerer Produktion ohne Weiteres gedrosselt werden.

Flexibilität liegt noch brach

Um diese Flexibilität zu nutzen, ist aber ein intelligentes Messsystem notwendig. Die Installation solcher Smart Meter dümpelt aber in den vergangenen Jahren in Deutschland vor sich hin, während andere Länder schon fast vollständig ausgestattet sind. Dieser langsame Smart-Meter-Rollout verhindert, dass die flexiblen Lasten für die Systemstabilität genutzt werden können. Heimspeicher werden fast ausschließlich genutzt, um mehr selbst produzierten Solarstrom zu nutzen. Die mögliche Flexibilität fürs Gesamtsystem liegt bisher noch brach. „Der schleppende Smart-Meter-Rollout stellt für uns als Übertragungsnetzbetreiber eine große Hürde dar, die großen Potenziale an verfügbarer dezentraler Flexibilität netzdienlich zu heben“, betont Werner Götz, Geschäftsführer des Übertragungsnetzbetreibers Transnet BW.

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Pilotprojekt gestartet

Um dies zu ändern, arbeiten Transnet BW und der Energieanbieter Octopus Energy an Pilotprojekten zur Integration von flexiblen Verbrauchern. Die beiden Partner entwickeln im Rahmen der Aktion Powerländle in Baden-Württemberg derzeit nicht nur eine technische Lösung, sondern auch ein Geschäftsmodell.

Exklusiv für Abonnenten: Ausgeschriebene Stabilität

An der Powerländle-Aktion können Privatpersonen in Baden-Württemberg teilnehmen. Sie haben die Möglichkeit, mithilfe der Energiewende-App Stromgedacht ihren Energieverbrauch netzdienlich anzupassen. Sie fahren die Batteriespeicher, die elektrischen Wärmeerzeuger und die Ladestationen für die Elektroautos so, dass diese dabei helfen, das Netz zu entlasten und damit mehr Ökostromanlagen zu integrieren.

Geringe Vergütung reicht aus

Octopus Energy vermarktet diese Flexibilität, und die Teilnehmer:innen können so über die Rückerstattung eines Teils ihrer Stromrechnung finanziell profitieren. „Gemeinsam mit Octopus Energy konnten wir nun zeigen, dass bereits eine geringe finanzielle Incentivierung pro Kilowattstunde ausreicht, um eine netzdienliche Verhaltensänderung zu bewirken“, sagt Werner Götz mit Blick auf die ersten Projektergebnisse. „Mit unserer Energiewende-App Stromgedacht und der Powerländle-Aktion haben wir gezeigt, dass Verbrauchsverschiebungen bei prognostizierten Netzengpässen ein volkswirtschaftlich effizientes Mittel sind, um perspektivisch die Kosten des Engpassmanagements für alle Stromkund:innen zu reduzieren.“

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Flexible Last preiswerter als Ausgleichsstrom

Die Flexibilität der Verbraucher:innen sei unglaublich wertvoll, betont Bastian Gierull, Geschäftsführer von Octopus Energy Deutschland. „Jede verschobene Kilowattstunde ist günstiger als teurer Backupstrom“, beschreibt er den Vorteil für Netzbetreiber und Energieversorger. „So sinken die Systemkosten – und das Geld fließt zurück an die Verbraucher statt an fossile Kraftwerksbetreiber.“

Smart Meter werden dringend gebraucht

Octopus Energy verschiebt in England, wo es das Geschäftsmodell schon seit 2022 gibt, nach eigenen Angaben bereits ganze Gigawattstunden an Strom. Der Versorger konnte so bereits mehr als zehn Millionen Pfund an seine Kund:innen weitergeben. „Mit der Energiewende-App Stromgedacht und der Powerländle-Aktion geht Transnet BW hier in Deutschland voran“, sagt Bastian Gierull. „Um das Potenzial in Deutschland voll auszuschöpfen, brauchen wir aber Smart Meter, auch für Haushalte ohne E-Auto oder Photovoltaik“, fordert er. „Gemeinsam können auch kleine Verbraucher einen großen Effekt erzielen. Sie haben nicht nur das Recht, finanziell an der Energiewende teilzuhaben, sondern können einen echten Beitrag zur Netzstabilität leisten. Deshalb braucht es keinen selektiven, sondern einen flächendeckenden Smart-Meter-Rollout.“

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Das Netz im Blick behalten

Mit der App Stromgedacht behalten die Hauseigentümer:innen mittels einer einfachen Skala das Stromnetz in Baden-Württemberg im Blick. Über eine Pushnachricht werden sie informiert, wenn das Netz in die eine oder andere Richtung aus dem Ruder läuft und es sinnvoll ist, den Stromverbrauch anzupassen. Sie können beispielsweise ihre flexiblen Verbraucher anwerfen, wenn zu viel Wind- oder Solarstrom im Netz ist und entsprechende Engpässe zu erwarten sind.

28,5 Megawattstunden verschoben

Dies ist in Baden-Württemberg im Januar 2025 bereits zwei Mal der Fall gewesen. In beiden Fällen hat die App die Nachricht an durchschnittlich über 13.000 Personen geschickt. Diese haben dann ihren Stromverbrauch entsprechend angepasst und eine Vergütung dafür bekommen. Insgesamt wurden so während der beiden Engpasssituationen 28,5 Megawattstunden Strom von den Privatpersonen verschoben. Dadurch konnte die Abregelung der Erzeugungsanlagen verhindert werden. (su)