„Es gibt in Bezug auf chinesische Windenergieanlagen für Eon kein Tabu. Wir hatten eine Reihe von viel versprechenden Gesprächen mit mehreren chinesischen Turbinenproduzenten. Die Einzelheiten dieser Gespräche sind jedoch vertraulich", erklärte Landsmann auf Nachfrage. „Wir prüfen sorgfältig die Angebote und mögliche Vorteile.“ Das Unternehmen habe jedoch keine Pläne, eigene Windprojekte in China zu entwickeln: „Unser strategischer Fokus bleibt auf Europa und die USA ausgerichtet sowie auf den für Eon International Energy neu definierten Bereichen Brasilien, Indien und Türkei“, betonte er.
Bislang hatte die Unternehmenssparte die Windkraftanlagen ausschließlich von deutsch-dänischen und US-amerikanischen Herstellern wie Siemens, Nordex, General Electric und Vestas bezogen. Auf die Frage, warum Eon jetzt mit chinesischen Produzenten verhandle, sagte Eon-Renewables-Sprecher Jonny Stokes, dass seinem Unternehmen daran gelegen sei, den Wettbewerb unter den Anlagenherstellern rege zu halten, weil sich das positiv auf die Preise auswirke. Chinesische Anlagenbauer haben in den letzten Jahren große Marktanteile gewonnen und belegen inzwischen vier der Plätze unter den ersten zehn der Welt. China gilt – gemessen an der installierten Leistung – mittlerweise als weltweit größter Windenergiemarkt.
Grid Codes erfüllen
Hinter vorgehaltener Hand heißt es in Kreisen von Windturbinenherstellern mit vernehmbarem Murren derzeit schon einmal, dass es fraglich sei, ob die chinesischen Windenergieanlagen die westlichen Einspeisestandards erfüllen können. Die Skepsis betrifft insbesondere die Netzstützung bei Spannungseinbruch und die Frequenzunterstützung. Bei Eon ist man sich dieses Problems durchaus bewusst: Albert Kriener, zuständig für den Bereich Asset Strategy, verweist darauf, dass sein Unternehmen selbstredend nur Turbinen erwerben wird, die die hiesigen Netzanschlussvoraussetzungen erfüllen können. „Auch chinesische Windenergieanlagenhersteller erkennen den gewachsenen Druck, mit westlichen Netzeinspeisevorschriften zurechtzukommen. Aber sie arbeiten bereits an Eigenschaften (ihrer Anlagen) für eine verbesserte Netztauglichkeit, oder stellen diese schon bereit. Es ist klar, dass solche von Eon möglicherweise zum Kauf ausgewählten Turbinen ebenso wie dann der gesamte Windpark mit den aktuellen Grid-Code-Anforderungen zurechtkommen müssen“, lässt Eon wissen.
Dass chinesische Anlagenhersteller das Thema massiv angehen, dafür spricht auch ein jüngst Aufsehen erregender Streit um Industriespionage zwischen dem Weltranglistenzweiten, Sinovel, und dem US-amerikanischen Entwickler einer innovativen getriebelosen Zehn-Megawatt-Anlage, AMSC. Die Amerikaner hatten zunächst einen anschließend schuldig gesprochenen Mitarbeiter der Unternehmensentwicklungssparte in Österreich vor Gericht gebracht. Der Mann hatte laut einer Verurteilung im September offenbar eine Software für elektronische Komponenten an die Chinesen weiterverkauft – und wurde dafür der Industriespionage für Sinovel beschuldigt. Vorausgegangen war, dass die Chinesen die Software zuvor von AMSC eingekauft hatten, um nationale chinesische Einspeiserichtlinien erfüllen zu können. Laut Medienberichten erfüllten sie seit dem Frühjahr den Kaufvertrag nicht mehr, wiesen andererseits aber die Vorwürfe zurück: Richtig sei, dass AMSC den Vertrag nicht mit genügend Einsatzbereitschaft beim dazu gehörigen Service erfüllt habe, zitierte etwa die Financial Times Deutschland.
(Tilman Weber / Regine Krüger)