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„Das ist das letzte Zucken der Dinosaurier“

Nicole Weinhold

Besuch bei Tesvolt in Wittenberg. Es hat geschneit. In der neuen Fertigungshalle werkeln fleißige Arbeiter. Im Bürokomplex nebenan hat CEO Daniel Hannemann Zeit für ein Gespräch über Politik.

Wie geht es Ihnen als Speicherhersteller in Deutschland?

Daniel Hannemann: Uns geht es gut als Hersteller. Wir sehen einen großen Bedarf an Energiespeichern, weil der Ausbau der erneuerbaren Energien in den vergangenen drei Jahren stark vorangetrieben worden ist. Wir haben einen massiven Zubau erlebt – Photovoltaikparks wachsen pro Jahr um jetzt fast zehn Gigawatt. Jetzt kommen noch sehr viele große Windparks dazu, bei denen die Genehmigungsverfahren nun schneller kommen. Dadurch steigt logischerweise der Bedarf an Energiespeichern. Zudem werden jetzt mehrere Kohlekraftwerke abgeschaltet. Diese Grundlast muss wiederhergestellt werden, da sehen wir die Batteriespeicher.

Wie haben Sie die Krise der PV, niedrige Modulpreise, Pleiten, wahrgenommen?

Daniel Hannemann: Für Kunden ist es positiv, dass die Zellpreise fallen. In Asien wurden riesige Kapazitäten aufgebaut – auch für die Automobilindustrie. Die fehlende Nachfrage hat zu einer Batterieschwemme geführt. Wir haben die gefallenen Preise am Markt an unsere Kunden weitergegeben. Bei uns sind sie um fast 40 Prozent gefallen, und sie fallen weiterhin mit neuen Produkten, die wir jetzt in die Märkte bringen, etwa die neuen Speicher Tesvolt Forton. Damit sind wir in fast allen Anwendungsfällen extrem wirtschaftlich geworden. Und das bringt den großen Hub nach vorne.

Auch, wenn Sie da vorne die 20 Minister austauschen, ändern Sie nicht die 10.000 Menschen im bürokratischen Apparat dahinter. Dort hieß die Botschaft in den vergangenen drei Jahren, dass wir jetzt ein bisschen schneller ­werden ­müssen.

Aber wie hält ein Unternehmen 40 Prozent Kostenreduktion aus?

Daniel Hannemann: Wir konnten unsere Deckungsbeiträge weiterhin stabil halten. Wir sind ja kein Großhändler, wir sind Hersteller und können planbar auch die Waren entsprechend bestellen. Somit profitieren wir mit unseren Einkaufskontrakten vom Preisverfall. Unsere Einkäufe sind an den Rohstoffmarkt gekoppelt. Und als der Rohstoffpreis fiel, haben wir günstiger eingekauft. Und so konnten wir jederzeit unsere Preise weiterreichen, ohne Waren abschreiben zu müssen oder Ähnliches. Es gab auch eine große Konsolidierung in unserem Markt, die Firma Commeo ist insolvent, Varta wurde von der Börse genommen. Das merken wir jetzt und da konnten wir im letzten halben Jahr 2024 unsere Marktanteile wieder ausbauen.

Was erwarten Sie mit der Trump-Regierung in den USA, neuen Zöllen, möglicher Abkehr vom Inflation Reduction Act und in Europa mit dem Net-Zero-Industry Act?

Daniel Hannemann: Das ist das letzte große Zucken der Dinosaurier. Die neuen Technologien sind auch von Trump und Co nicht mehr aufzuhalten, unschlagbar günstig mit Wind und Solar. Was wollen die jetzt noch mit Fracking und Co?

Wie könnte sich die Situation für Erneuerbare und Speicher unter Schwarz-Rot verändern?

Daniel Hannemann: Auch, wenn Sie da vorne die 20 Minister austauschen, ändern Sie nicht die 10.000 Menschen im bürokratischen Apparat dahinter. Dort hieß die Botschaft in den vergangenen drei Jahren, dass wir jetzt ein bisschen schneller werden müssen. Ich denke, das haben auch die Politiker erkannt. Anstatt nur zu reden, nimmt sich die neue Bundesregierung das hoffentlich zu Herzen. Das neue Energiewirtschaftsmodell setzt stark auf Flexibilität und Speicher.

Im Vorfeld der Wahlen haben Politiker viele Unwahrheiten verbreitet, etwa dass volatile Energien nicht funktionieren.

Daniel Hannemann: Speicher sorgen für Flexibilität. Die Integration von Netzspeichern kostet den Staat und die Bürger nichts. Wir haben jetzt ein in sich geschlossenes Geschäftsmodell, bei dem Speicher ohne Fördermaßnahmen integriert werden können. Das ist etwas, was wir in den letzten 25 Jahren nie geschafft haben: ein Geschäftsmodell aufzubauen, das ohne Fördermittel funktioniert. Solar- und Windkraftanlagen werden gefördert. Aber Speicher für diesen neuen Business-Case, das Energy Trading, haben eine starke Rendite und werden von der Privatwirtschaft finanziert. Und die gesamte Energiewende kann jetzt losgelöst von jeglichen Förderinstrumenten vollendet werden.

Zuletzt wurde in den Massenmedien die Angst vor einem Batterieboom geschürt, der das System destabilisieren könnte.

Daniel Hannemann: Die alte Energiewirtschaft sieht eine Batterie wie einen Staubsauger, also als Verbraucher. Gleichzeitig darf der Energieversorger selbst keine Batteriespeicher regulatorisch netzdienlich errichten. Beides sollte dringend reformiert werden. Auch für die Übertragungsnetzbetreiber wären Speicher maximal sinnvoll. Aber die bekommen für den Netzausbau Geld. Und wenn sie in Speicher investieren, erhalten sie dafür keine Netzausbaukosten bezahlt, obwohl sie durch die Speicherinvestitionen die Netzausbaukosten in vielen Regionen senken würden.

Verbesserungsvorschlag?

Daniel Hannemann: Die nötigen Anpassungen sind von der Politik erfasst worden. Das läuft jetzt über die Bundesnetzagentur. Sie entscheidet selbstständig und plant, einen Kapazitätsmarkt zu schaffen.

Der Schiffsbau: Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Daniel Hannemann: Eines Tages, das war vor sieben Jahren, rief uns ein Schiffsbauer an und sagte, sie bräuchten eine Batterie für ein elektrifiziertes Schiff. Und dann haben wir die ersten Batterien geliefert. Wir haben jetzt schon über 150 Schiffe ausgerüstet.

Wie viel Reduktion an fossilem Kraftstoff?

Daniel Hannemann: Der Großteil ist vollelektrisch. Die Schiffe, die wir jetzt bestücken, die haben fast vier Megawattstunden Batterien an Bord. Das ist kein Spielzeug mehr. Und neben der Nachfrage steigt auch die gesuchte Kapazität.

Es hieß lange, dass für große Mobilität wie Schiff und Bahn Wasserstoff eher passt.

Daniel Hannemann: Für Wasserstoff bin ich kein Experte und Tesvolt fokussiert sich mit Ausnahme der Schifffahrt auf stationäre Speicher. Aber so wie ich es verstanden habe, sind wir beim Wasserstoff physikalisch an die Grenzen dessen gekommen, was bei einem Druckbehälter möglich ist. Wir können die Dichten nicht mehr signifikant physikalisch oder mechanisch erhöhen, damit ist die Energiedichte limitiert. Bei den Batterietechnologien ist hingegen noch viel Spielraum nach oben. Und das zweite Problem betrifft die Verfügbarkeit und notwendige Infrastruktur. Ohne Pipelines bekomme ich den Wasserstoff nicht in großer Menge transportiert. Batterien können hier auf das bereits bestehende Stromnetz zurückgreifen. Sie müssen nur einmal an Ort und Stelle transportiert und angeschlossen werden. 

Tesvolt will den Schiffsantrieb grün gestalten: Batteriemodule werden platzsparend zwischen Schiffswand und Laderaum verbaut.

Bild: TESVOLT

Tesvolt will den Schiffsantrieb grün gestalten: Batteriemodule werden platzsparend zwischen Schiffswand und Laderaum verbaut.
Daniel Hannemann
CEO von Tesvolt

Foto: TESVOLT

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