Aloys Wobben ist nach langer schwerer Krankheit im Alter von 69 Jahren verstorben. Mit der heutigen Nachricht vom Ableben des Enercon-Gründers kommen viele Erinnerungen hoch. Windkraftpionier, Daniel Düsentrieb der Windenergie – das waren die Bezeichnungen für ihn, die die Medien gern genutzt haben. Als Kommunikationsleiterin für Enercon habe ich von 2000 bis 2004 praktisch Tür an Tür mit Wobben in Aurich gearbeitet. Das ist ewig her und die Zeit war nicht lang. Zudem hat der Enercon-Gründer sich schon vor Jahren aus Krankheitsgründen aus dem Geschäft zurück gezogen. Gleichwohl sind meine Erinnerung an Wobben sehr lebendig geblieben.
Das ist kein Wunder, denn in den vergangenen 20 Jahren bis in die aktuelle Zeit gab es kontinuierlich Entwicklungen in der Regenerativbranche, die Aloys Wobben damals schon auf dem Papier stehen hatte. Seine Ideen und Visionen haben sich zum großen Teil bewahrheitet. So wäre es ihm bestimmt eine riesige Genugtuung gewesen zu sehen, welche Bedeutung heute das Thema Wasserstoff für die Energiewende spielt. Noch stehen wir hier am Anfang - aber 20 Jahre nachdem Wobben auf die Notwendigkeit von Wasserstoff verwiesen hat, ist nun in ganz Deutschland der Groschen gefallen. Er hatte schon damals die Möglichkeit favorisiert, Strom von Offshore-Anlagen draußen auf dem Meer in Wasserstoff umzuwandeln. Eine Technologie, die gerade unter anderem von Siemens-Entwicklern zusammen mit dem Fraunhofer Iwes untersucht wird.
Ein anderes Thema, mit dem er früh dran war, ist die E-Mobilität. Er hatte damals immer gesagt: Die Leute wollen nicht in so einem winzigen E-Auto sitzen, sondern wir müssen es schaffen, attraktive E-Autos auf den Markt zu bringen. Und siehe da: Leute wie Elon Musk haben das genauso gesehen und mit schicken Tesla-Flitzern der Technologie zum Durchbruch verholfen. Wobben hatte damals einen Audi A6 elektrifiziert. Fest steht – er hatte immer verstanden, dass die Windenergie langfristig auch für die Mobilität die Energie bereitstellen wird. Deshalb hat Enercon auch in die Entwicklung eines Schiffs mit Flettnerrotor investiert. Nur kann ein mittelständischen Unternehmen eben nicht jede dieser Technologien forcieren. Wobben wollte nie an die Börse, sondern immer als GmbH seine Unabhängigkeit von Aktionären bewahren. Gleichwohl hat er immer wieder mit seinen Entwicklungen Hinweise gegeben, was wir eigentlich brauchen: Eine Autoindustrie, die auf E-Mobilität setzt, elektrifizierten Schiffsverkehr und vieles mehr.
Anderes Beispiel: Meerwasserentsalzung. Wobben hat lang an einer Technologie zur Meerwasserentsalzung geforscht und forschen lassen. Umkehrosmose. Auch hier war die Bedeutung klar: In Ländern mit Wasserknappheit wird dieses Thema definitiv riesig werden. In Kombination mit Windenergie hat Enercon schon in den 90er Jahren auf Inseln im Mittelmeer Trinkwasser produziert. Autark. Das hat nicht immer so gut funktioniert, aber es war ein erster Schritt auf diesem Gebiet.
Tatsächlich könnte ich diese Liste noch ein Weilchen fortsetzen, so viele gute Ansätze hatte der Auricher Erfinden, so viele Patentanmeldungen. Er hatte 2005 übrigens für die E-112 als seinen einzigen Offshore-Gehversuch bei Hooksiel ein Suction Bucket erprobt. Das hat nicht geklappt und er hat lieber die Finger davon gelassen. Gleichwohl ist das Suction Bucket dann als Fundamenttyp zehn Jahre später wieder aufgetaucht, allerdings als Variante mit vier „umgedrehten Eimern“.
Wobben sah die erneuerbaren Energien immer als Chance, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Ich erinnere mich noch an eines seiner Editorials im Enercon-Kundenmagazin Windblatt. Damals erklärte er, dass der Klimawandel, wenn wir ihn nicht aufhalten, zu großen Fluchtbewegungen in der Welt führen wird. Dass Millionen Menschen ihre Heimat durch Überschwemmungen und Dürren aufgeben müssen. In den vergangenen fünf Jahren haben Waldbrände, Hitze, Stürm und Überschwemmungen so massiv zugenommen, dass Klimaleugnern die Felle davon schwimmen. Man kann das Offensichtliche nicht mehr leugnen. Hätte man doch schon damals, vor 20 Jahren, ein bisschen mehr auf diesen Visionär gehört. Aloys Wobben wird mir immer in guter Erinnerung bleiben. Sein Erbe ist die regenerative Vollversorgung.