Katharina Wolf
25. Februar 2000. In der Berlin regiert die rot-grüne Bundesregierung unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder, die Top-News der Tagesschau: ein längst vergessener Skandal um Parteienfinanzierung. Aber schon auf Platz zwei folgt die Nachricht über ein Gesetz, die die Stromversorgung in Deutschland nachhaltig verändern sollte: die Verabschiedung des EEG.
Werfen wir einen Blick zurück: Das EEG stammt aus einer Zeit, als Windräder und Solaranlagen noch von Pionieren errichtet wurden, die man gern auch „Ökospinner“ nannte. Die Explosion des Kernkraftwerk Tschernobyl 1986 hatte der Anti-Atomkraftbewegung viel Zulauf aus allen Schichten der Bevölkerung verschafft. Saurer Regen und Waldsterben waren nicht vergessen. Die junge Partei der Grünen war von einer politischen Randnotiz zu einer ernst zu nehmenden Kraft geworden. Erneuerbare Energien, wenn auch noch in den Kinderschuhen, erschienen als friedliche und umweltfreundliche Alternative zur Stromerzeugung. Doch es gab keine Grundlage, auf der Strom aus erneuerbaren Quellen ins Netz eingespeist werden konnte. Dies lieferte erst 1995 das „Stromeinspeisegesetz“ und dann ab 2000 das EEG.
Ziel: Zehn Prozent EE-Strom bis 2010
Ziel des Gesetzes, das eine Gruppe Parlamentarier um den SPD-Politiker Hermann Scheer und den Grünen Hans-Josef Fell in den Bundestag eingebracht hatte, war, den Anteil es Ökostroms bis 2010 auf zehn Prozent zu verdoppeln.
Dieses Ziel ist, wie so viele, erreicht worden. Das EEG wurde zum Erfolgsmodell: Im vergangenen Jahr trugen erneuerbare Energien 46 Prozent zur Nettostromerzeugung in Deutschland bei. „Vieles deutet darauf hin, dass das EEG als erfolgreichstes Klimaschutzgesetz in die Geschichte der Menschheit eingehen wird“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW).
Doch trotz aller Erfolge und des runden Geburtstags - die Stimmung in der EE-Branche könnte zum 20. Jubiläum kaum schlechter sein.
Historisch niedriger Ausbau der Windenergie
Die Windenergie kommt auf historisch niedrige Zubauraten. Während 2002, beflügelt von der neuen Einspeisevergütung, mehr als 3.200 MW Windleistung wurden errichtet wurden, waren es im vorigen Jahr traurige 981 MW netto. Gründe gibt es viele, doch einer der Ursachen dürfte der Wechsel von fixen Einspeisevergütungen auf ein Ausschreibungsmodell im EEG 2017 sein, die sich als Ausbaubremse erwiesen hat.
Auch die Solarbranche, die sich von der Krise um die „Strompreisbremse“ langsam erholt, blickt besorgt in die Zukunft. „Wenn wir eine Stromlücke vermeiden wollen und die Klimaschutzziele ernst nehmen, müssen wir die Photovoltaik deutlich schneller ausbauen. Aus knapp vier Gigawatt Solarzubau in 2019 müssen in den 20er Jahren durchschnittlich 10 Gigawatt pro Jahr werden“, sagt Carsten Körnig. Doch auch hier droht ein Stopp: Derzeit liegt laut EEG der Deckel für die Förderung von PV-Strom bei 52 GW und der könnte bald erreicht sein. Zwar hat die Bundesregierung zugesagt, ihn abzuschaffen - geschehen ist bislang nichts.
BEE fordert einen neuen Aufbruch
„Nun bedarf es eines neuen Aufbruchs beim Ausbau der erneuerbaren Energien in allen Sektoren, um das 65-Prozent-Ziel der Bundesregierung im Stromsektor bis 2030 und die Klimaziele zu erreichen“, fordert daher der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE). Hierfür seien einerseits die Deckel und Bremsen zu entfernen, allen voran der 52-Gigawatt-Photovoltaik-Deckel, der Deckel für flexibilisierte Biomasse und der Offshore-Wind-Deckel sowie weitere Hürden wie pauschale Abstände für Onshore-Windenergie zu vermeiden, und andererseits die neuen Möglichkeiten der Sektorkopplung zu nutzen, um die Energiewende auch im Wärme-, Verkehrs- und Industriesektor voranzubringen. Zudem müsse Strombedarf für 2030 realistisch eingeschätzt werden, weil ansonsten eine Ökostromlücke von rund 100 Terawattstunden drohe, wie der BEE jüngst berechnete.
Bleibt die Frage, ob das EEG das Instrument sein wird, das den Weg in die Zukunft strukturiert. Nicht nur FDP und AfD fordern die Abschaffung des gesetzes, auch Stimmen in der CDU wollen nicht nur die ungeliebte EEG-Umlage, sondern am liebsten gleich das ganze Gesetz kippen und die erneuerbaren Energien ausschließlich dem Markt überlassen.
Doch ohne weiteres könne man auf das EEG nicht verzichten: Es komme darauf an, das Energierecht klug weiterzuentwickeln, meint BSW-Geschäftsführer Körnig. „Anhaltende Marktverzerrungen durch direkte und indirekte Subventionen fossil erzeugter Energien müssen endlich abgestellt werden – zum Beispiel durch angemessene und sozial abgefederte CO2-Preise.“ Erfolge dies weiter nur rudimentär, so müssten Instrumente wie das EEG diese Marktverzerrungen weiter ausgleichen und erneuerbaren Energien einen fairen Investitionsrahmen bieten.
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