Angesichts der steigenden Zahl von Solar- und Windkraftanlagen am Netz, die zunehmend die alten fossil-atomaren Generatoren ersetzen, steigt auch der Regelbedarf, um das System stabil zu halten. Denn die Vorhersagen von Windgeschwindigkeiten und Sonneneinstrahlung sind unter bestimmten Bedingungen nur schwer vorherzusagen. Das kommt zum ohnehin bestehenden Regelbedarf aufgrund des volatilen Verbrauchsverhaltens dazu. Die durch Prognosefehler entstehenden Leistungsschwankungen müssen durch den Einsatz von Regelreserve ausgeglichen werden, damit die Systemstabilität nicht gefährdet wird.
Bisher nur große Anlagen im Blick
Bisher sind hier vor allem größere Erzeugungseinheiten schon in die Erbringung von Regelreserve eingebunden. Das ist auch sinnvoll, denn damit haben die Netzbetreiber auch einen viel stärkeren Hebel, um Schieflagen auszugleichen. Zudem fehlen bisher für kleinere Anlagen etwa auf privaten Hausdächern kostengünstige technische Lösungen, um diese in den Regelenergiemarkt einzubinden, ohne dass die gesamte Anlage unwirtschaftlich wird. Dazu kommen noch die regulatorischen Hürden. Denn die Latte für die Qualifizierung für den Regelenergiemarkt liegt hoch.
Potenzial der kleinen Anlagen ist riesig
Doch gerade die kleinen Solaranlage auf privaten Hausdächern bringen ein riesiges Potenzial mit, um vor allem im Verteilnetz Systemdienstleistungen in Form von negativer Regelenergie und in gewissem Umfang sogar positiver Regelenergie zu erbringen. Dort könnten sie sogar lokale Schwankungen besser ausgleichen als ein großer Solar- oder Windpark viele Kilometer weit weg. Für die Anlagenbetreiber wären so auch Zusatzerlöse möglich. Dies ist das Ergebnis eines Praxistests, den ein Forscherteam der Technischen Hochschule Ulm durchgeführt hat.
Sekundärregelleistung ist drin
Als technische Lösung für eine kostengünstige Steuerung kleiner Photovoltaikanlagen haben die Ulmer Forscher untersucht, wie Protokolle aus dem Bereich Internet of Things (IoT) über die Smart-Meter-Infrastruktur einsetzbar sind. Zusammen mit der Netzbetriebsabteilung der Stadtwerke Ulm,/Neu-Ulm Transnet BW konnten sie in Labor- und Feldtests nachweise, dass auf diese Weise die Smart-Meter-Infrastruktur zur Erbringung der Sekundärregelleistung geeignet ist. Denn sowohl hinsichtlich der Latenz, also der Geschwindigkeit der Steuerung, als auch der Bandbreite, also dem Umfang der Bereitstellung der Regelleistung, reicht die Steuerung der Photovoltaikanlagen aus.
Smart Meter und CLS reichen aus
Dazu haben die Wissenschaftler m Feldtest mehrere Solaranlagen mit Leistungen zwischen zehn bis 55 Kilowatt technisch unter anderem mit einem Smart-Meter-Gateway und einem CLS-Gateway aufgerüstet. CLS steht hier für Controllable Local System und erlaubt den Fernzugriff auf die Anlage. Durch die Zusammenfassung der einzelnen Anlagen haben sie dann über einen simulierten Regelreservepool den Abruf der Regelreserve getestet. So konnten sie nachweisen, dass die Steuerung über Smart-Meter-Infrastruktur und CLS-Gateway in der Praxis die hohen Anforderungen zur Erbringung von Sekundärregelreserve erfüllt. Gleichzeitig wäre dies ein kostengünstiger technischer und vor allem massentauglicher Weg, um mit der dann in der Regel ohnehin vorhandenen Smart-Meter-Infrastruktur kleinere Solaranlage für den Regelreservemarkt zu steuern.
Zuordnung zur Einzelanlage definieren
Die Forscher versuchen jetzt in einem Folgeprojekt die letzten Hürden für eine Teilnahme von kleinen Solaranlagen am Regelreservemarkt zu beseitigen. Hier geht es unter anderem darum, wie die Nachweise erbracht werden können, welche der einzelnen Anlagen wann und wie lange Regelreserve erbracht hat. Den dies ist bisher noch nicht definiert. (su)