Nach Berechnung des UBA, der Behörde aus Dessau, stoßen heutige Elektro-Fahrzeuge der Kompaktklasse pro Kilometer noch etwas mehr Kohlendioxid aus als vergleichbare Dieselautos. Ein Grund ist, dass Diesel bei den CO2-Emissionen anders als bei Stickoxiden noch relativ gut abschneidet. Gegenüber Benzinern steht die E-Mobilität derweil bereits heute besser da.
Wie sieht der Strommix aus?
Viel entscheidender ist aber der aktuelle Strommix. Denn auf den kommt es an, damit die E-Mobilität im Klimaranking vorne liegt. Derzeit macht der hohe Anteil an Kohlestrom die Vorteile zunichte. Stammen aber 100 Prozent der Elektrizität aus regenerativen Energien, werden die E-Autos gegenüber allen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren unschlagbar. Neben der sauberen Energie hat das einen weiteren Grund: die hohe Effizienz des Antriebs. „Elektromotoren erreichen einen Wirkungsgrad von 98 Prozent – Verbrennungsmotoren dagegen rund 35 Prozent“, sagt Lars Mönch, Leiter des Fachgebiets für Fahrzeugtechnik beim UBA. Und auch wenn die CO2-Bilanz noch nicht unbedingt besser ist: „Es geht im Verkehr um einen Paradigmenwechsel. Der kommt nicht über Nacht. Wir können mit der Einführung der E-Mobilität nicht warten, bis der Strommix zu 100 Prozent aus regenerativen Energien besteht“, sagt Mönch.
Dafür spricht auch, dass Elektroautos gemessen an ihrem Strombedarf im derzeitigen Erzeugungsmix schon deutlich weniger Kohlenmonoxid und Stickoxide ausstoßen als Diesel und Benzin. Deshalb sorgen sie schon heute für bessere Luft in den Städten. Und auch gegenüber synthetischen Kraftstoffen in Verbrennungsmotoren ist der Elektromotor ökologisch überlegen. „Der Energieaufwand ist um den Faktor vier geringer“, so Mönch. Der Energiebedarf ist indes nur ein Aspekt. Ein anderer ist der Materialverbrauch. Tatsächlich werden E-Mobile laut UBA-Studie auch noch im Jahr 2030 gegenüber der fossilen Konkurrenz Nachteile bei den spezifischen CO2-Emissionen haben, die mit der Herstellung, Wartung und Entsorgung der Fahrzeuge verbunden sind. Das liegt am hohen Bedarf an Rohstoffen wie Seltenen Erden, Nickel, Kobalt und Lithium, für deren Abbau teils sehr starke und energieaufwendige Eingriffe in die Natur nötig sind.
Rohstoffbedarf steigt
Vor allem der künftige Bedarf an Lithium ist ein Faktor. So rechnet das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in einer Studie für die Deutsche Rohstoffagentur damit, dass die für Zukunftstechnologien wie E-Mobilität benötigte Menge des Batterierohstoffs 2035 im Vergleich zu 2013 von 600 auf 110.000 Tonnen pro Jahr ansteigen wird. Das entspricht mehr als dem Dreifachen der Jahresproduktion von 2013. Das ist nur eine grobe Schätzung. Je nachdem, wie stark Elektromobilität boome, könne dieser Bedarf auch doppelt so hoch ausfallen, räumen die Forscher ein. Das könne im extremen Fall dazu führen, dass sich die Lithiumreserven – also die zu aktuellen Marktpreisen erschließbaren Vorräte – bis Mitte des Jahrhunderts erschöpften. Damit es dazu nicht kommt, ist Lithiumrecycling das A und O. „Die Batterien sind ein Rohstoffreservoir. Nach ihrer Lebenszeit müssen sie einer zweiten und dritten Nutzung zugeführt werden“, sagt UBA-Mann Mönch. Die Ökobilanz des Lithiums werde zudem dadurch verbessert, dass auf die umweltschädliche Förderung von Erdöl verzichtet werden könne.
Nach Ansicht verschiedener Nichtregierungsorganisationen (NGO) stellen allerdings die fragwürdigen sozialen und ökologischen Standards in vielen Minen ein ernstes Problem dar. Das betrifft etwa das für Batterien wichtige Kobalt, das vor allem in der von kriegerischen Konflikten zerrütteten Demokratischen Republik Kongo abgebaut wird. Laut Amnesty International sind dort gravierende Umweltverschmutzungen und Kinderarbeit an der Tagesordnung. Auch die 2017 beschlossene EU-Konfliktmineralien-Verordnung, die die Einfuhr von „blutigen“ Rohstoffen nach Europa verhindern will, schließt weder Lithium noch Kobalt ein. „Um sicherzustellen, dass in den Minen der für die E-Mobilität wichtigen Rohstoffe Menschenrechte und Umweltschutz gewährleistet werden, müssen verbindliche Regeln aufgestellt und eingehalten werden“, fordert deshalb Anna Backmann von der Christlichen Initiative Romero.
Eine Möglichkeit, den Rohstoffverbrauch geringer zu halten, wäre die Fokussierung der Modellpalette auf kleinere Fahrzeuge. In Deutschland noch Wunschdenken: Die Hersteller präsentieren gerne schwere SUVs oder Autos der Mittel- und Oberklasse. Hier sei der Autofahrer gefragt, so der Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA). „Die Steuerung, ob kleine oder große Modelle gebaut werden, erfolgt durch die Kunden. Der i3 von BMW ist zwar sehr effizient und vernünftig, jedoch werden Tesla nachgefragt“, sagt Claas Bracklo, E-Mobilitätsexperte beim VDA.
Davon abgesehen sieht er keine Hindernisse, um aus den Stromfahrzeugen bis 2030 einen Massenmarkt zu machen. „Die Modelle dafür sind angekündigt und die Kosten werden mit der Zeit sinken.“ Bleiben noch die Themen Reichweite und Ladezeiten. Noch schafft das Gros der aktuellen Modelle kaum mehr als 100 bis 150 Kilometer ohne Nachladen. Doch die ersten Fahrzeuge werben mit Reichweiten von 400 bis 500 Kilometern – alles eine Frage der Größe der Batterien und des Preises. Auch die Ladung soll künftig zügiger geschehen als die heute noch üblichen 30 Minuten bis mehrere Stunden, verspricht zumindest die Auto- und Elektroindustrie. Sie will in Europa bis 2020 tausende Ultra-Schnellladesäulen mit einer Leistung von 350 Kilowatt (kW) installieren, die die Autobatterien in 10 bis 15 Minuten aufladen können. Heute verfügen die meisten Stromtankstellen über Stationen mit 11 und 22 kW Leistung.
Noch sind hohe Reichweiten und schnelle Ladung also Zukunftsmusik. Wer sein Fahrzeug aber wie die meisten Autofahrer vor allem für kleinere Strecken nutzt, für den ist die E-Mobilität heute schon eine interessante grüne Alternative. (Oliver Ristau)
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