Gedruckte Solarzellen wie die organische Photovoltaik (OPV) oder Perowskite als neuste Halbleitertechnologie bieten große Vorteile. Denn sie ermöglichen die Mehrfachnutzung von Flächen beispielsweise an Gebäudefassaden oder in Form von Agriphotovoltaikanlagen. Die Potenziale dafür sind groß. So bietet allein die Integration solcher Solarlösungen in Fassaden die Möglichkeit, bis zu einem Terawatt Photovoltaikleistung zu installieren – wenn nur die Fassaden genutzt werden, die dafür auch geeignet sind. Ähnlich sieht es in der Landwirtschaft aus. Die Überdachung von dafür geeigneten Ackerflächen mit gedruckten Solarzellen ermöglicht die Installation von drei Terawatt Leistung.
Technologien der dritten Generation
Mit diesen Zahlen gehen die Forscher der Helmholtz-Gesellschaft, des Forschungszentrums Jülich und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) an ein Projekt, bei dem es darum geht, genau diese Potenziale zu erschließen. Ziel dieser anvisierten Plattform Solar TAP ist es, die neuen Technologien schnell und unkompliziert für Industrie, Gesellschaft und Verbraucher zugänglich zu machen. „In Solar TAP fokussieren wir uns auf sogenannte Emerging Photovoltaics Technologien. Dazu zählen Technologien, die sich von der klassischen Silizium- und Dünnschichtphotovoltaik abheben, indem sie auf synthetisierte Halbleiter setzen“, erklärt Christoph Brabec, Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN). „Diese Technologien konnten ihre Lichtkonversionseffizienz in den letzten fünf bis zehn Jahren drastisch steigern und haben mittlerweile zu Silizium aufgeschlossen.“
OPV und Perowskite mit Vorteilen
Er verweist auf die Vorteile der OPV und der Perowskite, die an die Anforderungen der Kunden oder Anwendungen angepasst werden können, wenn es beispielsweise um die farblich-attraktive Gestaltung von Solarfassade oder die Anpassung an die ideale Transparenz von Agri-PV-Anlagen für das Wachstum von Nutzpflanzen geht. „Organische und Perowskithalbleiter haben aber noch weitere Vorteile. Sie sind defekt-tolerant und können leicht aus der Lösung prozessiert werden. Man kann die Solarzellen daher drucken. Das erlaubt kostengünstige Herstellungsverfahren mit hohem Durchsatz auch auf flexiblen Substraten“, ergänzt Eva Unger vom des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB).
Flächen für die Photovoltaik nutzbar machen
Sie erklärt aber auch, dass die Technologien noch Verbesserungsbedarf haben. Dies ist aber nur ein Teil des Projekts Solar TAP. Denn die Innovationsplattform will daraus gleich Lösungen für Photovoltaikanwendungen entwickeln, um bereits genutzte Flächen in Landwirtschaft, Gebäudesektor und Verkehr zusätzlich für den Ausbau der Solarenergie mit Solarzellen aus dem Drucker nutzbar zu machen. „Um die Ziele der Bundesregierung für den Ausbau der Photovoltaik in den nächsten Jahren zu erreichen, werden wir in Deutschland, aber auch weltweit, die Installationen massiv ausbauen müssen. Allein in Deutschland müssen wir dafür Tausende von Quadratkilometern an Flächen für die Photovoltaik erschließen. Da sind Konflikte vorprogrammiert. Daher möchten wir für die Photovoltaik Flächen nutzbar machen, welche bereits für andere Funktionen verwendet werden, und bei denen die Photovoltaik noch weitere Vorteile bringt“, erklärt Ulrich Lemmer vom KIT.
Entwicklung mit Industriepartnern vorantreiben
Er sieht das größte Potenzial in der Agriphotovoltaik. „Die PV kann hier nicht nur Strom erzeugen, sie kann auch für ein Management der Sonneneinstrahlung oder des Wassers verwendet werden, sowie vor Erosion und Austrocknung schützen“, beschreibt er den zusätzlichen Nutzen dieser Multi-Benefit-Lösungen. „Weitere interessante Bereiche sind insbesondere die Integration in Fassaden. Technologien dafür können wir sehr schnell und unkompliziert in Forschungs- und Entwicklungsprojekten entlang einer Roadmap gemeinsam mit unseren Industriepartnern vorantreiben.“
Gedruckte Halbleiter sind bestens geeignet
Für diese Multi-Benefit-PV seien Solarzellen, die auf gedruckten Halbleitern basieren, besonders geeignet. Sie sind gut formbar, leicht und flexibel und können hinsichtlich Farbe und Transparenz frei angepasst werden. Auch die Module können in vielerlei Formen und Ausführungen gestaltet werden – je nach Anwendungsbedarf. Die Zellen lassen sich auf Materialien wie Kunststoff, Glas oder Metall aufbringen, die hierdurch eine weitere Funktionalität bekommen.
Für reale Projekte entwickeln
Um diese neuen Solarlösungen zügig marktreif entwickeln zu können, ist Solar TAP als ein offenes Angebot an die Industrie angelegt. Im Mittelpunkt steht der Technologietransfer in ein Netzwerk aus Unternehmen wie Materialzulieferer, Gerätebauer, Produzenten und Anwender, die sich im Bereich der Multi-Benefit-PV etablieren wollen. Deshalb entwickeln die Wissenschaftler nicht einfach im Labor vor sich hin. Wichtig ist der Austausch zwischen Wissenschaft und Industrie, um den Bezug der Entwicklungen zu realen Projekten sicherstellen. (su)
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