Wie die beteiligten Unternehmen E2M, Tennet und Ørsted nun informierten, stellt Ørsteds Nordsee-Windpark Borkum Riffgrund 1 seit Mai systemstabilisierend solche Regelleistung für das deutsche Stromnetz zur Verfügung. Das Energiehandelsunternehmen aus Leipzig unterzog das Regelleistungsverhalten des Windparks einer Prüfung und erteilte eine Präqualifikation. Um den Windparks gezielt ausgleichend auf die Netzfrequenzschwankungen reagieren zu lassen, band der Leipziger Dienstleister Borkum Riffgrund 1 in sein virtuelles Kraftwerk ein. Die drei weiteren großen deutschen Übertragungsnetzbetreiber neben Tennet gaben das Präqualifikationskonzept bereits auch jeweils für ihre eigene Regelzone frei.
Als besonderen Erfolg werten es die Beteiligten, dass der Windpark auch die besonders anspruchsvolle Sekundärreserve leisten konnte. Sie muss schon ab 30 Sekunden nach einer aufgetretenen Frequenzstörung die fehlende Balance zwischen Einspeisung und Ausspeisung mit positiver und auch negativer, Strom abnehmender Leistung ausgleichen. „Offshore-Windkraftstrom steht dem Strom aus konventionellen Kraftwerken in nichts nach“, sagte der Geschäftsführer von Ørsted in Deutschland, Jörg Kubitza, um somit ein positives Fazit zu ziehen. „Und nun erobert die Offshore-Windkraft auch den Bereich, der bislang den konventionellen Energiequellen vorbehalten war: die Stabilisierung des Stromnetzes“, erklärte Kubitza.
Bisher stellten vor allem die flexibel nach Fahrplänen steuerbaren konventionellen Verbrennungskraftwerke die Regelenergie bereit, mit der sie die Unterdeckung oder Überdeckung der Einspeisung ausglichen. Bisher ist diesen noch die Primärreserve im Reaktionsbereich von 0 bis 30 Sekunden vorbehalten. Doch mit dem Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft in Deutschland müssen Erneuerbare-Energien-Anlagen diese Lücke füllen. Der Geschäftsführer von E2M, Raphael Hirtz, sagte hierzu: „Die Einbindung über unser Virtuelles Kraftwerk am deutschen Regelenergiemarkt ermöglicht Ørsted, das Potenzial des Offshore-Windparks nun auch systemdienlich zu vermarkten. Borkum Riffgrund 1 zeigt das Vermögen der Erneuerbaren, die durch den Ausstieg aus der Kohle- und Atomverstromung reduzierte flexible Leistung im Gesamtsystem zu einem Großteil aus sich selbst heraus kompensieren zu können.“
Der Windpark war zunächst mit einer begrenzten Kapazität von 30 Megawatt in die Regelenergielieferung eingebunden. Auch Momentanreserve oder Blindleistung hätte er bereitstellen können, wenn Netzbetreiber Tennet diese abgefragt hätte. Die Momentanreserve könne eine weitere interessante Systemdienstleistung werden, die Erneuerbare-Anlagen-Parks wie Borkum Riffgrund 1 beitragen könnten, lässt der Netzbetreiber wissen. Die Lieferung von Blindleistung könne der Netzbetreiber dagegen sehr leicht aus den Gleichstromkovertern in den Umspannstationen im Meer selbst organisieren, sagte der Geschäftsführer des Tennet, die den Stromtransport von Wechsel- oder Drehstrom in gut übertragbaren Gleichstrom umrichten. Dabei ist Momentanreserve eine bisher von den drehenden großen Generatoren von selbst geleistete Eigenschaft: Sobald leichte Frequenzschwankungen auftreten, bremst dies die Generatoren ab. Diese rotieren aber aufgrund der Trägheit ihrer Massen noch etwas weiter und ziehen durch ihr Drehmoment somit noch etwas mehr Energie aus ihrer Rotation, als sie selbst noch liefern könnten. Die Masseträgheit durch die Momentanreserve beruhigt damit die Frequenzentwicklung im Netz. Blindleistung wiederum ist eine mit der Wirkleistung mitgelieferte Elektrizität, die stabilisierend auf die Spannung über eine längere Übertragungsdistanz hinweg wirkt oder auch gezielt zur Bereinigung verschobener Frequenzkurven des Stroms benötigt wird.
Weil alle vier Übertragungsnetzbetreiber die Präqualifikation von E2M anerkennen, könnten sich nun auch andere Offshore-Windparkbetreiber für die Lieferung von Regelenergie anmelden, betonte die Beteiligten. Um die Gefahr nicht ganz genauer Wettervorhersagen zu umgehen, weil dann der Windpark womöglich auf zu wenig oder zu viel Regelleistung eingestellt ist, entscheide E2M bei weniger präzise erscheinenden Vorhersagen, auch von vornherein weniger Regelreserve bereit zu stellen. Zu den im Regelenergieeinsatz durch Borkum Riffgrund 1 erzielten Preisen, wollten sich die Akteure nicht im Detail äußern. Klar sei aber, sagte Kubitza: „Flexibilität ist deutlich die härteste Währung am Energiemarkt. Die Preise dafür sind gut. Auch konventionelle Kraftwerke böten ihre Systemdienstleistungen nicht für umsonst an.
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