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Kommentar

CO2 in der Landwirtschaft: Die Wahrheit liegt in der Mitte

Worum geht es? Ich hatte im Editorial unserer neuen Print-Ausgabe Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt unterstellt, er hätte statt seines staat­lichen Tierwohl-Labels mehr für das Tierwohl tun können, wenn er dem Rückzug aus der Massentierhaltung in der unsprünglichen Version des Klimaschutzplans 2050 des Bundesumweltministeriums zugestimmt hätte oder der Idee für eine Fleischsteuer des Bundesumweltamtes. Beides sei im Sinne der EU, die den hohen Nitratwert in deutschen Gewässern mehrfach angeprangert hat. Ein Erhalt der Trinkwasser-Qualität käme zudem auch dem Bürger zugute.

Hintergrund: Wir haben das Thema "CO2 sparen beim Essen" im aktuellen Heft aufgegriffen. Darin spannende Zahlen wie diese: "Mit durchschnittlich in Deutschland pro Kopf im Jahr verbrauchten 12,6 kg Rindfleisch belaufen sich die Treibhausgasemissionen auf rund 260 kg CO2-Äquivalente. Die Deutschen verursachen somit zusammen 23 Millionen Tonnen CO2 nur durch ihren Rindfleischkonsum." Man soll ja nicht Äpfel mit Birnen vergleichen, oder in diesem Fall Rinder mit Flugzeugen. Dennoch: 2014 betrugen die weltweiten Treibhausgasemissionen durch den Flugverkehr 55 Millionen Tonnen. Also allein unser Rindfleischkonsum macht fast die Hälfte des weltweiten Flugverkehrs aus. Oder in Prozent: Rund 20 Prozent der weltweiten Klimagase sind der landwirtschaftlichen Tierhaltung und Fleischproduktion geschuldet, der Flugverkehr kommt auf rund 2,5 Prozent. Der Vergleich nützt niemandem, weil man schließlich nicht Vegetarier wird, um nach Malle zu fliegen.

Gleichwohl finde ich den Vergleich gut, weil er einen Klimakiller erkennbar macht, der in dieser Weise vom Verbraucher nicht wahrgenommen wird. Allerdings gibt es auch noch die Sichtweise der Landwirtschaft auf dieses Thema. Ein Landwirt und Windmüller, der das Editorial gestern las, hatte hier verschiedene Punkte entgegenzusetzen, an dieser Stelle nur einige Anmerkungen seinerseits. Zum Nitratgehalt im Grundwasser merkt er an, das sei ein Problem in viehintensiven Regionen, zum Beispiel bei uns in Weser Ems, hat aber in aller Regel nichts mit Rindviehhaltung und Grünlandbewirtschaftung zu tun. Die reine Rindermast wäre somit ein Thema für Ihre Ausführungen.(...)"

Weiter erklärt er: "Die Trinkwasserqualität ist derzeit für den OOWV in unserer Region nicht das Problem, sondern die Gefahr, dass sich nachhaltig die Werte im oberflächennahen Bereich verschlechtern könnten, aktuelle oberflächennahe Beprobungen weisen darauf hin. Ich bewirtschafte derzeit einen landwirtschaftlichen Betrieb und produziere Substrate für eine Biogasanlage. Wenn Sie mir sagen wie das Wetter in 2017 wird, produziere ich keine erhöhten Gefährdungspotentiale durch die Düngung meiner Kulturen. Dieses Thema hat sicherlich mit der Intensität der Tierhaltung zu tun, aber eine Reduzierung auf Null ist praxisfern."

Dazu sei angemerkt: Von einer Reduzierung der Fleischproduktion auf Null spreche ich gar nicht. Eine Rückbesinnung auf die Konsummengen von vor 30 oder 40 Jahren wäre schon ein Riesenschritt. Seit 1970 hat sich die weltweite Fleischproduktion mehr als verdreifacht auf 320 Millionen Tonnen. Ein Grund sind Länder wie China, deren Konsum stark gestiegen ist. Ein anderer Grund ist der Preis von Fleischprodukten. Ab nächste Woche gibt es bei Aldi Nord Hähnchenbrustfilets, die 550-Gramm-Packung für 2,59 Euro. Die Discounter haben die Fleischpreise so sehr in den Keller getrieben, dass viele Verbraucher nicht mehr bereit sind, einen angemessenen Preis für Fleischprodukte zu zahlen. Der Landwirt hat das Nachsehen. Das Thema ist sicherlich hochkomplex und kann nicht mit einer Handbewegung vom Tisch gefegt werden. Dennoch ist es an der Zeit für Veränderungen.

Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold - © Foto: Nicole Weinhold
Kommentar Nicole Weinhold | Kommentar Nicole Weinhold

Dieser Kommentar greift ein Thema aus unserem aktuellen Heft 1/2017.    Holen Sie sich jetzt das E-Magazine und lesen Sie mehr zu dem Thema.