Nachdem in den vergangenen Jahren der europäische Gesamtmarkt für Photovoltaikanlagen stetig um jeweils etwa 40 Prozent gewachsen ist, befürchtet der europäische Solarverband einen Rückgang der Nachfrage und der Investitionen. Schon in diesem Jahr geht Solarpower Europe (SPE) nur noch von einem Wachstum von vier Prozent aus. Das ist das Ergebnis der aktuellen Marktanalyse durch SPE, die im neuen EU Market Outlook for Solar Power 2024-2028 veröffentlicht wurde.
338 Gigawatt Solarleistung am Netz
Der Verband geht davon aus, dass in diesem Jahr in ganz Europa Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von 65,5 Gigawatt neu gebaut wurden. Das ist zwar mehr als im vergangenen Jahr. Doch, nur knapp drei Gigawatt. Denn 2023 haben die europäischen Installateure Anlagen mit einer Gesamtleistung von 62,8 Gigawatt errichtet. Damit steigt die in Europa insgesamt installierte Solarstromleistung auf 338 Gigawatt. Damit hat sich die installierte Leistung in den letzten zehn Jahren von 82 Gigawatt immerhin verdreifacht.
Jedes Jahr 70 Gigawatt installieren
Walburga Hemetsberger, Geschäftsführerin von SPE, warnt vor einem Verfehlen der europäischen Klimaschutzziele, wenn die Politik weiterhin Stimmung gegen die solare Energiewende macht. „Die europäischen Entscheidungsträger und Netzbetreiber können den diesjährigen Bericht als gelbe Karte betrachten“, sagt Walburga Hemetsberger. „Eine Verlangsamung des Solarausbaus bedeutet eine Verlangsamung der Ziele des Kontinents in Bezug auf Energiesicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Klima. Europa muss jährlich etwa 70 Gigawatt installieren, um seine Klimaschutzziele für 2030 zu erreichen – wir müssen jetzt Korrekturmaßnahmen in Betracht ziehen, bevor es zu spät ist.“
Russische Kriege sind Markttreiber
Dabei geht es weniger um die Preisgestaltung in der Solarbranche. Den Investoren sind Rahmenbedingungen, eine einfache Umsetzung von Projekten, der Zugang zum Stromnetz und die Absicherung der Energieversorgung durch die Solarenergie viel wichtiger als niedrige Modulkosten. Auch dies ist ein Ergebnis der Analyse. So stiegen die Investitionen in die Solarenergie von 2020 auf 2021, noch während der Coronapandemie, um 41 Prozent. Einen Schub für den Solarmarkt gab es nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Im Jahr 2022 stiegen die Investitionen um 45 Prozent.
Modulpreise haben nur mittelbaren Einfluss auf die Nachfrage
Im Laufe des Jahres 2023 haben sich die Modulpreise nahezu halbiert. Es schien, dass die Preissenkung die Investoren angereizt hat. Die Investitionen in die Solarenergie stiegen um 53 Prozent auf 63,1 Milliarden Euro. Doch das Jahr 2024 hat gezeigt, dass die Modulpreise nicht die Hauptrolle bei der Entscheidung für oder gegen eine Solaranlage spielen. Denn trotz weiter drastisch gesunkener Modulpreise – abermals um 33 bis 45 Prozent – sind die Investitionen in die Solarenergie um vier Prozent auf 55 Milliarden Euro gesunken. Hier machen sich natürlich auch die zurückgehenden Kosten für die Anlagen bemerkbar.
Mehr Dachanlagen als Solarparks installiert
Die Installation von Dachanlagen bleibt derzeit noch der Nachfragetreiber. Diese liegen derzeit immer noch 47 Prozent über den Installationen von Solarkraftwerken. Doch die Analysten von SPE prognostizieren, dass die Nachfrage nach Freiflächenanlagen in den nächsten Jahren bis 2028 schneller wächst als die nach Dachanlagen.
Sie sehen für die Neuinstallation von Solarparks ein relativ kontinuierliches Wachstum, während die Lage bei Dachanlagen eher durchwachsen ist. Zwar sehen die Analysten von SPE für das kommende Jahr noch eine leichte Steigerung der Nachfrage. Doch 2026 wird es wohl einen leichten Rückgang geben und erst 2027 wird die Nachfrage dann wieder kontinuierlich anziehen. Bis 2028 wird die jährliche Nachfrage im Bereich Dachanlagen von derzeit 38 auf dann 44,2 Gigawatt wachsen. Die Installationszahlen von Solarparks werden sich von derzeit 27,5 auf 37,3 Gigawatt entwickeln.
Mehr Flexibilität vereinfacht die Netzintegration
Einen Markttreiber sehen die Analysten vor allem in der zunehmenden Elektrifizierung, vor allem im Heizungs- und Mobilitätsbereich. Zudem wird sich die zunehmende Flexibilisierung des Energiesystems und die Installation von Speichern positiv auf die Rahmenbedingungen für die Installation von Solaranlagen auswirken.
Solarstrom senkt die Energiepreise
Dies werde dann auch die Energiepreise nach unten treiben. So werde ein flexibles Stromsystem die Day-Ahead-Energiepreise 2030 um 25 Prozent senken und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit der Solarenergie um 71 Prozent steigern. Dazu sei aber der Ausbau von Speicherkapazitäten um den Faktor 16 von derzeit 48 auf dann 780 Gigawattstunden notwendig. „Preiswerte Solarenergie ist die beste Option, um Europa eine neue Wettbewerbsfähigkeit zu bescheren“, betont Dries Acke, stellvertretender Geschäftsführer von SPE.
Abhängigkeiten senken
So brauche Europa die komplette Abkopplung von russischen Gaslieferungen und weniger Abhängigkeit von Flüssiggas. „Die Industrie in Europa braucht sauberen und preiswerten Strom, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, betont Dries Acke. „Und die Erneuerbaren in Europa brauchen eine flexiblere Stromnachfrage, um ihre Geschäftsmodelle zu stärken. Wir fordern von der neuen EU-Kommission, diese sich gegenseitig verstärkende Chance zu nutzen und den Clean Industrial Deal auf erneuerbare Energien, Flexibilität und Elektrifizierung aufzubauen", sagt er.
Den aktuelle EU Market Outlook for Solar Power 2024-2028 finden Sie auf der Webseite von Solarpower Europe zum Download.
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