Beim digital veranstalteten unternehmenseigenen Capital Markets Day am Mittwoch hat Ørsted sich darauf festgelegt: Die Rotorblätter alter demontierter Windenergieanlagen will das dänische Energieunternehmen nur noch wiederverwenden, recyceln oder verwerten. Eine Entsorgung auf Mülldeponien komme hingegen nicht in Frage. Falls nicht ausreichend schnell technische Verfahren zum Recyceln der überwiegend aus Glasfaserkunststoff-Verbundmaterial bestehenden Großkomponenten entwickelt seien, will Ørsted die alten Rotorblätter vorübergehend einlagern – bis Recycling möglich ist.
Bis 2040 wolle das Unternehmen zudem komplett klimaneutral wirtschaften, teilte der Energiekonzern im Anschluss an die Veranstaltung mit. Spätestens dann müsse auch das Wiederverwenden, Recyceln oder Verwerten der Rotorblätter stattfinden. Außerdem sollen alle ab 2030 in Betrieb genommene Energieerzeugungsprojekte des Unternehmens durch Ausgleichsmaßnahmen „eine positive Nettoauswirkung“ auf die Biodiversität haben – die biologische Vielfalt der natürlichen Umwelt.
Bislang gelten Rotorblätter noch als die Problemkomponente beim Abbau alter nicht mehr rentabler Windparks oder beim Repowering – dem Austausch alter leistungsschwächerer gegen moderne, stärkere, effizientere Neuanlagen. Während sich nach Einschätzung bei Ørsted gemäß ähnlicher anderer branchenweiter Berechnungen 85 bis 95 Prozent des Materials und der Komponenten einer Windturbine wiederverwerten lassen, ist dies bei Windturbinenflügeln wegen der Verschmelzung von Glasfasern und Klebern zum typischen Rotorblatt-Grunstoff GFK (Glasfaserkunststoff) weniger einfach. Während in den USA die schlichte Einlagerung von Rotorblättern unter einer Deponieerdschicht schon Schlagzeilen erzeugt hat, versuchen die Abrissunternehmen und die Windparkeigentümer hierzulande, die Großkomponenten abgebauter Anlagen entweder für die Errichtung kleinerer Turbinen im Ausland auszuliefern oder sie in ersten Wiederverwertungsanlagen als Grundstoff zu zermahlen. So erlaubt eine dieser Technologien das Zerstoßen des Materials bei zeitgleichem Herausfiltern metallischer Reststoff – um das entstehende Granulat als Brennstoff zur Energielieferung für die Zementproduktion zu nutzen. Die entstehende Asche wiederum liefert dann noch Ersatzstoffe anstelle sonst üblicher chemischer Beimischungen im Zement. Andere innovative Verfahren sehen eine Nutzung des Granulats zur Herstellung von hybriden Baumaterialien wie beispielsweise Holz-Kunststoff-Fliesen für Terrassen vor.
Doch weil nun allmählich nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit, der Abbau ganzer Generationen von nicht mehr rentablen verbrauchten Pionierwindkraftanlagen ansteht, muss die Windkraftbranche auch Komplett-Recyclingverfahren dringend entwickeln.
Ørsted, das zuletzt einen Ausbau der eigenen Erzeugungskapazitäten bis 2030 auf 30 Gigawatt (GW) Windkraft im Meer sowie auf zusammen 17,5 GW Windkraft an Land und Photovoltaik angekündigt hatte, folgt mit dem Bekenntnis zur Rotorblatt-Wiederverwertung dem Beispiel des dänischen Windturbinenbauers Vestas. Vestas hatte bereits 2020 erklärt, bis 2040 abfallfreie Windturbinen zu produzieren. Derzeit forscht der Windturbinenhersteller zusammen mit Partnern im Entwicklungsprojekt CETEC, wie sich Windturbinenflügelmaterial komplett recyceln ließe. Der Fokus richtet sich hierbei auf die Wiederverwertung der als Kleber verwendeten Kunstharze.
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