Die Rahmenbedingungen in Deutschland für Solaranlagen haben sich nach der Verabschiedung des Solarpakets weiter verbessert. Mit welcher Marktentwicklung rechnen Sie in den kommenden Monaten?
Melchior Schulze Brock: Insgesamt ist der Solarausbau in Deutschland auf Erfolgskurs. Das Jahresausbauziel 2024 von 13 Gigawatt haben wir bereits im Oktober erreicht. Absolut wächst auch das Segment leistungsstarker Dachanlagen, wie sie auf Gewerbeimmobilien verbaut werden. Ihr relativer Anteil ist mit rund 20 Prozent an der angeschlossenen Photovoltaikleistung aber weitestgehend konstant. Im Vergleich sehen wir also noch nicht die erhofften Sprünge. Dabei ist gerade hier das Potenzial riesig. Der Bundesverband Solarwirtschaft geht davon aus, dass lediglich zehn Prozent der geeigneten Firmendächer mit Solar belegt sind.
Die Ampelregierung hat auch die Ausschreibungsmengen für Solarparks und große Dachanlagen erhöht. Wie wirken sich dieses erhöhte Ausschreibungsvolumen auf die Nachfrage aus?
Die Nachfrage ist weiterhin groß. Allerdings sind die Effekte der neuen Ausschreibungsmengen noch verhalten. Denn die neuen Werte werden derzeit einer beihilferechtlichen Untersuchung der EU unterzogen, weshalb sie leider noch keine Anwendung finden.
Welche Entwicklung sehen Sie bei alternativen Vermarktungsmodellen wie PPA – sowohl Onsite als auch Offsite?
Wir beobachten, dass PPA mit leistungsstarken solaren Dachanlagen immer mehr nachgefragt werden. Bei Onsite PPA vermietet ein Unternehmen seine Dachfläche an uns. Wir errichten darauf eine Solaranlage, kümmern uns um den Betrieb und verkaufen den produzierten Grünstrom per PPA direkt an das Unternehmen zurück. Die Vorteile liegen auf der Hand: Keine Anfangsinvestition, keine Netzentgelte und trotzdem günstiger Solarstrom vom eigenen Dach.
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Und wie sieht es bei Offsite PPA aus?
Selbstverständlich sind auch Offsite PPA mit Photovoltaikdachanlagen möglich. Das funktioniert genauso, nur, dass der Strom dann an ein anderes Unternehmen über das öffentliche Netz geliefert wird. Dafür fallen Netzentgelte, Umlagen und Abgaben an. Das lohnt sich vor allem für Unternehmen, deren Dachfläche für die Deckung des eigenen Strombedarfs nicht groß genug ist. Umgekehrt können so auch Unternehmen mit einer Photovoltaikdachanlage zur Energiewende beitragen, die den Strom selbst gar nicht verbrauchen. Und dafür erhalten sie dann sogar noch Mieteinnahmen.
Was ist aus Ihrer Sicht für einen weiteren und schnelleren Zubau an Rahmenbedingungen noch notwendig?
Wir müssen dringend den Netzanschluss beschleunigen. Allzu oft sind die Anlagen eigentlich schon fertig, können aber nicht ans Netz. Denn die mehr als 850 Verteilnetzbetreiber in Deutschland haben da ganz unterschiedliche Anforderungen. Hier muss standardisiert und digitalisiert werden. Aus meiner Sicht ist es außerdem von entscheidender Bedeutung, auch in Zukunft eine ausreichend hohe EEG-Vergütung für Photovoltaikanlagen sicherzustellen.
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Warum?
Andernfalls wäre die Finanzierung neuer Projekte erheblich gefährdet. Ohne die aktuelle EEG-Förderung würden große Photovoltaikanlagen kaum noch realisiert werden. Es ist daher zwingend notwendig, entweder die bestehende Regelung beizubehalten oder eine alternative Förderung zu etablieren, um die Rahmenbedingungen für einen weiteren Ausbau der Photovoltaik zu gewährleisten.
Mit dem Solarpaket sollte unter anderem das Repowering von Solaranlagen gestärkt werden. Welche erweiterten Möglichkeiten für die Erneuerung der Anlage sehen Sie durch die neuen Regelungen?
Bisher war Repowering von Photovoltaikanlagen nur eingeschränkt möglich. Denn Betreiber konnten die zusätzlich erbrachte Leistung nicht über die EEG-Förderung vergüten lassen. Das Solarpaket 1 hat das geändert. Solarmodule können fortan unabhängig von ihrem Zustand ausgetauscht werden und Betreiber profitieren weiterhin von der EEG-Vergütung.
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Das hat natürlich Vorteile?
Ja. Durch den Austausch der alten Module durch leistungsstärkere kann im Handumdrehen mehr Strom auf einer geringeren Fläche produziert werden. Ein Beispiel: Unter Optimalbedingungen können Module heutzutage 210 Watt pro Quadratmeter erzeugen. Auf einer Unternehmensdachfläche von 1.000 Quadratmetern lassen sich demnach bis zu 210 Kilowatt Gesamtleistung beherbergen. Noch vor 10 Jahren waren auf der gleichen Fläche gerade mal 170 Kilowatt möglich. Eine Steigerung von satten 23,5 Prozent!
Wie wirkt sich das auf die Nachfrage nach einem Repowering aus?
Wir sehen durchaus, dass das Repowering von Photovoltaikanlagen immer häufiger angefragt wird.
Welche Hürden stehen bei der Erneuerung der Anlagen noch im Wege?
Durch Repowering kann zusätzliches Potenzial meist deutlich schneller realisiert werden als beim Bau einer neuen Anlage. Wie viel schneller, hängt vom Alter der Bestandsanlage und den Reserven der Elektrik ab. Denn die Technik, wie zum Beispiel die Wechselrichter und Kabel, müssen die Mehrleistung auch abbilden können. Ist das nicht möglich, muss man nachrüsten und modernisieren. Außerdem muss mittels einer Netzanfrage sichergestellt werden, dass die bestehende Netzinfrastruktur die zusätzliche Leistung auch verträgt. In jedem Fall vermeiden Unternehmen aber zusätzliche Statikprüfungen oder Tiefbaumaßen. Das spart bares Geld.
Unter welchen Voraussetzungen würden Sie das Repowering einer Solaranlage empfehlen?
Wo und ab wann sich das lohnt, kann man schnell berechnen. Schließlich kennen wir die Leistung der alten und neuen Module, sodass wir direkt vergleichen können. Hinzu kommt, dass die Module immer günstiger werden. Während der Modulpreis 2016 noch bei 50 Cent pro Watt lag, kosten Solarmodule 2024 nur noch rund 13 Cent pro Watt. Das entspricht einer Preisreduktion von ungefähr 75 Prozent in gerade einmal acht Jahren. Dadurch wird natürlich auch die Amortisationsdauer kürzer. Bei Interesse rechnen wir das gerne für Ihre Anlage durch.
Die Fragen stellte Sven Ullrich.
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