Der Umstieg von Gewerbe- und Industriebetrieben auf erneuerbare Wärme ist ein Schlüssel für deren Dekarbonisierung. Bisher sind allerdings die regenerativen Wärmeerzeuger nur mit großen Mühen in der Lage, die hohen Temperaturen bereitzustellen, die in der Industrie gebraucht werden. Eine Lösung ist die kaskadierende Installation von mehreren Wärmepumpen oder die Wärmerückgewinnung. Allerdings sind diese Geräte kaum auf Temperaturen von mehr als 100 Grad Celsius ausgelegt.
Rotation sorgt für Druck und Temperatur
Deshalb hat das Wiener Unternehmen Ecop Techologies eine Rotationswärmepumpe entwickelt, die in der Lage ist, Wärme bis zu einer Temperatur von 150 Grad Celsius zu liefern. Dazu haben die Entwickler von Ecop einen geschlossenen Kreislauf kreiert, in dem das permanent gasförmige Arbeitsmedium strömt. Dieser geschlossene Kreislauf rotiert um eine Achse mit bis zu 1.800 Umdrehungen pro Minute. Durch die Fliehkräfte wird das Arbeitsmedium nach außen gedrückt. Dadurch erhöht sich dort der Druck und damit auch die Temperatur des Arbeitsgases. Diese Wärme wird über einen Wärmetauscher abgegeben. Dadurch kühlt sich das Gas wieder ab, entspannt sich und strömt zurück in die Mitte an die Rotationsachse, wo es über einen Wärmetauscher wieder Energie von der Wärmequelle aufnehmen kann.
Prozesswärme zu stabilen Kosten
Ecop will dieses Prinzip jetzt in die Serienfertigung überführen. Die dafür notwendigen Investitionsmittel in Höhe von 3,9 Millionen Euro hat der Cleantechinvestor EIT Innoenergy beigesteuert. Die schrittweise Markteinführung in Europa der Anlage soll bis 2025 abgeschlossen sein. Damit will Ecop Unternehmen eine Möglichkeit bieten, mit selbst erzeugtem Ökostrom beispielsweise aus der eigenen Solaranlage auf dem Dach CO2-freie Wärme in einem Temperaturbereich zu erzeugen, der für die Produktionsprozesse notwendig ist. „Denn die Erzeugung von Prozesswärme zur Nutzung in komplexen industriellen Herstellungsverfahren ist nicht nur ein echter Klimakiller, auch die Kosten laufen für die Unternehmen aus dem Ruder“, sagt Bernhard Adler, Geschäftsführer von Ecop Technologies. „Hinzu kommt die Sorge vor einem baldigen Lieferstopp von Erdgas aus Russland. All das führt dazu, dass immer mehr Unternehmen nach Alternative für fossile Brennstoffe suchen.“
Industrielle Abwärme in Prozesswärme verwandeln
Er sie in der frisch entwickelten industriellen Hochtemperaturwärmepumpe eine gute Alternative zum Erdgas. „Denn sie ist darauf optimiert, industrielle Abwärme klimaneutral und kostensparend in Prozesswärme im Hochtemperaturbereich umzuwandeln, wie sie in vielen der energieintensivsten Herstellungsverfahren benötigt wird“, beschreibt Adler einen entscheidenden Vorteil gegenüber fossilen Brennstoffen.
Riesiges Marktpotenzial
Denn die Rotationswärmepumpe nutzt als Wärmequelle Abwärme etwa aus der Elektrolyse von Wasserstoff, der Pasteurisierung und Dampferzeugung in der Getränke- und Nahrungsmittelproduktion oder Trocknungsprozesse in der Baustoffindustrie. „Die Industrie ist immerhin der weltweit zweitgrößte Emittent von Treibhausgasen“, umreißt Christian Müller, Geschäftsführer von EIT Innoenergy Deutschland, den potenziellen Markt. „Stellen wir uns in diesen unsicheren Zeiten zu Recht die Frage, wie wir schnellstmöglich von fossilen Energieträgern, vor allem aus Russland, loskommen, ist die Dekarbonisierung industrieller Prozesswärme ein ganz wichtiger Teil der Antwort. Ecop stößt mit seiner Innovation in Bereiche vor, die für Wärmepumpen im industriellen Einsatz bislang unerreichbar waren. So wird die Rotationswärmepumpe zur idealen Lösung für eine ganze Reihe der anspruchsvollsten, CO2-intensivsten und teuersten Herstellungsprozesse. Daraus ergibt sich für Ecop allein in Europa ein riesiges Marktpotenzial“, begründet er den Einstieg in die Finanzierung der Markteinführung.
Elf Milliarden Euro Potenzial schlummert in der Industrie
Die beiden Unternehmen gehen davon aus, dass der europäische Markt für die Bereitstellung von industrielle Prozesswärme im Temperaturbereich von bis 150 Gar Celsius aus Abwärmerückgewinnung ein Volumen von elf Milliarde Euro allein bis 2030 umfasst. Auch im Bereich der Fernwärmeerzeugung gebe es ein erhebliches Potenzial von gut Neun Milliarden Euro bis 2030. (su)
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