Schon länger kursiert die Idee unterschiedlicher Strompreise. Jüngst war es auch wieder ein Thema im Wahlkampf für den niedersächsischen Landtag. Tatsächlich wäre das Land im hohen Norden ein Nutznießer einer Regelung, bei der der Verbrauch von preiswertem Wind- und Solarstrom vor Ort ohne lange Transportwege belohnt wird, während der Verbrauch über eine längere Distanz mehr kostet. Schließlich müssen hier die Transportwege mit eingepreist werden. Bisher ist das in der Regel umgekehrt. Denn die Bewohner von Regionen mit vielen Ökostromanlagen, die Energie preiswert produzieren, müssen sogar teilweise mehr bezahlen, in der Regel weil die Netzkapazitäten dort überlastet sind.
Eine charmante Idee
Ein solcher Vorschlag wäre durchaus eine nüchterne Betrachtung wert, betont Markus W. Voigt, Geschäftsführer der Aream Group, einem Investment- und Assetmanagement, das sich auf erneuerbare Energien spezialisiert hat. „Denn der Charme der Idee beinhaltet nicht ein paar Cent geringere Strompreise bei den Verbrauchern in Norddeutschland. Er liegt in einer Lenkungswirkung, die überall in Deutschland für niedrigere Strompreise sorgt“, erklärt Voigt. Er verweist auf andere europäische Staaten wie Norwegen, Dänemark und Italien, wo Strom längst nicht überall gleich viel kostet. Vielmehr werden dort je nach Region von den Stromversorgern unterschiedlich hohe Beschaffungskosten abgerechnet.
Preiswerter Strom im Norden
In Deutschland wäre klar der Norden im Vorteil – vor allem aufgrund der hohen Erzeugungskapazitäten für Ökostrom. So produziere Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern längst mehr Strom als dort überhaupt gebraucht wird. Im Süden, vor allem in Bayern, hätte man das Nachsehen aufgrund der Verhinderung vor allem des Ausbaus der Windkraft. „Abseits einer gewissen Häme, die die Nordländer hier gegen die Bayern ins populistische Spiel bringen, wären unterschiedliche Strompreise aber tatsächlich ein guter Weg zum schnelleren und gleichmäßigeren Ausbau der Erneuerbaren“, ist sich Voigt sicher.
Steuerungsmechanismus garantiert
Schließlich wird der Strom dort preiswerter, wo er günstig hergestellt wird. „Dort siedeln sich verstärkt energiehungrige Unternehmen an, schaffen Arbeitsplätze und Wohlstand“, prognostiziert der Aream-Chef. „Aber auch die Kehrseite der Medaille wirkt positiv: In Regionen mit hohen Strompreisen lohnt sich der Bau neuer Anlagen sogar mehr, hier würde also viel investiert werden, um die höheren Preise mitzunehmen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien würde beschleunigt. Zusammen schaffen die Effekte eine deutlich schnellere Dezentralisierung der Stromerzeugung, was nicht nur viele schwer zu genehmigende Trassen von Nord nach Süd überflüssig werden lässt. Auch die Versorgungssicherheit angesichts verletzlicher Kabel wird so viel besser gewährleistet.“
Preise gleichen sich wieder an
Auf lange Sicht würden sich dann die regionalen Preise wieder angleichen – je nach Tempo der Energiewende in den einzelnen Regionen. Schließlich würde dann die Nachfrage nach Strom im Norden steigen, während im Süden der Ausbau der Ökostromkapazitäten schneller ginge, beschreibt Voigt den Mechanismus. Deshalb sollte die Regionalisierung der Strompreise ernsthaft geprüft werden, schlägt er vor. (su)