Die scheidende Bundesregierung habe 2024 die Grundlage für eine deutlich erhöhte Dynamik bei den erneuerbaren Energien geschaffen. Mit einem Anteil von über 60 Prozent an der Nettostromerzeugung, sinkenden Börsenstrompreisen und einem optimierten Rahmen für die Wärmewende habe die Branche neue Rekorde aufgestellt, erklärte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), beim Energiedialog 2025 auf dem Euref-Campus in Berlin. Sie hob dabei die Leistung der Politik und der Branche hervor: „Die Bremsen beim Ausbau von Wind und Solar sind gelöst. Nun gilt es, das gesamte Potenzial der Erneuerbaren zu heben.“
Über 5.000 Zuschauer hatten sich – zusätzlich zu den rund 150 geladenen Gästen vor Ort - online zum Energiedialog zugeschaltet. BEE-Geschäftsführer Wolfram Axthelm Begrüßte zunächst BMWK-Staatssekretär Philipp Nimmermann, der seinen Chef Robert Habeck vertrat, weil dieser im Atomkraft-Untersuchungsausschuss saß (Weiterbetrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland vor drei Jahren).
Nimmermann betonte zunächst, dass die Klimakatastrophe die elementare Triebkraft für den Ausbau der erneuerbaren Energien sei. Der Rückversicherer Munich Re habe gerade auf die zunehmenden Kosten der Katastrophe verwiesen. „31 Gigawatt PV-Zubau in vergangenen zwei Jahren, das ist mehr Zubau als in den acht Jahren der vorherigen Legislatur“, erklärte der Staatssekretär. 60 Prozent Erneuerbare habe man nun im Strommix. Das sei nicht nur gut fürs Klima: „Wir werden vor allem auch unabhängiger“, so Nimmermann. Zwar hinke die Wärme mit nur 20 Prozent Erneuerbaren-Anteil hinterher, aber die kommunale Wärmeplanung sei gut angelaufen, die Wärmenetze um 9.000 Kilometer erweitert worden.
Die Regierung habe nicht mehr alles geschafft, was sie umzusetzen gehofft hatte. Nimmermann nennt in dem Zusammenhang das Solarspitzenpaket. Biogas sein noch im Ausschuss. Das Geothermie- und Wärmepumpengesetz – „Es wäre gut, wenn das noch kommt.“ Bezüglich der Volatilität der Erneuerbare nannte er das Aussetzen der Vergütung bei negative Strompreise als wichtig, auch um die Kosten im Griff behalten. Zudem verwies er auf 256 Gigawatt an Anschlussgenehmigungen für Batterien, was mittelfristig eine Hilfe die Netze bedeutet.
NRW-Vizeministerpräsidentin Mona Neubaur lobte, was im Bund an Gesetzgebung vereinbart wurde. „Dem BMWK sind die Ketten abgenommen worden, um wieder voranzugehen.“ Die Bundesländer hätten jetzt die Aufgabe, nicht nur zuzuschauen, sondern als Ideengeber im Zusammenspiel mit dem Bund zu fungieren. Wenn es um eine agiles Energiesystem für die Zukunft und eine Entfossilisierung gehe, sei ihr Bundesland gut aufgestellt. „NRW belegt Platz 1 bei den Genehmigungen. Platz 1 belegen die vielen kreativen Herzen in den Genehmigungsbehörden; wir sind uns bewusst, dass es Marathon ist“, so Neubaur. Das dürfe nicht einbrechen, wenn die Bundesregierung wechselt.
In einer Talkrunde erläuterte Gerd Schöller, CEO von Schoenergie, wie eine netzdienliche Betriebsweise von Regenerativanlagen möglich wird. In einem der Solarparks seines Unternehmen läuft ein entsprechendes Forschungsprojekt.
CDU- und SPD-Vertreter:innen für Erneuerbare
Unions-Mann Thomas Heilmann, Vorsitzender der Klimaunion, erklärte später mit deutlichen Worten: „Es gibt keine Alternative zu den erneuerbaren Energien, auch wenn die CDU an einer Regierung beteiligt ist.“ Er gratulierte Mona Neubaur für die Regenerativ-Ausbau-Erfolge in NRW und sagte: „Erneuerbare Energien werden sich durchsetzen, weil sie sich wirtschaftlich durchsetzen.“
Zuvor hatte Verena Hubertz, stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, gesagt, sie sehe die Transformation des Energiesystems auch als Chance für Unternehmensgründungen und Jobmotor. „Erneuerbare Energie bedeutet für mich Wohlstand und Sicherheit. Mir macht es aber Sorge, dass wir grad diese Glaubensstreitigkeiten E-Mobilität oder Verbrennermotor haben. Wir brauchen Planungssicherheit und nicht die Rolle rückwärts.“ Mit Blick auf Unionschef Friedrich Merz habe sie in dem Zusammenhang „mit den Augen gerollt.“
BNetz-A Ausschreibungsergebnisse
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, verwies in seiner Ansprache auf Entwicklungserfolge auch beim Thema Infrastruktur. Er sagte, das Investitionsvolumen habe sich bei den Netzbetreibern zwischen 2021 und `24 verdoppelt. Die Netze seien im Bau, erste Erfolg zum Thema Redispatch gebe es ebenfalls vorzuweisen. Die Kosten seien zwar immer noch zu hoch, aber erste Erfolge zeigten sich bereits. Er berichtete, im nächsten Jahr sei die Veröffentlichung des neuen Netzentwicklungsplans vorgesehen. Die BNetzA habe verschiedene Szenarien in der Entstehung. „Weil wir nicht wissen, was mit einer neuen Regierung auf uns zukommt.“ Er sieht ein Hinterherhinken beim Verteilnetzausbau. Direktvermarktung ist aus seiner Sicht eine ökonomische Chance.
Flexibilität als Schlüssel für ein effizientes Energiesystem
Der Fokus für 2025 liegt laut BEE darauf, die Energieversorgung effizienter und flexibler zu gestalten. Besonders wichtig sind demnach die flexiblen Erneuerbaren wie Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie sowie Speicher- und Elektrolyse-Technologien. Diese könnten als heimisches Backup für Wind und Solar dienen. Gleichzeitig müssten verbraucherseitige Flexibilitätsmaßnahmen und ein effizienter Netzanschluss vorangetrieben werden, um Kosten zu senken und die Verteilung von Energie zu optimieren, so Peter.
Zukunftstechnologien und neue Arbeitsplätze
Die erneuerbaren Energien erwiesen sich als Motor für Wirtschaft und Beschäftigung. Rund 400.000 Menschen arbeiten laut BEE bereits in der Branche, die durch Produktion, Export und Innovationen weltweit führend ist. „Die Ausbaukurve zeigt steil nach oben“, so Peter. Damit eröffneten sich enorme Chancen für zusätzliche Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Die kommende Bundesregierung habe die Möglichkeit, diese Entwicklung weiter zu fördern und den Standort Deutschland nachhaltig zu sichern.
Energy Sharing: Bürgernahe Innovationen fördern
Ein weiterer zentraler Aspekt ist laut BEE die Einführung von Energy Sharing. Dieses Modell biete Anreize für die lokale Erzeugung und Nutzung von erneuerbaren Energien, stärke die Beteiligung der Bürger und eröffne neue Geschäftsmodelle. „Mit diesen Maßnahmen wird die Energiewende zu einem gesellschaftlichen Projekt, das wirtschaftlich und ökologisch überzeugt“, betonte Peter.
Erneuerbare sind Wachstumstreiber
Erneuerbare Energien sind somit nicht nur der Schlüssel für den Klimaschutz, sondern auch für die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Eine klare und verlässliche Strategie der nächsten Bundesregierung kann laut BEE die Energiewende weiter beschleunigen, Innovationen fördern und neue Perspektiven schaffen.