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Lizenz zum Dekarbonisieren

Die Aufgabe von Wasserstoff ist mittlerweile recht klar. Alles dreht sich dabei um die Welt der Dekarbonisierung. Industrien, die einen großen Anteil an CO2 emittieren, möchten oder müssen ihren Ausstoß in den nächsten Jahren stark reduzieren. Jedoch hilft Wasserstoff nur bei der Dekarbonisierung, wenn er auch kohlenstoffarm ist. Das Problem dabei: Der Großteil des weltweiten Wasserstoffes ist es nicht.
Nach einer Studie der International Energy Agency wurden 2019 76 Prozent des weltweit produzierten Wasserstoffs aus Gas und 23 Prozent aus Kohle gewonnen. Somit ist der überwiegende Teil des internationalen Wasserstoffs grau und wird nicht mithilfe von erneuerbaren Energien gewonnen. Es bleibt also nicht viel Marktanteil für kohlenstoffarmen grünen Wasserstoff übrig. Damit Unternehmen die Verwendung von grünem Wasserstoff nachweisen können, gibt es daher die Zertifizierung.
Ab 2030 dürfen Produzenten ihren Wasserstoff nach EU-Recht nur grün nennen, wenn sie jede Stunde nachweisen können, dass die Bedingungen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie erfüllt werden. Dazu braucht es ein digitales, datenstarkes System. Die Realität sieht aktuell jedoch häufig noch anders aus: Ein Prüfer schaut sich einmal im Jahr die Anlage an und kontrolliert manuell die verfügbaren Daten und Tabellen. Entwicklungsbedarf liegt in jedem Fall vor, da auch der Wasserstoffmarkt vor einem hohen Bedarf steht und Lösungen benötigt.

Analyse der gesamten Produktionskette

das eine Plattform bietet, um diese Prozesse zu beschleunigen und zu vereinfachen. Damit ist es Produzenten möglich, automatisch und durchgängig ihren Wasserstoff als grün zu verifizieren. Die Plattform sammelt alle relevanten Daten für die Berechnung der CO2-Bilanz. Dazu gehören unter anderem die eingehende Stromversorgung und der entstehende Stromverbrauch, die Produktion des Wasserstoffs, die Geodaten und der Transport der einzelnen Bereiche. Dabei ersetzt die Plattform keine der bislang vorhandenen Institutionen, sondern hilft dabei, den Zeitaufwand der Zertifizierung um bis zu 90 Prozent zu verringern.
Die Plattform stellt dazu eine Verbindung zum Steuerungssystem der Produktionsanlagen und zu den einzelnen Bereichen der Produktionskette her. Damit werden Datenpipelines eingerichtet, die die Daten sammeln. Von den Messgeräten auf der Seite der Stromerzeugung, den Messgeräten auf der Seite des Stromverbrauchs und den Messgeräten für die Wasserstofferzeugung werden alle benötigten Informationen gespeichert. Außerdem verfolgt das System die Geodaten des Transports, sodass auch hier die Emissionsintensität jedes einzelnen Teilbereiches berechnet werden kann.
Mithilfe der Plattform ist es Atmen möglich, beide Arten von Zertifikaten auszustellen. Die begehrten Nachhaltigkeitsbeweise werden aufgrund der EU-Regularien jedoch noch nicht vergeben. „Bislang sind unsere RFNBO-Systeme noch nicht akkreditiert, sodass noch niemand diese Zertifikate ausstellen darf. Wir sind jedoch bereits dabei, die Instrumente der digitalen Technologie zu entwickeln, die die Ausstellung dieser Zertifikate unterstützen werden“, sagt Flore de Durfort, CEO und Mitgründerin von Atmen.

Womit Unternehmen Probleme haben

Ihr zufolge haben Unternehmen aus verschiedenen Gründen noch Probleme mit der Zertifizierung von grünem Wasserstoff. Besonders die Komplexität des Themas spiele hierbei eine Rolle. „Es ist ein bisschen so, als ob man die Komplexität der Strommärkte, die Komplexität der Gasmärkte und die Komplexität des CO2-Marktes zusammennimmt“, bemerkt Flore de Durfort. Zudem würden sich Regulierungen schnell ändern, sodass Unternehmen sich die Frage stellen, welche Bedeutung das Thema überhaupt für sie habe. Gleichzeitig sei der Bereich der Wasserstoffzertifizierung ein sehr neues Thema, bei dem Zuständigkeiten nicht geklärt sind. Ist es ein Rechtsthema aufgrund der Regulierungen oder ist es eher ein Vertriebsthema, da es Verkaufsargument sein kann, oder am ehesten ein Thema für die IT, da es ein von Daten bestimmtes Gebiet ist?
Schlussendlich werde zudem auch immer noch die Wichtigkeit der Zertifizierung unterschätzt. Es sei so wichtig, grün zertifiziert zu sein, da es bereits eine Geschäftssache ist, bevor die Lieferketten überhaupt in Betrieb sind. „Keine Bank, weder die EU-Wasserstoffbank noch irgendeine andere Bank, wird Millionen von Euro in ein Projekt investieren, wenn sie nicht sicher ist, dass das, was dabei herauskommt, grün sein wird“, stellt Flore de Durfort fest.

Wasserstoffzertifikate

Herkunftsnachweise (guarantee of origin) als eine von zwei verschiedenen Wertigkeiten, die derzeit als Wasserstoffzertifikate ausgegeben werden, weisen lediglich den Ursprung der verwendeten Energie zur Produktion des Wasserstoffes aus. Werden also erneuerbare Energien genutzt, so wird dafür ein Nachweis ausgestellt. Dieses System hat nach EU-Recht jedoch seine Einschränkungen und dient lediglich als Auskunft für den Verbraucher. Es ist kein Nachweis zur Dekarbonisierung. Daher ist der zweite Typ aussagekräftiger:
Nachhaltigkeitsbeweise (proof of sustainability) erfassen die gesamte Wertschöpfungskette. Damit wird der Kohlenstoffgehalt jedes einzelnen Teilbereiches der Produktion untersucht. Die Analysen folgen dabei der Erneuerbare-Energien-Richtlinie RED, die erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBO) als grün bewertet.